ÖSTERREICH JOURNAL NR. 212 / 29. 10. 2024 Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka empfing am 13. August seinen ungarischen Amtskollegen László Kövér zu einem Arbeitsgespräch im Hohen Haus. Sobotka zeigte sich erfreut, daß Ungarn und Österreich ihre Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene ausbauen konnten. Österreich be grüße und unterstütze zudem die Schwerpunktsetzung des ungarischen EU-Vorsitzes, insbesondere die Prioritäten zur „Begleitung des Westbalkans in die Europäische Union“ sowie hinsichtlich der Bekämpfung illegaler Migration, betonte Sobotka. Der mit der EU nicht akkordierte Besuch von Ministerpräsident Orbán in Moskau zu Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft habe jedoch eine Provokation dargestellt, da nur ein gemeinsames Vorgehen ge - genüber Rußland zielführend sein könne, sag te Sobotka. Parlamentspräsident Kövér sprach in diesem Zusammenhang von einem Mißverständnis, da Ministerpräsident Orbán auf seiner „Friedensmission“ nie im Namen der Europäischen Union Verhandlungen ge - führt habe. Einen weiteren Schwerpunkt des Arbeitsgesprächs bildete das Thema Grenzschutz. Sobotka wies auf eine sehr solide Kooperation an der österreichisch-ungarischen Grenze hin, die eine wichtige Voraussetzung für gute nachbarschaftliche Beziehungen sei. Es sei zudem erfreulich, daß Österreich und Un - garn vor kurzem ein Rahmenabkommen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst abschließen konnten. Kövér bedankte sich für die österreichische Unterstützung beim Grenzschutz, insbesondere für die Bereitstellung von Polizeikräften und unterstrich den Wert dieser praktischen Zu - sammenarbeit. Kritik übte er an der Entschei - dung des Europäischen Gerichtshofs und den damit verbundenen finanziellen Sanktionen gegen Ungarn hinsichtlich der ungarischen Asylpolitik. Seine Sorge drückte Sobotka in Bezug auf unverhältnismäßige und diskriminierende Markteingriffe Ungarns im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels und der Baustoffindustrie aus. Er bat seinen Amtskollegen diesbezüglich Gespräche zu führen, da die Sondersteuer vor allem ausländische Unternehmen mit hohem Umsatz treffe. Kövér zeigte Verständnis für dieses Anliegen und stellte einen Runden Tisch in Aussicht, bei dem dieses Thema geprüft werden solle. Österreich, Europa und die Welt Aus dem Parlament Foto: Parlamentsdirektion/Johannes Zinner Foto: Parlamentsdirektion/Bryan Reinhart Der Präsident der Ungarischen Nationalversammlung László Kövér (im Bild links) bei seinem Treffen mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Hohen Haus in Wien Erfreut zeigten sich beide Gesprächspartner über positive Entwicklungen im Tourismus beider Länder. Es würde ihn freuen, wenn das Tourismusland Ungarn künftig noch stärke Aufmerksamkeit von Urlauberinnen und Urlaubern aus Österreich bekommen würde, sagte Kövér. Es sei ihm eine große Freude, daß die Vizepräsidentin des ungarischen Parlaments, Márta Mátrai, an der internationalen parlamentarischen Antisemitismuskonferenz am 10. und 11. September in Wien teilnehmen werde, sagte Sobotka. Antisemitismus stelle eine drohende Gefahr für die Demokratie dar und führe zur Destabilisierung Europas, daher brauche es eine klare Haltung, betonte er. Kövér drückte seine große Anerkennung für die ehrlichen und anhaltenden Bestrebungen Sobotkas im Kampf gegen Antisemitismus aus. n »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Informelles Treffen im Format Austerlitz+ in Salzburg Hybride Bedrohungen und ihre Gefahr für Demokratien standen im Mittelpunkt eines informellen Treffens von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und seinen Kolleg:innen im Format „Austerlitz+“, das am 22. August in Salzburg stattfand. Es brauche mehr Bewußtsein und Bildung sowie internationale Zusammenarbeit, waren sich Nationalratspräsident Sobotka, die Präsidentin des tschechischen Abgeordnetenhauses Markéta Pekarová Adamová, der amtierende Präsident des slowakischen Nationalrats Peter Žiga, die Präsidentin der slowenischen Abgeordnetenkammer Urška Klakočar Zupančič, der Präsident des kroatischen Parlaments Sabor Gordan Jandroković sowie der Vorsitzende des außen- und europapolitischen Ausschusses der italienischen Informelles Treffen der ParlamentspräsidentInnen im Austerlitz+ Format in Salzburg 6
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 212 / 29. 10. 2024 Österreich, Europa und die Welt 7 Foto: Parlamentsdirektion/Bryan Reinhart v.l.: Vorsitzender des außen- und europapolitischen Ausschusses Giulio Tremonti, Präsident des Sabor der Republik Kroatien Gordan Jandroković, Vorsitzende des Abgeordnetenhauses des tschechischen Parlaments Markéta Pekarová Adamová, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Cyber-Sicherheitsexperte beim European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats Josef Schröfl, Präsident des Nationalrates der Republik Slowakei Peter Žiga und Präsidentin der Nationalversammlung der Republik Slowenien Urška Klakočar Zupančič Abgeordnetenkammer, Giulio Tremonti ei - nig. Das Austerlitz- bzw. Slavkov3-Format besteht auf parlamentarischer Ebene seit dem Jahr 2018. Ursprünglich als trilaterales Format zwischen Österreich, Tschechien und der Slowakei gegründet, nehmen im Rahmen von Austerlitz+ themenbezogen auch weitere Länder teil. Von Juli 2023 bis Ende Juni 2024 hatte Österreich den Vorsitz inne. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zog deshalb Bilanz über die 40 gemeinsamen Ak - tivitäten im vergangenen Jahr und verabschiedete sich angesichts seines Ausscheidens aus der Politik im kommenden Herbst von seinen KollegInnen. Austausch über Umgang mit hybriden Bedrohungen Alle Staaten seien durch hybride Bedrohungen verletzlich und hätten Schwachstellen, strich Josef Schröfl, Cybersicherheitsexperte beim European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats in Helsinki, hervor, der mit einem Impulsvortrag ins Thema einführte. Es brauche daher eine ehrliche Analyse im Dialog mit der Bevölkerung. Denn die Verteidigung gegen hybride Bedrohungen sei eine Aufgabe für die ge - samte Gesellschaft. Es brauche Bewußtsein, Resilienz und eine aktive Politik aller Staaten, um Europa zu verteidigen, so Schröfl. Vielen Menschen sei nicht bewußt, welche Gefahren von hybriden Bedrohungen ausgehen, sagte auch Sobotka. Er zeigte sich insbesondere besorgt über Cyber-Attacken in Kombination mit Desinformationskampagnen – nicht zuletzt im Vorfeld von Wahlen. Und er forderte mehr Bewußtsein und Bildung in diesem Bereich. Das österreichische Parlament leiste hier unter anderem mit der Demokratiewerkstatt einen Beitrag, so der Nationalratspräsident. Er sprach sich auch dafür aus, der Herausforderung mit internationaler Zusammenarbeit zu begegnen, und strich die Arbeit des European Centre of Ex - cellence for Countering Hybrid Threats hervor. Die Präsidentin der slowenischen Abgeordnetenkammer Urška Klakočar Zupančič betonte, daß ihr Land ebenso anfällig für hybride Bedrohungen sei wie alle anderen Länder. Sie sprach sich für eine Verankerung des Themas in den Lehrplänen an Schulen und einen stärkeren Dialog mit der Bevölkerung aus. Ein Anliegen sei ihr außerdem, gemeinsam stärker gegen Hatespeech vorzugehen. Ihre tschechische Amtskollegin Markéta Pekarová Adamová pflichtete ihr bei: Es sei wichtig, zu zeigen, daß Hatespeech ebenso wie physische Gewalt nicht legal sei. Um resilienter gegen hybride Bedrohungen zu sein, habe das tschechische Parlament unter anderem Trainings für alle MitarbeiterInnen implementiert. Es gehe aber auch darum, als Gesellschaft wehrhaft gegen Desinformation zu sein. Dafür brauche es das Vorgehen ge - gen Propaganda und Fake News sowie starke, unabhängige Medien, sagte sie. Nationalratspräsident Sobotka sprach sich in diesem Zusammenhang erneut für eine Regulierung von großen Kommunikationsplattformen aus. Peter Žiga, der amtierende Präsident des slowakischen Nationalrats, zeigte sich ebenso überzeugt, daß hybride Bedrohungen und Hatespeech Hand in Hand gehen. Auch das Attentat gegen den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico habe seine Wurzeln in Hatespeech gehabt. Deshalb werde nun ein neues Gesetz dagegen eingeführt. Der italienische Abgeordnete und Vorsitzende des außen- und europapolitischen Aus - schusses Giulio Tremonti setzte die Thematik in einen historischen Kontext und wies darauf hin, daß gesellschaftliche Umbrüche auch in früheren Zeiten aus unterschiedlichen technologischen und politischen Entwicklungen resultiert seien. Er sprach sich daher dafür aus, alle Aspekte miteinzubeziehen, die bei komplexen, hybriden Bedrohungen zusammenspielen. Debatte über EU-Integration des Westbalkans Der kroatische Parlamentspräsident Gordan Jandroković plädierte wie seine AmtskollegInnen für mehr Bildung und internationale Kooperation. Er verknüpfte die Herausforderung durch hybride Bedrohungen mit einem weiteren Thema, das dem Gremium ein Anliegen ist: dem Westbalkan. Die Re - gion sei sehr fragil und daher anfällig für Desinformation und hybride Bedrohungen. Hier gelte es, wachsam zu sein, damit der Annäherungsprozess an die EU nicht unterwandert wird, so Jandroković. Seine slowenische Amtskollegin Urška Klakočar Zupančič pflichtete ihm bei. Slowenien werde die Westbalkanländer weiterhin aktiv auf ihrem Weg in die europäische Union unterstützen, versicherte sie. Die tschechische Parlamentspräsidentin Markéta »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
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Foto: Technisches Museum Wien ÖSte
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