ÖSTERREICH JOURNAL NR. 209 / 21. 12. 2023 Kultur 180 ab. Der Saal dient auch als Grablege der fürstlichen Förderer des Klosters und ist da - mit ein wichtiger historischer Ort für die Ge - schichte Österreichs! Was die Kaisergruft in Wien für die Habsburger ist, das ist Heiligenkreuz für das Geschlecht der Babenberger! Die Totenkapelle Wahrscheinlich war die Totenkapelle im Mittelalter als „Parlatorium“ in Verwendung, also als jener Raum, an dem man – inmitten des allgemeinen Stillschweigens – miteinander sprechen durfte. 1713 wurde der Raum nach dem typischen grotesken Geschmack des Barock als Totenkapelle ausgestattet, wie sie sich heute präsentiert. Die tanzenden Ske - lette als Kandelaber sollen auf ihre Art der Hoffnung auf Auferstehung Ausdruck ge - ben: Der Totentanz macht Angst, doch der tanzende Tod trägt die brennende Kerze. Diese ist ja Symbol des auferstandenen Christus und damit Symbol des ewigen Lebens! Wenn heute ein Mönch stirbt, wird er für etwa zwei Tage hier aufgebahrt. Die Mönche verabschieden sich von ihrem Mitbruder, der sein irdischen Leben in Gott vollendet hat, indem sie in stillem Gebet Totenwache bis zum Tag des Begräbnisses halten. Bild oben: Wenn ein Mönch stirbt, wird er für etwa zwei Tage in der Totenkapelle aufgebahrt. Bild Mitte: Das „Büßerkreuz“ im Kreuzgang Bild unten: Die Glasfenster im 1298 fertiggestellten Brunnenhaus zeigen die ältesten Darstellungen der Babenberger Alle Fotos: Stift Heiligenkreuz / Österreich Journal / Michael Mössmer »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 209 / 21. 12. 2023 Kultur 181 Das Brunnenhaus Während heute jeder Mönch fließendes Wasser auf seiner Zelle hat, war im Mittelalter das Brunnenhaus die einzige Wasserquelle der ganzen Klosteranlage. Noch heute wird der Brunnen von einer eigenen Brunnenstube gespeist. Eindrucksvoll ist das sakrale Aussehen dieses gotischen Raumes, der 1295 fertiggestellt wurde. Das Brunnenhaus ähnelt einer prachtvollen Kapelle: Die be - rühmten gotischen Glasfenster mit Darstellungen der Babenberger, der im Schlußstein des Gewölbes thronende Christus (das Original aus Eichenholz befindet sich im Museum) und der pyramidenförmige Renaissancebrun - nen geben dem Raum ein erhabenes Gepräge. Es ist verwunderlich, daß ein profaner Raum, der durch Jahrhunderte vor allem die praktische Funktion einer Waschküche und Wasserstelle des Klosters innehatte, derart ästhetisch ausgestaltet worden ist. Doch da - für gibt es einen theologischen Grund: Die sakrale Raumgestaltung soll dem Mönch auch in den profanen Tätigkeiten, also beim Waschen und Reinigen, bewußt machen, daß er Gott immer und überall dient. Die Architektur erinnert den Mönch, daß selbst ge - wöhnliche Alltagsarbeiten im Angesicht Christi erfolgen und somit seiner Heiligung dienen sollen. Noch heute wird der Brunnen von einer eigenen Brunnenstube gespeist. Die Fraterie Dieser Raum diente im Mittelalter den Fratres, also den Brüdern, als Arbeitsraum. Verschiedene klösterliche Werkstätten waren in dem wohl ursprünglich unterteilten Raum untergebracht: Schusterei, Schneiderei, Tisch - lerei usw. Neben dieser mittelalterlichen „Werkstätte“ befand sich die Schreibstube, das Skriptorium. Dieser wichtige Raum, in dem die Mönche von Hand Bücher schrieben oder kopierten, war damals auch der einzig beheizte Raum im Kloster. Das „Kalefaktorium“ darunter wurde erst 1992 entdeckt und ist über eine Stiege begehbar. Alle Fotos: Stift Heiligenkreuz / Österreich Journal / Michael Mössmer Dieser Raum diente im Mittelalter den Fratres, also den Brüdern, als Arbeitsraum. »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
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