ÖSTERREICH JOURNAL NR. 211 / 31. 07. 2024 Österreich, Europa und die Welt 4 Foto: Peter Lechner/HBF v.l.: Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella, Sloweniens Präsidentin Nataša Pirc Musar, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Ungarns Präsident Tamás Sulyok Österreichs Bundespräsident betonte, daß die EU-Mitgliedschaft und die Unionserweiterung nicht nur wirtschaftliche Vorteile brachte, sondern auch bedeute, Kräfte zu bündeln und nach europäischen Lösungen zu suchen. „Vor dem Hintergrund der heurigen Herausforderungen bedeutet die Mitgliedschaft in der EU auch Teil eines wertebasierten geostrategischen Projekts zu sein. Eines Projekts, das danach strebt, Frieden, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit auf dem europäischen Kontinent zu sichern“, sagte Van der Bellen bei der Pressekonferenz. Wie er hinzufügte, sei das auch der Grund, warum die EU fest hinter der Ukraine stehe. Mit Blick auf die EU-Erweiterung so - wohl auf dem Westbalkan als auch im Osten sagte der Bundespräsident, daß Österreich ein „klares, strategisches Interesse an der EU- Erweiterung“ habe. Er hob hervor, daß es im eigenen Sicherheitsinteresse liege, die Westbalkanländer an Bord zu holen. Am Rande des Treffens deutete Van der Bellen vor österreichischen JournalistInnen darauf hin, daß der Erweiterungsprozeß in dieser Re - gion zu langsam vorankomme. „Wenn sich die EU nicht um die Westbalkanländer kümmert, dann entsteht dort ein Machtvakuum“, mahnte der Präsident mit Blick darauf, daß jemand anderer dieses füllen könnte, was nicht im Interesse der EU wäre. Der kroatische Staatspräsident Zoran Mi lanović kritisierte die Dauer des Erweite - rungsprozesses. Kroatien, das jüngste EU- Land, wurde 2013 Mitglied der Union, neun Jahre nach Slowenien. „Es liegt nicht alles in Foto: Peter Lechner/HBF »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Erfüllung der Beitrittskriterien, leider hängt viel, wenn nicht zu viel, an der Politik“, sagte Milanović in Bezug auf das Hinziehen der Erweiterung in einzelnen Ländern des Westbalkans. Ökonomisch gesehen wären die se Länder „eine kleine Herausforderung für jemanden, der eine Lösung finden möchte. (...) Offenbar will man das nicht, jemand hält das auf“, so der kroatische Präsident Mi - lanović. Van der Bellen und der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella betonten den Bedarf der Reform der Entscheidungsprozesse der EU insbesondere bei der ge - meinsamen Außenpolitik. „Wir müssen fä - hig sein, auf die Problemlagen zeitnah reagieren zu können“, meinte Mattarella. Mit Blick auf der Dauer, die es bis zu einer Entscheidung braucht, betonte Van der Bellen, daß bei der Struktur der Entscheidungsfindung schon jetzt in der EU-27 ein dringender Handlungsbedarf bestehe, „geschweige denn in der Zukunft mit mehr als 30 Mitgliedern“. Nicht alle EU-Länder, die bei dem Treffen vertreten wurden, teilen diese Meinung. Milanović sprach sich gegen den Übergang von Entscheidungen mit Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit aus. Der ungarische Präsident Tamás Sulyok betonte, daß sein Land gegen immer stärkere föderalistische Ansätze sei. Mit Blick auf die Auffassungsunterschiede, die sich bei dem Treffen zeigten, bezeichnete Van der Bellen das Treffen als „Europe in a nutshell“ (soviel wie „Europa in Kürze“, Anm.). „Im kleinen Rah men repräsentieren die fünf Staatsoberhäupter die EU mit all ihren Widersprüchlichkeiten“, sagte er. Wie er hinzufügte, zeigten sich die Die Präsidentin und ihre vier Amtskollegen bei ihrem Gespräch, in dem die Vorteile der EU- Mitgliedschaft und Unterstützung der Erweiterung im Vordergrund standen. Unterschiede bei Kroatien und Ungarn im Gegensatz zu Österreich, Slowenien und Italien. Die Staatsoberhäupter der fünf Länder wa - ren zuletzt im Juni 2011 gemeinsam in Slowenien, als das Nachbarland 20 Jahre seiner Unabhängigkeit feierte. Bei diesmaligen- Treffen, das am Welttag der Erde stattfand, schenkte die slowenische Präsidentin ihren Amtskollegen jeweils einen Lindenbaum- Setzling, damit sie diesen in ihren Ländern pflanzen können. Die Linde ist ein slowenisches Nationalsymbol. „Diese Geste soll die Freundschaft zwischen benachbarten Nationen und unser Engagement auch im Kampf gegen den Klimawandel repräsentieren.“ n
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 211 / 31. 07. 2024 Österreich, Europa und die Welt Zu Besuch in Stockholm Alexander Van der Bellen im Gespräch mit Schwedens Premier Kristersson und zu Gast beim schwedischen Königspaar Carl Gustaf und Silvia 5 Foto: Peter Lechner/HBF Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde von König Carl XVI. Gustaf und Königin Silivia im Stockholmer Schloß empfangen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am 23. Mai in Schwedens Hauptstadt Stockholm mit Premier Ulf Kristersson die kommenden EU-Wahlen erörtert. Im Mittelpunkt des dreitägigen Arbeitsbesuchs in Begleitung einer von WKÖ-Präsident Harald Mahrer angeführten Wirtschaftsdelegation standen Treffen mit ökonomischen und technologischen Schwerpunkten. „Die Kooperation in Europa funktioniert zumindest im wirtschaftlichen Be - reich“, zog der Bundespräsident eine erste Bilanz. Im Gespräch mit Kristersson sei es vor allem um die verschiedenen Perspektiven vor den Europawahlen gegangen, so Alexander Van der Bellen. Man habe sich über Umfragen unterhalten, aber auch über mögliche Entwicklungen oder Umbrüche, die in Europa bevorstehen könnten. Etwa wenn in Frankreich bei kommenden Wahlen die rechtspopulistischen Kräfte um Marine Le Pen an die Macht kommen sollten. Der Bundespräsident erinnerte auch dar - an, daß Schweden gemeinsam mit Öster- Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Schwedens Premier Ulf Kristersson Foto: Peter Lechner/HBF »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
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