ÖSTERREICH JOURNAL NR. 213 / 19. 12. 2024WissenschaftTöne aktivieren sprachrelevanteNetzwerke im GehirnAuf die Plätze, Sprache, los! Bereits Neugeborene erkennen komplexe TonfolgenSprachwissenschafterin Jutta Mueller vonder Universität Wien hat gemeinsam miteinem internationalen Team aus Zürich undTokio erforscht, daß Babys bereits kurz nachder Geburt komplexe Abfolgen von Tönen er -lernen können, die wie in der Sprache Re -geln folgen. Damit ist nun der lange ausstehendeBeweis gelungen, daß die Fähigkeit,Abhängigkeiten zwischen nicht-benachbartenakustischen Signalen wahrzunehmen,angeboren ist. Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichenStudie wurden aktuell in derrenommierten Fachzeitschrift „PLOS Bio -logy“ veröffentlicht.Daß bereits Babys die Fähigkeit besitzen,aufeinanderfolgende Laut- oder Silbenfolgenzu lernen, ist seit vielen Jahren bekannt. Ge -rade in der menschlichen Sprache treten aberbesonders häufig Sequenzen auf, in denenElemente miteinander verknüpft werden müs -sen, die eben nicht aufeinander folgen. Indem Satz „Ich weiß, daß du die Hausaufgabenicht gemacht hast“ stehen beispielsweise dasPronomen „du“ und die grammatische En -dung „-st“ in Beziehung zueinander. In derSprachentwicklungsforschung wird die Be -herrschung solcher Regeln in der Mutterspra -che ab dem zweiten Lebensjahr beobachtet.Lernexperimente haben jedoch gezeigt, daßRegeln zwischen solchen nicht benachbartenElementen bereits im Alter von fünf Monatenidentifiziert werden können, und zwarauch in nichtsprachlichen akustischen Signalen– zum Beispiel zwischen Tönen. „Auchunsere nächsten Verwandten, die Schimpansen,können komplexe akustische Muster ent -decken, wenn sie in Tönen versteckt sind“,so Studien-Co-Autor Simon Townsend vonder Universität Zürich.Akustische Mustererkennungist angeborenObwohl es viele Hinweise gab, daß dieFähigkeit, Regeln zwischen nicht benachbartenakustischen Signalen zu erkennen,angeboren ist, fehlte bisher der entscheidendeNachweis. Diesen erbrachte das Forschungsteamnun durch die Beobachtung derHirnaktivität von Neugeborenen und sechsMonate alten Babys beim Hören komplexer© Pixabay / Foto: kellimcmarieBabys können bereits kurz nach der Geburt komplexe Abfolgen von Tönen er lernen.Tonfolgen. Nur wenige Tage alten Babyswurden Tonsequenzen vorgespielt, in denenjeweils ein erster Ton mit einem nicht-be -nachbarten dritten Ton verknüpft war. Nachnur sechs Minuten Beschallung mit zweiverschiedenen Arten von Tonsequenzen wurdenden Babys Tonsequenzen mit demselbenMuster, jedoch in einer anderen Tonhöhevorgespielt. Die neuen Sequenzen waren ent -weder korrekt oder enthielten einen Fehler inder Abfolge. Die Gehirnsignale, die mittelsNahinfrarotspektroskopie während der Präsentationdieser Sequenzen gemessen wurden,verrieten, daß das neugeborene Gehirnzwischen korrekten und inkorrekten Sequenzenunterscheiden konnte.Töne aktivieren sprachrelevanteNetzwerke im Gehirn„Der frontale Kortex, also der Teil desGehirns im Stirnbereich, spielte bei denNeu geborenen eine entscheidende Rolle“,erklärt Yasuyo Minagawa von der Keio Universitätin Tokio. Wie stark der Frontalkortexauf fehlerhafte Sequenzen reagierte, hingjedoch mit der Aktivierung eines vorwiegendlinkshemisphärischen Netzwerks zu -sammen, das auch für die Sprachverarbeitungwichtig ist. Interessanterweise zeigtenBabys im Alter von sechs Monaten eine Ak -tivierung in genau diesem Netzwerk, wennsie zwischen korrekten und inkorrekten Se -quenzen unterschieden. Die ForscherInnenschließen daraus, daß komplexe Tonfolgen»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at140von Anfang an sprachrelevante Netzwerkeaktivieren, die sich dann im Verlauf der er -sten sechs Lebensmonate stabilisieren undspezifischer reagieren.Frühe Lernerfahrungensind entscheidend„Die Ergebnisse zeigen, daß unser Gehirnvon Anfang an in der Lage ist, auf komplexeMuster wie Sprache zu reagieren. Die Vernetzungvon Hirnarealen während des Lernprozessesbei Neugeborenen deutet daraufhin, daß frühe Lernerfahrungen entscheidendfür die Bildung von Netzwerken seinkönnten, die später die Verarbeitung komplexerakustischer Muster unterstützen“, erklärtJutta Mueller vom Institut für Sprachwissenschaftan der Universität Wien.Diese Erkenntnisse helfen, die Bedeutungkomplexer Umgebungsreize für dieEntwicklung des Gehirns zu verstehen. Diesist vor allem dann relevant, wenn wichtigeReize fehlen oder nicht gut verarbeitet werdenkönnen, zum Beispiel bei Frühgeborenen.Nicht zuletzt zeigen die Ergebnisse, sodie AutorInnen, daß auch nicht-sprachlicheakustische Signale, wie die untersuchten Ton -folgen, sprachrelevante Netzwerke im Ge -hirn ansprechen können. Damit eröffnen sichauch interessante Möglichkeiten für diefrühe Sprachförderung, zum Beispiel durchMusik.nhttps://www.univie.ac.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 213 / 19. 12. 2024WissenschaftTempel des PoseidonArchäologInnen legten unter Beteiligung der der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften monumentales antikes Heiligtum frei141© ÖAW/ÖAIEin Team aus österreichischen und griechischen ArchäologInnen in Zusammenarbeit mit Geophysikern aus Kiel und Geoarchäologen ausMainz entdeckte 2021 unterhalb der Festung von Samikon an der Westküste der Peloponnes den Grundriss eines großen Tempels.Der berühmte Tempel des Meeresgottesan der Westküste des Peloponnes inGriechenland ist 28 Meter lang und über neunMeter breit. Ein Team von ArchäologInnenmit Beteiligung der Österreichischen Akademieder Wissenschaften (ÖAW) konnten dasmonumentale Heiligtum nun ausgraben.Nach mehr als einem Jahrhundert intensiverSuche ist es ArchäologInnen gelungen,das Heiligtum des Poseidon von Samikon ander Westküste der Peloponnes zu entdeckenund dort einen großen Tempel auszugraben.Ein Team aus österreichischen und griechischenArchäologInnen, unterstützt von Geophysikernaus Kiel und Geoarchäologen ausMainz, spürte bereits 2021 die GrundmauernBild rechts: Dieses Gefäß für rituelle Reinigungenimitiert eine Schale aus Bronze undweist bereits antike Reparaturenmit Eisenklammernauf© ÖAW/ÖAI»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 213 • 19. Dezember 2024
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Foto: Sebastian Kocon / Dachverband
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