ÖSTERREICH JOURNAL NR. 209 / 21. 12. 2023 Kultur 178 Foto: Stift Heiligenkreuz / Österreich Journal / Michael Mössmer Hier handelt es sich um den ältesten gotischen Hallenbau dieser Art in Österreich. Bis 1950 stand die Kober-Orgel auf einer Empore, die man zur Barockzeit im romanischen Langhaus vor der Westfassade aufgezogen hatte. Diese Empore erstreckte sich über mehrere Joche und beeinträchtigte die Raumwirkung des mittelalterlichen Kirchenschiffes stark. Nach der Abtragung der Em - pore fand die Kober-Orgel einen würdigen Platz im nördlichen Querschiff, wo sie zwar vor den Blicken weitgehend verborgen ist, ihre Klagwirkung jedoch ungebrochen entfalten kann. Die Abteikirche Den besten Eindruck von der Erhabenheit der Klosterkirche bekommt man von der so genannten Vierung aus, wo sich Lang- und Querhaus kreuzen. Die Abteikirche wurde in zwei Etappen erbaut: Zunächst wurde noch im 12. Jahrhundert die dreischiffige Basilika in romanischem Stil fertig gestellt. Ihre Ar - chitektur ist typisch für die strenge und nüchterne Romanik der Zisterzienser, die kei - ne überflüssige Verzierung duldet, sondern alle Gestaltungskraft in die Ästhetik des Rau - mes selbst legt. Durch die drei Fenster in der Westfront – ein Symbol für die heiligste Dreifaltigkeit – wirft am Abend zur Zeit der Vesper die sinkende Sonne ihr Licht auf die betenden Mönche im Chorgestühl. Dieses ro - manische Langhaus wurde im 13. Jahrhundert durch den Anbau einer gotischen Chorhalle erweitert. Es handelt sich um den ältesten gotischen Hallenbau dieser Art in Österreich. Die hohen Glasfenster sind etwa zur Hälfte original aus der Zeit um 1290 erhalten. In der Barockzeit wurde die Kirche stark umgebaut, das mittlere östliche Fenster des Hallenchores war zugemauert und von ei - nem mächtigen Barockaltar verstellt. Das Al tarbild von Rottmayr, das die Aufnahme Mariens in den Himmel darstellt, ist heute an der Seite des Hallenchores erhalten. Die übri - ge barocke Einrichtung wurde Ende des 19. Jahrhunderts entfernt und durch den neugotischen Baldachin samt den Seitenaltären er - setzt. Das bemalte Kreuz über dem Altar zeigt Christus als den auferstandenen und erhöhten Herrn. Es handelt sich um die meisterhafte Kopie eines romanischen Kreuzes von 1138. Die Sakristei In Österreich und im süddeutschen Raum wurden im 17. und 18. Jahrhundert viele mit - telalterliche Kirchen niedergerissen und dem Geschmack der damaligen Zeit entsprechend Foto: Stift Heiligenkreuz / Österreich Journal / Michael Mössmer Die Sakriste aus dem 17. Jahrhundert zeichnet sich durch ihre hochwertigen Barockfresken aus. »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 209 / 21. 12. 2023 Kultur 179 durch barocke Bauten ersetzt. Weil das Stift Heiligenkreuz finanziell stets im Wiederaufbau ungarischer Abteien engagiert war, die durch die Türkenkriege in Mitleidenschaft ge zogen worden waren, konnte es sich einen völligen Neubau von Kirche und Klosteranlage nicht leisten. Das führte zu dem – aus heutiger Sicht überaus glücklichen – Um - stand, daß die mittelalterliche Bausubstanz erhalten geblieben ist! Freilich wurden in der Barockzeit auch in Heiligenkreuz beträchtliche bauliche Veränderungen vorgenommen, jedoch zumeist in Form von Zubauten. Solch ein neuer Bau der Barockzeit, der einfach neben die mittelalterliche Klosteranlage ge - stellt worden ist, ist die Sakristei. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert und zeichnet sich durch ihre hochwertigen Barockfresken aus. Die Schränke mit den Intarsienverzierungen sind das Werk zweier Laienbrüder zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In den Schränken werden Geräte und Gewänder für die Feier der Liturgie verwahrt. Der quadratische Kreuzgang ist das Zentrum der Klosteranlage Der Grabsteingang des Kreuzganges Der quadratische Kreuzgang ist das Zentrum der Klosteranlage, da er alle wichtigen Räume miteinander verbindet. Ein Kloster ist als eine Stadt im Kleinen konzipiert: die Mönche mußten sich selbst ernähren und er - halten, sie übten alle Arten von Handwerken innerhalb der Klausur selbst aus. Heute ar - beiten die Mönche mehr in der Seelsorge und im schulischen Bereich. Der Kreuzgang ist in romanisch-gotischem Stil erbaut und wurde 1240 unter Herzog Friedrich II. in der heutigen Form vollendet und eingeweiht. An der im Mittelalter das Kloster mit Grundstücken, Weingärten oder sonstigen Gaben beschenkten und dadurch den Lebensunterhalt der Mönche sicherten. Diese Gönner wur den aus Dankbarkeit im Kreuzgang be - graben. Der Kapitelsaal Der Versammlungsraum der Mönche wird Kapitelsaal genannt, weil – zumindest in früheren Zeiten – bei jeder Zusammenkunft ein Kapitel aus der Heiligen Schrift vorgelesen wurde. Von daher rührt auch die Bezeichnung „Kapitular“ für einen Mönch, der kraft seiner Feierlichen Profeß berechtigt ist, an diesen Zusammenkünften teilzunehmen. Im Kapitelsaal findet heutzutage die Feier der Einkleidung statt, also die feierliche Aufnahme der Männer, die in das Kloster eintreten und mit dem Ordensgewand bekleidet werden. Nach dem Noviziat legt der Mönch eben - falls im Kapitelsaal die zeitlichen Gelübde Foto: Stift Heiligenkreuz / Österreich Journal / Michael Mössmer Ein Blick in den Innenhof mit dem Brunnenhaus Der Kapitelsaal dient auch als Grablege der fürstlichen Förderer des Klosters und ist da mit ein wichtiger historischer Ort für die Ge schichte Österreichs. »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
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