ÖSteRReIcH JOuRNAl NR. 212 / 29. 10. 2024 chronik 122 Foto: Technisches Museum Wien / Franzi Kreis stisch fesselte, punktete das Radio mit seiner Flexibilität – es konnte überallhin mitgenom - men werden. Und es hatte einen Klangvorteil: Die Verteilung der europäischen Rundfunkfrequenzen führte ab den 1950er-Jahren zu einer Sonderentwicklung in Österreich: Als Folge des verlorenen Krieges bekam Ös - terreich im Rahmen des Kopenhagener Wellenplans nur zwei – bei weitem nicht ausreichende – Mittelwellen-Frequenzen zugeteilt. Nicht zuletzt deshalb setzten sich hierzulande die neuen, ungeregelten Ultrakurzwellen- Frequenzen schon früh als Alternative durch. Die UKW-Frequenzen hatten zwei wesentliche Vorteile: Zum einen ermöglichten diese eine deutlich bessere Versorgung auch in ab - gelegenen Regionen und einer von Tälern und Bergen geprägten Landschaft, zum anderen war es damit möglich, in Stereo zu senden. Dies war ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Fernsehen und bot den HörerInnen die Möglichkeit, die Klangqualität der in den 1960er-Jahren aufkommenden Me - dienmöbel voll auszuschöpfen. Um sich gegen die Konkurrenz des Fernsehens zu behaupten, spezialisierten sich viele Radiosender auf bestimmte Zielgruppen und entwickelten neue Formate. Mit der Gründung von Ö3 im Jahr 1967 erweiterte RAVAG-Studio aus den 1920ern sich das Programmspektrum des österreichischen Rundfunks erheblich. Der Sender po - sitionierte sich klar im Bereich der Unterhaltung und richtete sich damit an ein breites Publikum. Die Initiative des Generalin - tendan ten Gerd Bacher, Ö3 zu gründen, stieß sowohl in der Musikindustrie als auch beim Publikum auf große Resonanz. Die „Disc- Parade“ spielte die beliebtesten Schallplatten, ausgewählt durch Befragungen einzelner Plattengeschäfte, womit teilweise Schind - luder getrieben wurde, da einige Geschäfte Ladenhüter meldeten, um deren Verkauf an - zukurbeln. Mit dem „Schnulzenerlaß“ von Gerd Ba - cher 1968 wurde die englischsprachige Popmusik in den Mittelpunkt gestellt. Im Zuge dessen sollte – zum Mißfallen deutscher Mu - sikproduzenten – auf deutschsprachige Schla - ger verzichtet werden. Diese Wendung reformierte auch die Moderation, die bislang zu - meist vom getippten Manuskript abgelesen wurde: Man orientierte sich an amerikanischen Radio- Discjockeys, die eigenhändig Platten auflegten und ihr Publikum direkt ansprachen. Das Radioprogramm wurde zum Alltagsbegleiter – angefangen mit dem Ö3- Wecker über die „Vorturnerin der Nation“ Ilse Buck bis hin zu brandaktuellen Nachrichten. Neben Ö3 etablierte sich der Sender Ö1, der durch das Mittags- und später Abendjournal Information und Bildung lieferte und sich auf E-Musik spezialisierte. Wünsch dir was! Mit der Verbreitung der Musikkassette in den 1970er-Jahren bekam auch das Radiohören eine neue Dimension durch die Möglichkeit einer Aufzeichnung des Gehörten. Das Kombigerät von Kassettenrekorder mit Radioempfangsteil – der Radiorekorder – war insbesondere für die Jugendkultur von zentraler Bedeutung. Telefonische Musikwünsche an die Sendungsredaktion und die anschließende Aufzeichnung der Lieder machten Aufnahmen erstmals in der Ge - schichte der Tonträger auch für Laien möglich. Der Satz „Bitte nicht hineinreden!“ wur - de zum obligatorischen Begleiter der Musikwünsche, da dieser frei von der Anmoderation aufgenommen werden sollte. Das Mixtape, die individuell zusammengestellte Hitparade, bekam auch als Geschenk oder Tauschobjekt eine besondere Bedeutung. Das Aufkommen der Musikkassette und die Gestaltungsmöglichkeit der HörerInnen durch die kostengünstige Aufnahmemöglichkeit führten zu einer Individualisierung »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
ÖSteRReIcH JOuRNAl NR. 212 / 29. 10. 2024 chronik 123 und Demokratisierung des Musikmarktes. Dieses Merkmal findet sich heute in den persönlichen Playlists und auf Streamingplattformen wieder. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde der öffentliche Musikkonsum durch Ghettoblaster, Walkman und Discman immer selbstverständlicher, mit der Rück kehr der Kopfhörer auch wieder individueller. Österreichs Piraten Bereits in den 1970er-Jahren wurde in vie - len europäischen Ländern die Aufhebung des Rundfunk- monopols gefordert und eine teils sehr aktive Radiopiraterie-Szene entstand. Ne ben Graz, wo StudentInnen der Technischen Universität einen Sender bauten, der 1979 einige Monate lang illegal eine Viertelstunde Programm ausstrahlte, bildete sich auch in Wien eine Gruppe RadiopiratInnen, die über andere Länder Sender und Knowhow bezogen und sich Wettläufe mit der Funkpeilung der österreichischen Post lieferten. Ende der 1980er-Jahre wurden die Rufe nach der Öffnung des Rundfunks auch durch die Veränderung politischer Gegebenheiten immer lauter. Das Europäische Parlament beschloss 1989, daß die Regierungen die Regelung der Frequenzen im UKW-Bereich so gestalten müssen, daß „möglichst viele verschiedene Gruppen zu Wort kommen kön - nen“. Mit der Einführung von kommerziellen Privatradios in Österreich ab 1995 in der Steiermark und Salzburg und österreichweit ab 1998 fiel das Rundfunkmonopol auch in Österreich. In der heimischen Radio- landschaft brach eine neue Ära an. Digitale Radiowelt Mit der Einführung des DAB+, dem Di - gital Audio Broadcasting, folgte ein weiterer Meilenstein in der Radiogeschichte. Diese digitale Nachfolgetechnologie von UKW ist 2020 für mehr als 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung verfügbar, wobei bun - desweit 16 Radiostationen und im Großraum Wien 15 weitere digital senden. Dazu kommt das Webradio, das einen Internetzugang be - nötigt, aber dafür vielfältigeres Programm bietet. Offlineprogramme und Streamingplattformen erweitern das klassische Radioprogramm. Das Massenmedium Radio bleibt so auch nach 100 Jahren im stetigen Wandel. Begleitband zur Ausstellung Zur Jubiläumsausstellung im Technischen Museum Wien erscheint im Kral Verlag der Begleitband „Österreichs Radiogeschichte. Vom Detektorempfang zum Streamingprogramm“ mit Beiträgen von verschiedenen WissenschafterInnen, die mehrheitlich für das Museum tätig sind. Mit zahlreichen Illustrationen und vielen Details zur Entwikklung des Radios in Österreich wird darin ein lebendiges Bild des Mediums Ra dio im Wandel der Zeit gezeichnet. https://is.gd/zKMpRC Online-Ausstellung macht Radiogeschichte hörbar Die Österreichische Mediathek des Technischen Museums Wien feiert das Jubiläum mit einer umfassenden Online-Ausstellung. Die historischen Aufnahmen der Online-Aus - stellung ermöglichen ein Eintauchen in den Klangkosmos vergangener Jahrzehnte. Ob Ra diojournale der 1960er- bis 1990er-Jahre oder Oral-History-Interviews mit Radioerinnerungen von ZeitzeugInnen, die thematische Bandbreite reicht von politischen Er - eignissen über kulturelle Highlights bis hin zu Alltagsgeschichten. https://is.gd/XTH51R • https://www.technischesmuseum.at/ Foto: Technisches Museum Wien / Franzi Kreis Rundgang durch die Radioentwicklung bis in die Gegenwart »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 212 • 29. Oktober 2024
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