ÖSteRReIcH JOuRNAl NR. 212 / 29. 10. 2024 chronik 120 Quelle: Technisches Museum Wien/Archiv (Zeitschrift »Radio Wien«, 1928) Historische Abteilung „Radiotechnik“ im Technischen Museum Wien, 1928/29 das von nun an eng mit der Schallplattenindustrie verbunden war: Die Nennung der Plattennummer auf Sendung machte Werbung für die gerade gespielte Platte. Allem Anfang wohnt ein Zauber inne Die Experimentierfreudigkeit der Anfänge und das Austesten aller zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten zeigte sich ab 1928 durch die Verknüpfung von Audio- und Bildmaterial mittels Radioskop oder Fultograph. Während das Radioskop ein Projektionsapparat war, der Radiovorträge mit den entsprechenden Bildern illustrierte, die im Abonnement zu beziehen waren, handelt es sich beim Fultograph um eine direkte Bildübertragung, vergleichbar mit einem Fax gerät. Dabei wurden die Bilder via Ra - diosignal an die Empfangsgeräte übertragen. Diese umständliche Technik setzte sich nicht durch, vermittelt jedoch eine Ahnung davon, wie rasant der technische Fortschritt seinerzeit war. Masse, Macht und Medium Von Beginn an war das Radio in Österreich als politisches Machtinstrument um kämpft, Foto: Technisches Museum Wien Zweiröhrenempfänger „Belcanto“, 1934 das die Massen erreicht. Unterschiedliche po litische Interessen prallten aufeinander, die Vorstellungen der Mitglieder des Rundfunkbeirates gingen weit auseinander und was gesendet wurde, unterlag aufgrund der staatlichen Rundfunkhoheit auch der Zensur. In den 1930er-Jahren wandelte sich das Radio endgültig zum Propagandainstrument: Ab 1933 wurde ausgehend von den in Berlin regierenden Nationalsozialisten über den ein - Foto: Technisches Museum Wien Rundfunkempfänger Eumig 623 strahlenden Sender München gegen die ös - terreichische Regierung gehetzt und der „Anschluß“ an Deutschland gefordert, was zu Gegenreaktionen im Programm der RA - VAG führte, das zunehmend auf Heimatpropaganda setzte. Die RAVAG wurde zum Sprachrohr der Regierung und mit der Gründung des „Ständestaats“ durch Engelbert Doll fuß endgültig ideologischen Bestrebungen unterworfen und als Instrument der Volkserziehung genutzt. Daß beim Putschversuch österreichischer Nationalsozialisten neben dem Kanzleramt auch die RAVAG ge - stürmt wur de, zeigt auch, welche Macht man dem Massenmedium Radio zumaß. Als 1938 schließlich Bundeskanzler Kurt Schuschnigg auf Druck Adolf Hitlers zurücktrat, wurde dies über die RAVAG bekanntgegeben. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten war das Radio auch hierzulande in erster Linie ein Sprachrohr des Führers. Der Volksempfänger als erschwingliches Ein - heits gerät sollte nun auch in jedem heimischen Haushalt stehen und die Reichweite der Propaganda noch vergrößern. Großlautsprecher im öffentlichen Raum machten die Stimme des Regimes omnipräsent, alle Bür- Foto: Technisches Museum Wien Volksempfänger und Deutscher Kleinempfänger, 1938/39 »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
Foto: Technisches Museum Wien ÖSteRReIcH JOuRNAl NR. 212 / 29. 10. 2024 Tragbarer Rundfunkempfänger Ingelen TRV 110, 1958 gerInnen wurden Teil der „Radiogemeinschaft“, mit Ausnahme der jüdischen Bevölkerung, die ausgeschlossen wurde und alle Empfangsgeräte abgeben mußte. Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen wurde die wahrheitsgemäße Berichterstattung endgültig korrumpiert und durch triumphale Reportagen über Siege ersetzt. Erst durch die Wende des Kriegsverlaufs schwenkte Pro pa - gandaminister Joseph Goebbels auf ein Un - terhaltungsprogramm um, das dazu diente, die Bevölkerung bei Laune zu halten. Der Empfang von „Feindsendern“ stand unter schwerer Strafe, jeglicher Einfluß von außen sollte unterdrückt werden. Trotz der Gefahr durch die Bespitzelung von „Block warten“ hörten viele Menschen ausländische Sender. In Sendungen der BBC, aber auch den amerikanischen Voice of America English News (VOA) wandten sich deutschsprachige Emigranten direkt an die Bevölkerung, die sich auch erhoffte, durch das Hören ausländischer Sender die Wahrheit über das Kriegs - geschehen zu erfahren. Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg Mit dem Zusammenbruch des NS-Regimes begann der mühsame Wiederaufbau des österreichischen Rundfunks. Dieser war von zahlreichen Schwierigkeiten geprägt: Unregelmäßige Stromversorgung, der Mangel an Bauteilen und die Sprengung der Sendeanlage am Bisamberg durch die Nationalsozialisten kurz vor Kriegsende erschwerten den Wiederaufbau erheblich. Foto: Technisches Museum Wien / Archiv chronik Die Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung Österreichs am 27. April 1945 wurde zuallererst über das wiederauferstandene Radio Wien verkündet. Wenige Monate später wurden Österreich und Wien in vier Besatzungszonen und ebenso viele Sendergruppen aufgeteilt. Aus dieser Dezentralisierung sollten später die ORF-Landesstudios hervorgehen. Suchmeldungen nach Kriegsgefangenen waren nach Kriegsende ebenso Bestandteil des Programms wie die Sendung „Was gibt es Neues?“ mit Heinz Conrads, die aufgrund des großen Erfolgs später auch vom Fernsehen übernommen wurde. Die Nachkriegsjah - re waren erneut von Zensur geprägt, vor Werbeprospekt für den Kleinempfänger „Mucki“, 1948 121 allem im Fall von Radio Wien, das sich in der komplexen Situation der Vertretung ös - terreichischer Interessen unter sowjetischer Besatzung wiederfand. Weniger schwierig war die Lage in den westlichen Bundesländern, wo unter amerikanischer Leitung die Sendergruppe Rot-Weiß-Rot arbeitete – und der spätere ORF-Intendant Teddy Podgorski in den frühen 1950er-Jahren seine Karriere be gann. Die unterschiedlichen ideologischen Überzeugungen der Alliierten führten zu einem erbitterten Kampf um die öffentliche Meinung. Der Sendemast Kronstorf, zu seiner Zeit mit 274 Metern der höchste Europas, wurde zu einem wichtigen Instrument in diesem Propagandakrieg. Seine strategische Lage direkt an der Demarkationslinie und seine enorme Reichweite sollten dazu dienen, die Propaganda der Sowjets zu untergraben und die Bevölkerung im Osten mit den Werten der freien Welt vertraut zu machen. Bereits Ende der 1940er-Jahre bemühte sich die österreichische Regierung um die Rückführung der Rundfunkstrukturen von den Besatzungsmächten in die Eigenverantwortung, ein Unterfangen, das erst mit dem Abschluß des Staatsvertrages 1955 vollständig gelang. Das Radio wandelt sich War das Radio anfangs ein festes Element in den heimischen vier Wänden, so wandelte es sich in den 1960er-Jahren zum vielseitigen Begleiter für unterwegs. Die wachsende Mobilität, angetrieben vom Wirtschaftswunder, schuf eine neue Sehnsucht nach individueller Freiheit. Das Radio, das durch die Ent wicklung von Transistoren nun auch handlich und batteriebetrieben war, wurde zum Soundtrack dieser neuen Lebensgefühle. Es war mehr als nur ein Gerät zur Informationsübermittlung – es war ein Stimmungsmacher und ein Fenster zur Welt, das man immer bei sich tragen konnte. So be - gleitete das Radio seine HörerInnen nicht nur auf Autofahrten oder Spaziergängen, sondern wurde auch zum Symbol für eine neue Generation, die nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung strebte. Das Radio wurde zum Massenprodukt und mußte sich zugleich einer neuen Herausforderung stellen: Die zunehmende Verbreitung des Fernsehens bedeutete eine neue, starke Konkurrenz für den Hörfunk, der sich anpassen mußte und zum Hintergrundprogramm wandelte. Das Verhältnis dieser zwei Massenmedien war geprägt von unterschiedlichen Stärken und Schwächen: Während das Fernsehen sein Publikum visuell und aku- »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 212 • 29. Oktober 2024
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