ÖSTERREICH JOURNAL NR. 213 / 19. 12. 2024 106Chronik125 Jahre PatentamtErstmals Geschichte wissenschaftlich aufgearbeitet – HistorikerInnen-Team legt umfassende und lückenlose Forschungsarbeit vor – Und wasgibt es zu feiern? 125 Jahre Aktenlauf? 125 Jahre stempeln? Ja, auch,aber eigentlich viel mehr als das…Unter dem Titel „Behörde. Wissensspeicher.Serviceeinrichtung. Das ÖsterreichischePatentamt 1899-2024“ beleuchtenMaria Wirth und Alexander Pinwinkler vomVerein zur wissenschaftlichen Aufarbeitungder Zeitgeschichte am Institut für Zeitgeschichteder Universität Wien die Geschichtedes Österreichischen Patentamtes. Es ist dieerste unabhängige und wissenschaftliche Ar -beit, die sich eingehend mit diesem Themabeschäftigt. Klimaschutzministerin LeonoreGewessler und Patentamtspräsident StefanHarasek zu dem Projekt: „125 Jahre ÖsterreichischesPatentamt sind ein Grund zumFeiern, aber eine unkritische Festschrift zuverfassen, war uns zu diesem Anlaß zu we -nig. Vielmehr wollten wir im Jubiläumsjahreinen fundierten Blick von außen auf diebewegte Geschichte des Hauses ermöglichen,den es bis jetzt nicht gab.“„Das Ergebnis, das nun vorliegt, istbeeindruckend: Maria Wirth und AlexanderPinwinkler zeichnen anschaulich die Prozessenach, die zur Gründung des Patentamtesführten und beleuchten seine Entwicklungvon 1899 bis in die Gegenwart“, so PatentamtspräsidentStefan Harasek. *) „Dabei zeigensie spannende Phasen und wichtige Er -eignisse in der langen Geschichte des Patentamtesauf, haben eine Vielzahl an Quellenausgewertet und lassen Zeitzeuginnen undZeitzeugen zu Wort kommen. Insbesonderewerfen sie auch einen klaren und schonungslosenBlick auf die dunkelste Epoche desAmtes. So wird erstmals die Zeit des Nationalsozialismusund ihre Auswirkungen aufdas Patentamt lückenlos aufgearbeitet.“Prominenter Nazi und ein »Café Hitler«Schon Jahre bevor das ÖsterreichischePatentamt mit 1. Juli 1938 zur Zweigstelledes deutschen Reichspatentamtes wurde und1942 im Wesentlichen im Berliner Amt aufging,kündigte sich die Nazi-Zeit auch inWien an. So war der Patentprüfer LeopoldTavs bis zu seiner 1935 erfolgten Entlassung*) Die im StudienVerlag erschienene Publikation„Behörde. Wissensspeicher. Serviceeinrichtung. DasÖsterreichische Patentamt 1899-2024“ ist unter derISBN 978-3-7065-6423-6 im Fachhandel erhältlich.Foto: Österreichisches Patentamt / BrunnhuberPräsentation des Buches über die Geschichte des Patentamtes (v.l.): Alexander Pinwinklerund Maria Wirth (BuchautorInnen), Stefan Harasek (Präsident Österreichisches Patentamt)und Rupert Pichler (Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovationund Technologie)aus dem Bundesdienst der höchstrangige il -legale Nationalsozialist im Patentamt, dernoch kurz vor dem „Anschluß“ zum WienerGauleiter der NSDAP ernannt wurde. In demBüro eines anderen Patentprüfers trafen sichschon vor 1938 regelmäßig Sympathisantendes Nationalsozialismus, weshalb es in derKol legenschaft auch als „Café Hitler“ be -kannt und berüchtigt war. Die Machtübernah -me der Nationalsozialisten hatte für viele derBeamtInnen schwerwiegende Folgen – ne -ben politisch und rassistisch motivierten Ent -lassungen mitunter auch tödliche. Schmerzlicherweisewaren unter ihnen auch Opferder Shoah.»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.atDer Weg zur internationalangesehenen BehördeDaß nach 1945 ein Neuanfang gelang,war vor allem dank des umfangreichen Prüfmaterialsmöglich, das gesichert in einemniederösterreichischen Weinkeller den Kriegüberstand. Dieser Bestand bildete, zurück amKohlmarkt in Wien, die Basis für die internationaleAusrichtung des Patentamtes und be -gründete seinen weltweiten Ruf als Topbehörde.Letztendlich ermöglichte dieser Be -stand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundertsfruchtbare Entwicklungen, wie die inden 1970er-Jahren begonnene und bis heuteandauernde europäische und internationaleAusrichtung.So gilt das Österreichische Patentamt bisheute als kompetente Recherche- und Prüfbehördeim Rahmen des PCT-Vertrages (Pa -tent Cooperation Treaty), veranstaltet Schulungenfür die Länder des globalen Südens,die von der Weltorganisation für geistigesEigentum (WIPO) initiiert werden und vertrittÖsterreich in zahlreichen bilateralen undinternationalen Zusammenarbeitsabkommen.Von dieser Vernetzung profitieren in -novative Unternehmen in Österreich, denendamit der Weg in die Märkte der Welt geebnetwird – begleitet von vielen maßgeschneidertenServices, Schulungen der hausinternenIP Academy und 245 ExpertInnen fürPatente, Marken, Designs, Künstliche Intelligenz,Software, Maschinenbau, Pharmazie,Elektrotechnik und jedes andere technischeGebiet.Maria Wirth und Alexander Pinwinklervom Verein zur wissenschaftlichen Aufarbei -tung der Zeitgeschichte am Institut für Zeitgeschichteder Universität Wien: „Uns hatbesonders beeindruckt, welch enormen Wis-
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 213 / 19. 12. 2024Chronik107sensspeicher das Österreichische Patentamtdarstellt und wie vielfältig seine Aufgabenauf dem Weg von der klassischen Behördehin zur modernen Serviceeinrichtung gewordensind. Zudem hat uns überrascht, wieviele interessante Biografien eng mit der Ge -schichte des Hauses verwoben sind und wiewichtig die europäische und internationaleEbene für seine Arbeit war und ist.“*)https://privilegien.patentamt.atEinige Meilensteine aus derGeschichte des PatentamtesBis 1899: Privilegien, die Vorläufer derPatenteErstaunliche Erfindungen aus den Jahren1852-1899, wie etwa das Faltrad aus 1896vom Erfinder und Fahrradfabrikanten Jo -hann Puch birgt die Privilegien-Sammlung.Privilegien wurden damals vom Kaiser verliehenund waren, genauso wie heute Patente,eine Art Monopol zur Nutzung von Erfindungen.Der einmalige historische Bestandder Bibliothek umfaßt etwa 95.000 Dokumente– zum Teil handgeschrieben mit wunderschönenkolorierten Zeichnungen. *)Wie alles begannAm 2. Jänner 1899 berichtet die „NeueFreie Presse“ von der Gründung des k.u.k.Pa tentamtes in der Siebensterngasse 14 im7. Wiener Bezirk. Die Eröffnung verläuft„ohne jede Feierlichkeit“ und die Begrüßungdes neuen Personals durch den zuständigenHandelsminister Freiherr von Dipauli mußteverschoben werden, da sich der Herr Minister„von seinem Influenza-Anfalle nochnicht vollkommen erholt hat“.Pariser Verbandsübereinkunftund Madrider Abkommen1908 tritt Österreich der Pariser Verbandsübereinkunftzum Schutz des gewerblichenEigentums und dem Madrider Ab -kommen betreffend die Registrierung vonMarken bei. In diesem Jahr werden auch diebeiden Marken „Fritze Lack“ und „Sidol“angemeldet, sie sind bis heute als aufrechteWortbildmarken registriert.Die wilden ZwanzigerjahreEin „Wind of Change“ fegt durch Österreichund hinterläßt seine Spuren auch in denWiener Amtsstuben. So wird auf den Patenturkundender Ersten Republik der Doppeladlervon einer Abbildung des Parlaments ab -gelöst.Und: 1926 übersiedelt das Patentamt indas Regierungsgebäude am Stubenring 1,wo auch die stets wachsende Fachbibliothekausreichend Platz findet.Niemals wiederNach der Machtübernahme durch die Na -tionalsozialisten im Jahr 1938 wird das Ös -terreichische Patentamt zur Zweigstelle desdeutschen Reichspatentamtes. Bereits wenigeTage später wird der amtierende Präsi-Foto: Österreichisches Patentamt/PrivilegiensammlungManche Ideen sind wesentlich älter als vermutet: „zusammenlegbares Fahrrad" aus 1896»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 213 • 19. Dezember 2024
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Foto: Tiroler Landesmuseen / Maria
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