ÖSTERREICH JOURNAL NR. 206 / 20. 03. 2023 Österreich, Europa und die Welt 42 Indien: Erster Besuch seit 27 Jahren Am 1. und 2. Jänner begrüßte Außenminister Alexander Schallenberg seinen indischen Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar in Wien. Es war der erste Besuch eines indischen Außenministers in Österreich seit 27 Jahren und das bereits fünfte Aufeinandertreffen mit Schallenberg in den vergangenen zwölf Monaten. Auf dem Programm standen neben bilateralen Ge sprächen auch Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer sowie mit den Außenministern Tschechiens und der Slowakei. Die Diskussionen konzentrierten sich auf bilaterale politische, wirtschaftliche und Migrationsfragen, den russischen Angriffskrieg ge gen die Ukraine sowie den aktuellen indischen G20-Vorsitz. In seinen Gesprächen betonte Schallenberg die exzellenten bilateralen Beziehungen und die engen Handels- und Investitionsströme zwischen beiden Ländern. Der Abschluß mehrerer Abkommen – darunter eine umfassende Partnerschaft im Bereich der Migration und Mobilität sowie Absichtserklärungen zur Kulturkooperation und zur Beschäftigung von Angehörigen von DiplomatInnen – seien ein Zeichen der Stärkung des wechselseitigen Dialogs. „Das heutige Treffen ist ein Besuch unter Freunden und Beweis dafür, daß wir einen Höhepunkt der österreichisch-indischen Be - ziehungen erreicht haben. Indien ist bereits ein wichtiger Partner für uns. Aber wir wollen mehr: mehr Exporte, mehr Investitionen. Wir wollen Österreich in Indien stärker auf die Landkarte setzen. Darüber hinaus bin ich sehr froh, daß wir heute unsere umfassende Migrations- und Mobilitätspartnerschaft fi - nalisieren konnten“, so Schal lenberg. Die Migrations- und Mobilitätspartnerschaft mit Indien ist, so der Außenminister, dringend notwendig, da Österreich im vergangenen Jahr mit einem dramatischen An - stieg der illegalen Migration konfrontiert war. Alleine aus Indien wurden über 18.000 Personen registriert, die praktisch keine Chance auf Asyl hätten. „Das Abkommen mit Indien wird unter anderem durch die Verpflichtung zur raschen Rücknahme von Migranten ohne Bleiberecht als nützliches Instrument zur gemeinsamen Bekämpfung der illegalen Migration dienen. Gleichzeitig schafft es Möglichkeiten, hochqualifizierte indische Arbeitskräfte im Rahmen der Rot-Weiß-Rot Karte nach Österreich zu bringen“, betont Schallenberg die Vorteile der Migrations- und Mobilitätspartnerschaft. Foto: BMEIA/Gruber Außenminister Alexander Schallenberg mit seinem Gast, dem indischen Außenminister Subrahmanyam Jaishankar, und dessen Frau Kyoko Somekawa beim Neujahrskonzert »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Neben bilateralen Fragen stand insbesondere der russische Angriffskrieg im Zentrum des Austausches zwischen den beiden Aussenministern. Schallenberg verurteilte die an dauernde Aggression Rußlands gegen die zivile Infrastruktur sowie Bevölkerung in der Ukraine und betonte, daß ein nachhaltiger Friede nur auf dem Verhandlungstisch und nicht auf dem Schlachtfeld zu erreichen sei. Indien komme in dieser Hinsicht als Vermittler in Frage. „Frieden wird immer am Verhandlungstisch gemacht und dieser Krieg wird keine Ausnahme sein. Ich glaube, daß Indien in diesem Zusammenhang eine große Rolle zu - kommt. Das Land hat eine Tradition des Ausgleichs zwischen den Weltmächten. Ausserdem ist der indische Premierminister Na - rendra Modi einer der wenigen, die regelmässig mit Ukraine und Rußland im Gespräch sind. Ich habe auch hohe Erwartungen an den indischen G20-Vorsitz, eine Stimme der Vernunft zu sein“, faßte Schallenberg den möglichen Beitrag Indiens zu einer schnellstmöglichen Beendigung des russischen An - griffskrieges zusammen. Die russische Aggression kam auch im Rahmen eines gemeinsamen Treffens von Außenminister Schallenberg und Außenminister Jaishankar mit ihren tschechischen und slowakischen Amtskollegen im Slavkov-For - mat zur Sprache. Die Gesprächspartner wa - ren sich einig, daß die Zeit der Diplomatie zur Lösung des Konflikts letzten Endes kom - men würde. Aktuell sei die Zeit dafür aber laut Schallenberg noch nicht gekommen. Wei tere Gesprächsthemen waren der zukünf - tige Umgang mit einem immer selbstbewusster auftretenden China, Möglichkeiten zu Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und Indien sowie regionale Entwicklungen in Afghanistan. Bereits am Vortag besuchten die beiden Außenminister das traditionelle Neujahrskon - zert der Wiener Philharmoniker im Mu sik - verein in Wien. n Drohungen mit Nuklearwaffen sind brandgefährlich, moralisch inakzeptabel und völkerrechtswidrig Am 22. Jänner 2021 trat der von Österreich maßgeblich mitinitiierte Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) in Kraft. Damit wurde ein Meilenstein für Abrüstung und Sicherheit erreicht, indem nach Chemieund Biologiewaffen erstmals ein völkerrechtliches Verbot für die verheerendste Kategorie aller Massenvernichtungswaffen – Nuklearwaffen – geschaffen wurde. „Drohungen mit Nuklearwaffen sind brandgefährlich. Sie sind nicht nur moralisch völlig inakzeptabel, sie senken auch die Hemmschwelle für andere und verstoßen klar gegen das Völkerrecht. Es gibt keine Alternative zur nuklearen Abrüstung, denn solange diese schrecklichen Waffen existieren, sind sie eine Bedrohung für uns alle. Wir müssen sie vernichten, bevor sie uns vernichten“, betont Außenminister Schallenberg anläßlich des zweiten Jahrestages des Inkrafttretens des Atomwaffenverbotsvertrags. Gleichzeitig sind die Risiken eines nuklearen Konflikts oder Unfalls weiterhin signifikant: So droht Rußland im Rahmen seines Angriffskriegs gegen die Ukraine mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. Auch die nukle-
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 206 / 20. 03. 2023 Österreich, Europa und die Welt 43 are Rhetorik auf der koreanischen Halbinsel verschärft sich und die Spannungen im süd - chi nesischen Meer und in Südasien nehmen zu. In allen nuklear bewaffneten Staaten wer den Nuklearwaffen modernisiert und die Zei chen stehen auf ein neues nukleares Wettrüsten, allerdings mit mehr Akteuren als im Kal ten Krieg und somit noch weitaus gefährlicher. „Die Gefahr einer nuklearen Eskalation – sei es absichtlich oder durch einen Unfall – ist so hoch wie lange nicht mehr. Es ist höchste Zeit ein für alle Mal mit dem gefährlichen Mythos aufzuräumen, daß Atomwaffen Sicherheit schaffen, auch nicht zur Ab - schreckung. Sie sind ein Risiko für uns alle und kennen keine Grenzen,“ so der Außenminister. „Der Atomwaffenverbotsvertrag schafft die rechtliche Grundlage und zeigt den politischen Weg, wie diese Abkehr möglich ist.“ Österreich ist seit Jahren ein internationaler Vorreiter für nukleare Abrüstung. Fokus sind dabei insbesondere die katastrophalen humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen und die hohen Risiken der nuklearen Abschreckung. Auf österreichische Initiative konnte bei der Wiener Konferenz 2014 zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen ein Grundstein für den Atomwaffenverbotsvertrag gelegt werden. Damals rief Österreich zum Verbot von Nuklearwaffen auf, um die rechtliche Lücke für ein Verbot zu schließen. Dieser „Austrian Pledge“, später umbenannt in „Humanitarian Pledge“, wurde von mehr als 130 Staaten formell unterstützt und bildete die spätere Basis für den TPNW, den mittlerweile 68 Staaten ratifiziert und 92 unterzeichnet haben. Das erste Treffen der TPNW Vertragsstaaten fand im Juni 2022 in Wien statt. n Österreichisch-mazedonischer Austausch Anläßlich der Übernahme des Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zu - sammenarbeit in Europa (OSZE) durch Nordmazedonien empfing Außenminister Alexander Schallenberg am 11. Jänner seinen mazedonischen Amtskollegen Bujar Osmani zu einem Arbeitsgespräch in Wien. Im Fokus des Austauschs stand die Zusam - menarbeit innerhalb der OSZE im Lichte des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und dessen Auswirkungen auf Europa, sowie der EU-Erweiterungsprozeß am Westbalkan. Unter der Ägide von Außenminister Osmani übernahm Nordmazedonien mit dem 1. Jänner 2023 den Vorsitz der OSZE, Foto: BMEIA/Gruber Am 11. Jänner empfing Außenminister Alexander Schallenberg seinen mazedonischen Amtskollegen Bujar Osman zu einem Gespräch in Wien. »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at die sich vor allem seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in einer institutionellen Krise befindet. So sieht sich der mazedonische Vorsitz konkret mit budgetären Herausforderungen sowie Fragen zur Bestellung von Leitungsfunktionen und zur Verlängerung von Mandaten von Feldmissionen konfrontiert. Angesichts des Krieges in Europa brachte Schallenberg deshalb Österreichs Unterstützung für die OSZE, den mazedonischen Vorsitz und die Generalsekretärin Helga Schmid zum Ausdruck: „Als Sitzstaat trägt Österreich eine besondere Verantwortung für die OSZE. Das gilt be - sonders in Krisenzeiten, wenn es darum geht, die OSZE als wichtiges Dialogforum für Eu - ropas Sicherheit zu erhalten. Rußland wird nicht von der Landkarte verschwinden, sondern der größte Nachbar Europas bleiben. Wie wir eine langfristig stabile europäische Sicherheitsarchitektur unter völliger Ausblendung Rußlands organisieren wollen, erschließt sich mir nicht.“ So engagieren sich eine Reihe österreichischer Diplomaten in der OSZE, etwa im Wirtschafts- und Umweltkomitee oder als Sonderbeauftragte. Zudem unterstützt Österreich mit einem finanziellen Beitrag die Ar - beit der OSZE in der Ukraine, etwa im Bereich der posttraumatischen Betreuung von Kriegsüberlebenden, sowie bei Minenräumungs- und Umweltsanierungsarbeiten im Kriegsgebiet. Das Gespräch mit Außenminister Osmani machte deutlich, daß, abgesehen von der OSZE, die globalen Schockwellen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch Nordmazedonien erreichen, das in Energiefragen bislang stark von Rußland abhängig ist. Außenminister Schallenberg betonte, daß Österreich die Energiediversifizierung in Nordmazedonien unterstützt und hofft, ös - terreichische Unternehmen werden weiterhin zur dortigen Energiewende beitragen. Neben dem Energiesektor wirkt sich der russische Angriffskrieg auch in Nordmazedonien nachteilig auf die Nahrungsmittelversorgung, die Inflation und das Wirtschaftswachstum aus. Dennoch habe sich Nordmazedonien seit der russischen Invasion der Ukraine unmißverständlich auf die Seite der EU gestellt und alle Sanktionen gegen Rußland übernommen, zur Freude von Außenminister Schallenberg. Mit Verweis auf die EU-Sanktionen, denen sich Nordmazedonien anschloß, un - termauerte Schallenberg seine Position zur EU-Erweiterung im Austausch mit Außenminister Osmani: „Der Westbalkan gehört zu Europa. Er ist nicht der Hinterhof, sondern der Innenhof der Europäischen Union. Alle Probleme, die dort auftreten, in der Sicherheitspolitik, in der Stabilität, wirken sich un - mittelbar auch bei uns in Zentraleuropa aus. Deshalb brauchen wir die Erweiterung. Sie ist kein buchhalterischer Prozeß, sondern der wichtigste geostrategische Hebel der EU.“ Aus diesem Grund werde sich Österreich weiterhin für eine schrittweise Integration von Nordmazedonien und der fünf weiteren Westbalkanstaaten in bestimmte EU-Politikbereiche auf dem Weg zur Vollmitgliedschaft einsetzen, bekräftigt Schallenberg. Mög liche Bereiche umfassen den Binnenmarkt, die Ge - meinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie Bildung und Forschung. n
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