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Ausgabe 214

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint ab 2025 drei Mal im Jahr.

ÖSTERREICH JOURNAL NR.

ÖSTERREICH JOURNAL NR. 214 / 06. 05. 2025Innenpolitik / 80 Jahre Zweite Republik80 Jahre UnabhängigkeitRede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: »Erst der Kompromißermöglicht eine lebendige Demokratie und einen freien Staat.«118Foto: Carina Karlovits / HBFStaatsakt anläßlich des 80. Jahrestages der Wiedererrichtung der Republik Österreich im Zeremoniensaal der Wiener HofburgAnläßlich des 80. Jahrestages der Gründungder Zweiten Republik fand am 27.April 2025 ein Staatsakt in der Hofburg statt.Nach der Ansprache des BundespräsidentenAlexander Van der Bellen hielt HistorikerSir Christopher Clark die Festrede. LesenSie hier die Rede des Staatsoberhaupts imWortlaut:Sehr geehrte Festgäste, der Augenblick,in dem Österreich am 27. April 1945 seineUn abhängigkeit erklärte, ist nicht nur einMo ment des Neuanfangs für unsere Heimat.Er stellt auch einen bedeutenden Einschnittin der Geschichte Europas dar.Der Puls unserer Heimat schlug wieder.Und die ganze Welt konnte ihn hören.Aber hatte er je aufgehört, zu schlagen?Denn selbst in den dunkelsten Tagen derNaziherrschaft, in denen es keine Aussichtauf ein Neuerstehen Österreichs gab, ja: indenen das Aussprechen selbst des Gedankensdaran Lebensgefahr bedeutete, gab esMenschen, in deren Herzen der Glaube andie Freiheit, an die Unabhängigkeit und andie Demokratie weiterlebte.Der Glaube an ein freies, demokratischesÖsterreich.Und sie hielten diesen Glauben am Lebendurch ihre Taten.In dunkelster Nacht, ohne eine Hoffnungauf Erfolg, buchstäblich durch ihr Handeln,zum Beispiel innerhalb der österreichischenWi der standsgruppe O5 – initiiert von HansBecker –, deren Name für die Sehnsuchtnach Österreich stand und die eng mit anderenWiderstandsgruppen zusammenarbeitete.So auch im Rahmen der OperationRadetzky, initiiert von Major Carl Szokoll,die die kampflose Übergabe Wiens an dieRote Ar mee vorbereiten sollte.Eine Aktion, die wegen eines Verratsscheiterte und die unter anderem Major KarlBiedermann, Hauptmann Alfred Huth undOberleutnant Rudolf Raschke mit ihremLeben bezahlten. Sie wurden am 8. April1945 öffentlich gehenkt.»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.atEs waren auch der Glaube, der Mut unddie Taten einzelner Personen wie AntoniaBruha, Friseurin, die als engagierte Sozialdemokratineine wichtige Figur im WienerWiderstand war. Sie schmuggelte Flugblätterund Zeitungen über die Grenze nachÖsterreich und beteiligte sich an der Planungvon Sabotageaktionen gegen Wehrmachtseinrichtungen.Oder Kaplan Heinrich Maier, ein katholischerWiener Priester, oder des IndustriellenFranz Josef Messner, der Direktor der SemperitWerke, die in den Jahren vor Kriegsendemit westalliierten Geheimdiensten kooperiertenund dadurch wirkungsvoll Widerstandleisteten.Durch Informationen der Maier-Messner-Gruppekonnten die Alliierten Fabrikenund Bahnanlagen gezielt bombardieren undso die NS-Kriegsproduktion schwächen,während Wohngebiete verschont bleibenkonnten.Kaplan Maier wurde am 22. März 1945in Wien enthauptet, Franz Josef Messner am

ÖSTERREICH JOURNAL NR. 214 / 06. 05. 2025Innenpolitik / 80 Jahre Zweite Republik119Foto: Carina Karlovits / HBFBundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Rede zum Festakt23. April 1945 im KZ Mauthausen in derGaskammer ermordet.Sie taten dies, weil sie nicht an eine totalitäreIdeologie glaubten, in der sich einMensch über den anderen erhöhen kann, umdiesem im Namen einer imaginierten Überlegenheitalles zu nehmen, selbst das Leben.Sie taten dies, weil sie an die Freiheitglaubten. Die Gleichheit. Die Demokratie.Und weil sie dies taten und weil sie auchnach diesem Glauben handelten, hielten sieden Puls Österreichs am Schlagen.Wenn wir heute über die Anfänge unsererZweiten Republik nachdenken, ist mir einBegriff besonders wichtig, weil er einenunfaßbar schönen und zutiefst wahrhaftigenMythos zur Neu-Gründung unserer Heimatdarstellt: Der Geist der Lagerstraße.Dieser Begriff bezieht sich auf die Versöhnungund die Zusammenarbeit zwischenvormals erbitterten politischen Gegnern.Sozialdemokraten, Christlichsoziale, Kommunistenfanden in Nazi-KZs wie Dachau,Mauthausen oder Buchenwald zueinander.Sie entwickelten Respekt und Verständnisfür einander. Sie erkannten Teile von sichselbst im anderen wieder. Und sie erkannten,daß sie einander brauchten:Denn erst der Kompromiß ermöglichteine lebendige Demokratie und damit einenfreien Staat.Ja, der schöne, manchmal in Verruf geratene,gute alte Kompromiss, das Findeneiner gemeinsamen Lösung, getragen vomgegenseitigen Respekt, er wurde wiederentdecktin der Abwesenheit von Hoffnung, inder tiefsten, dunkelsten Nacht.Und aus ihm, aus dem gemeinsamenGeist der Lagerstraße, erstand unsere Heimat,unsere Zweite Republik, unsere RepublikÖs terreich.Ich kann mir keinen würdigeren, tieferenund edleren Gründungsmythos für unsereHeimat vorstellen. Und ich bin froh, daßdiese Bereitschaft zu Kompromissen undzum Verzicht auf unversöhnliche Absolutheitbis zur Gegenwart Bestand hat.Denn diese Mahnung sollten wir alle vernommenhaben: Nur gemeinsames Handelnund gegenseitiger Respekt halten Demokratieund Freiheit am Leben. Gerade in Zeitender Polarisierung brauchen wir den Willenzur Verständigung. Durch ihn – und nurdurch ihn – ist der Zusammenhalt unsererGesellschaft garantiert.Sie sehen, meine Damen und Herren, alldiese Menschen und viele mehr, an den verschiedenstenPlätzen, voneinander wissendoder nicht, sie alle gemeinsam haben schonlange vor dem 27. April 1945 die Grundlagefür die Unabhängigkeit Österreichs gelegt.Alle diese Menschen taten dies ohne Aussichtauf Erfolg. Viele von ihnen haben dieguten Früchte ihrer Taten auch nicht mehrernten dürfen.Zu diesen guten Früchten zählte übrigensauch der Staatsvertrag, der sozusagen dieUnabhängigkeitserklärung erst vollendethat und der ohne diese nicht möglich gewesenwäre.Und das ist etwas, was uns eine Lehresein sollte:Auch in unseren Tagen ist es wichtig, mitTaten für das Richtige einzustehen. Aus demreinen Kommentieren herauszukommen.Auch wenn es nicht unbedingt große Erfolgs -chancen geben mag. Wir sind Menschen. Wirsehen oft den großen Bogen nicht, zu demunsere Taten beitragen. Wir sehen oft auchdie gute Konsequenz nicht mehr. Und es istfür unser Tun auch nicht erheblich. Überzeugunglebt erst dann, wenn man mit Taten fürsie einsteht.Die Menschen, die den Weg der ZweitenRe publik bereitet haben, legen Zeugnisdavon ab. Ihnen möchte ich an dieser Stellemeine tief empfundene Dankbarkeit ausdrücken.Auf ihren Schultern stehen wir. Aufihrem Fundament haben wir unser Landgebaut.Und welch wunderbares Land daraus ge -worden ist! Die ersten 80 Jahre unsererZweiten Republik verliefen eindrucksvoll. Eswaren 80 Jahre, die uns dank des österreichischenWeges, des Kompromisses, Wohlstandgebracht haben. Und Frieden, langean dauernden Frieden. Die unser Land zueinem der lebenswertesten, wohlhabendstenLänder auf der Erde gemacht haben.80 Jahre, in denen wir Zeugen der EuropäischenIntegration wurden und auchsahen, wie gut diese für alle Beteiligten ist.Was mir im Übrigen die Zuversicht gibt, daßes uns gelingen wird, auch die aktuell anstehendenProbleme zu bewältigen.Meine Damen und Herren, mit seinerUnabhängigkeitserklärung hat sich Österreichaus eigenem Willen von den Verstrikkungenseiner Geschichte emanzipiert undeinen Neuanfang gesetzt.Und eine neue, selbstbestimmte, vomGlauben an Demokratie und gegenseitigemRe spekt getragene Rolle innerhalb Europaseingenommen. Unabhängig und frei.Doch diese Unabhängigkeit bedeutetnicht nur Freiheit von etwas, sondern genausodie Verantwortung für etwas: Wir allesind verantwortlich für den Erhalt und dasWeiterbestehen der liberalen Demokratie.Der Rechts staatlichkeit. Eines starken, vereintenEuropas.Diese Unabhängigkeitserklärung, dieserTag erinnert uns alle daran, daß wir selbstes sind, die den Puls der Freiheit, die denPuls Österreichs am Schlagen halten.Soweit die Rede von Bundespräsident AlexanderVan der Bellen in der Wiener Hofburgim Wortlaut.»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at

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