ÖSteRReIcH JOuRNAl NR. 212 / 29. 10. 2024 Kultur Das neue Köchel-Verzeichnis Mozarts Gesamtschaffen wurde neu dokumentiert und interpretiert und ist nach 60 Jahren wieder auf dem aktuellen Stand der Forschung. 174 Foto: Internationale Stiftung Mozarteum / Wolfgang Lienbacher Das aktuellste Köchel-Verzeichnis umfaß 1.392 Seiten und wiegt knapp drei Kilogramm. Das Köchel-Verzeichnis ist seit mehr als 160 Jahren das Verzeichnis der musikalischen Werke von Wolfgang Amadé Mozart. Die erste Auflage dieses Werkkatalogs legte Ludwig Ritter von Köchel 1862 bei Breitkopf & Härtel vor – ein Meilenstein in der Musikforschung und Muster für viele spätere Werkverzeichnisse. Um das rapide wachsende Wissen über alle Aspekte von Mozarts Schaffen darzustel len, kam es in der Folge zu mehreren Neuauflagen – zuletzt 1964, vor nunmehr 60 Jahren. Das Köchel-Verzeichnis konnte damit dem Anspruch, das Wissen über Mozart kompakt und verläßlich darzustellen, schon lange nicht mehr gerecht werden. Nun wurde die in jahrzehntelanger Arbeit von Grund auf neu erarbeitete Auflage des Köchel-Verzeichnisses vom Verlag Breitkopf & Härtel und der Internationalen Stiftung Mozarteum in Mozarts Heimatstadt Salzburg erstmals vorgestellt. Das musikalische Schaffen des großen Komponisten wird auf fast 1.400 Seiten auf dem aktuellen Stand der Forschung präzise beschrieben. Insbesondere wurden die Ergebnisse der wissenschaftlichen Gesamtausgabe (Neue Mozart- Ausgabe, hrsg. von der Internationalen Stiftung Mozarteum, von 1954 beim 2007 beim Bärenreiter-Verlag Kassel erschienen) integriert. Auch wurden der Briefwechsel der Familie Mozart, die in verschiedenen Publikationen gesammelten historischen Dokumente zu Leben und Werk sowie nahezu 1.800 wissenschaftliche Publikationen ausgewertet. Alle Daten wurden in den letzten Jahren systematisch geprüft und ergänzt. Das Buch erscheint übrigens erstmals unter dem Titel Köchel-Verzeichnis, der sich umgangssprachlich längst eingebürgert hat. Herausforderungen der Neuausgabe Die erste Ausgabe des Köchel-Verzeichnisses von 1862 enthielt ursprünglich 626 »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at chronologisch geordnete Einträge, nämlich von Nr. 1 (zwei Klavierstücke, die der junge Mozart eigenhändig in das Notenbuch seiner Schwester Maria Anna eingetragen hatte) bis zum Requiem KV 626, das Mozart wegen seines frühen Todes nicht fertigstellen konnte, mit einem Nachtrag von zwei Fughetten als Nr. 154a. Ein Eintrag konnte sich aber nicht nur auf eine Oper mit bis zu 30 Einzelsätzen beziehen, sondern er kann auch viele Einzelstücke, beispielsweise bis zu 20 Me - nuette, umfassen. Zusätzlich gab es schon bei Köchel einen Anhang mit fast 300 Nummern. Köchels Ordnungsidee war eine chronologische Reihenfolge; er wollte damit den Entwicklungsgang Mozarts vom Wunderkind zum frühverstorbenen Meister nachzeichnen. Köchel glaubte damals, daß in diese Ordnung auch die vielen undatierten Werke einbezogen werden könnten. Fast mit jeder Aus - gabe gab es aber für diese Kompositionen
ÖSteRReIcH JOuRNAl NR. 212 / 29. 10. 2024 Kultur 175 neue Erkenntnisse zu den Entstehungsumständen; konsequenterweise mußte dann auch eine neue Nummer vergeben werden. Manche Kompositionen haben daher in den maßgeblichen Ausgaben von 1862, 1937 und 1964 drei verschiedene Nummern. Das hierdurch entstandene Nummernkonstrukt mit unzähligen Querverweisen wurde immer komplizierter und hat sich letztlich weder in der Mozart-Forschung noch in der Musikpraxis durchgesetzt. Eine zusätzliche Herausforderung ist, daß immer wieder Nummern eingefügt oder gelöscht und Kompositionen zwischen Hauptteil und Anhang verschoben wurden. Die Neuausgabe des Werkverzeichnisses wurde von Neal Zaslaw, Professor an der Cornell University in Ithaca/NY, erarbeitet und vom wissenschaftlichen Bereich der In - ternationalen Stiftung Mozarteum unter Leitung von Ulrich Leisinger minutiös zum Druck vorbereitet. Der Benutzer profitiert zusätzlich von der Kompetenz des Verlags Breitkopf & Härtel in der Erstellung komplexer Werkverzeichnisse. Die allgemein verständlichen Kommentare informieren über Entstehungshintergründe, Beziehungen zu anderen Werken sowie über Besonderheiten und Probleme der Werk- und Quellenüberlieferung. Hierdurch ist ein benutzerfreundliches Werkverzeichnis entstanden, das auf lange Sicht einen verlässlichen Überblick über Mozarts Gesamtschaffen, die zugehörigen Quellen sowie über wichtige Literatur bietet. »Alte« und mehr als 90 »neue« Nummern Eine Grundsatzentscheidung war es, die Numerierung zu vereinfachen. Alle authentischen Werke des Hauptteils stehen jetzt un - ter der Nummer, unter der sie dort erstmals verzeichnet waren. Für die meisten für die musikalische Praxis relevanten Kompositionen sind dies die Nummern aus der ersten Auflage von 1862, für die mehr als100 Mo - zart’schen Fragmente die der dritten Auflage von 1937. Die verwirrenden Mehrfachnumerierungen wurden rückgängig gemacht. Die Neuausgabe enthält zudem 95 Einträge für Kompositionen, die in keiner der bisherigen Ausgaben des Werkverzeichnisses mit einer eigenen Nummer im Hauptteil standen. Da die Zeitfolge als Ordnungsprinzip aufgegeben wurde, können diese neuen Nummern einfach beginnend mit KV 627 angehängt werden. Über die Entstehungszeit kann man sich jetzt (zusätzlich zu den Einzeleinträgen) in einer Chronologischen Übersicht informie - Foto: Internationale Stiftung Mozarteum / Wolfgang Lienbacher Foto: Internationale Stiftung Mozarteum Bei der Präsentation des neuen Köchel-Verzeichnisses (v.l.): Prof. Neal Zaslaw (Cornell University), Ulrich Leisinger (Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Mozarteum), Nick Pfefferkorn (Verlagsleitung Breitkopf & Härtel), und Johannes Honsig-Erlenburg (Präsident der Stiftung Mozarteum) ren. Eine thematische Übersicht nach Werkgruppen, eine Konkordanz und eine chronologische Übersicht erleichtern den Zugang. Das Köchel-Verzeichnis bietet nun wieder allen MusikerInnen, der Wissenschaft und allen Mozart-FreundInnen einen detaillierten Überblick über das Schaffen Wolfgang Amadé Mozarts. Wichtiger denn je sind die gänzlich neu gestalteten Anhänge, die seit der 6. Auflage von 1964 systematisch angelegt wurden. Nicht jede Notenzeile, die Mozart mit eigener Hand geschrieben hat, ist auch ein musikalisches Werk von Mozart, ein Stück, das er mit Blick auf eine Aufführung zu schreiben begonnen hat. Mozart hat Stücke anderer Kom ponisten arrangiert, beispielsweise So - »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at natensätze von Johann Christian Bach und anderen als Klavierkonzerte bearbeitet oder Oratorien von Händel für Aufführungen eingerichtet. Diese Bearbeitungen standen bislang im Hauptteil und wurden jetzt zu den Abschriften fremder Werke in Anhang A ge - stellt. Dieser Anhang besteht nun aus 63 Einträgen, wobei ein Eintrag auch mehr als ein Einzelwerk umfassen kann. Kadenzen für eine Arie oder ein Konzert haben nur innerhalb des Werks, für das sie bestimmt waren, einen musikalischen Sinn. Alle Kadenzen sind jetzt übersichtlich in einem neu geschaffenen Anhang, Anhang G, vereinigt. Dieser hat zwar nur 46 Anhang-A- Nummern. Hierunter verbergen sich aber – wenn man nicht nur alle Kadenzen zu einem einzigen Konzert, sondern die verschiedenen Fassungen einer Kadenz einzeln zählt – 156 Einzeleinträge, eine kaum vorstellbare Zahl. Die größte systematische Änderung be - trifft den neuen Anhang H, der Studien, Un - terrichtsmaterial und sonstige musikalische Aufzeichnungen versammelt. Diese waren bislang nur unsystematisch und bruchstück - haft erfaßt und über verschiedene Stellen des Werkverzeichnisses verstreut. Hierzu ge - hören viele kontrapunktische Studien, aber auch Themenaufzeichnungen oder Incipits, die Mozart aus unterschiedlichen Gründen notiert hat. Insgesamt sind dies 306 Einzeleinträge, darunter allein 81 Kanons und 29 Fugen zu Studien-, nicht zu Aufführungszwecken. Jede musikalischen Aufzeichnung Mozarts, egal wie umfangreich, ist nun mit einer eigenen Nummer, auf die verwiesen
Ausg. Nr. 212 • 29. Oktober 2024
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Foto: Technisches Museum Wien ÖSte
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