ÖSTERREICH JOURNAL NR. 206 / 20. 03. 2023 Österreich, Europa und die Welt 28 Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bei seinen Eröffnungsworten es sich gehört hätte, doch wüsste Österreich heute, was es ihm schuldete, so Sobotka. Er habe als „Lichtgestalt der Zweiten Republik“ Enormes für die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus geleistet und vie le TäterInnen vor Gericht gebracht – nicht aus Rache, sondern als klares Bekenntnis zum Rechtsstaat. Es habe lange gedauert, bis Österreich sich zu seiner Geschichte bekannt habe, er - klärte Sobotka. Nun müsse man im Sinne Wiesenthals alles tun, damit es nie wieder so weit komme. „Nie wieder“ dürfe nicht zu einer hohlen Floskel verkommen, sondern müsse mit Leben gefüllt werden. Antisemitismus bezeichnete er als „Ur-Übel“ der Eu - ropa seit Jahrhunderten geprägt habe. Es sei kein reines Phänomen des rechten oder linken Randes, sondern komme aus der Mitte der Gesellschaft und müsse gerade in Zeiten seines Anwachsens entschieden bekämpft werden. Wiesenthal und andere ZeitzeugInnen würden dafür eine Richtschnur bieten, dankte Sobotka für deren „unschätzbaren Dienst“ und zeigte sich erfreut, daß das Parlament dafür eine Plattform biete. »Gedenken im Wohnzimmer« erhält Hauptpreis Rund 1,5 Mio. GastgeberInnen und Teil - neh merInnen aus über 65 Ländern nahmen seit ihrer Entstehung im Jahr 2011 bereits an der israelischen Initiative Zikaron BaSalon teil. Beim „Gedenken im Wohnzimmer“ – so der der deutsche Titel – laden Privatpersonen in eben jenes ein, um Shoah-Überlebenden die Möglichkeit zu geben, ihre Erfahrungen zu teilen. Dieses Umfeld bewirkt oftmals erst, Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf daß diese von ihren Erlebnissen erzählen können. Deren Zeugnisse seien einer der „wirksamsten Impfstoffe gegen Antisemitismus“, erklärte Jury-Vorsitzende und Antisemitismusbeauftragte der EU-Kommission, Katharina von Schnurbein, in ihrer Laudatio. Diese Wirkung müsse genutzt werden, so - lange es noch möglich ist. Sharon Buenos von Zikaron BaSalon sprach ebenfalls von der Verpflichtung, den noch lebenden ZeitzeugInnen eine Chance zu geben, ihr Zeugnis von den Geschehnissen während der NS-Zeit abzuleben. Bei ihrem Projekt gehe es darum, Brücken so - wohl zwischen Ländern als auch zwischen Generationen zu bauen. »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Nominiert waren auch das Dialogprojekt LIKRAT, das jüdische und nicht-jüdische Jugendliche zusammenbringt, das Schwedische Komitee gegen Antisemitismus und der Kulturverein Mota de Judios – letzteren für seine Bemühungen, das historisch-jüdische Erbe eines spanischen Dorfes wiederzubeleben und den für Juden beleidigenden Namen des Dorfes zu ändern. Die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katharina von Schnurbein Preis für Aufklärung über den Holocaust ging an Waltraud Barton Den Preis in der Kategorie „Aufklärung über den Holocaust“ erhielt Waltraud Barton, Gründerin des Vereins IM-MER. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Gedenken an über 10.000 im Zweiten Weltkrieg nach Minsk und Maly Trostinec deportierte und im Großraum Minsk ermordete Österrei - cherInnen zu bewahren. Bartons „unermüdlichem Einsatz“ für die Erinnerung an die Deportierten sei es zu verdanken, daß es nun auch ein dementsprechendes Mahnmal gebe, sagte Historikerin und Jury-Mitglied Brigitte Bailer bei der Verleihung. Maly Trostinec sei vielen ÖsterreicherInnen kein Begriff gewesen, obwohl nirgendwo anders so viele WienerInnen deportiert und ermordet worden seien, berichtete Barton. An dieses „unvorstellbar Monströse“ erinnere nun ein Mahnmal, das es unübersehbar mache und den Ort im kollektiven Gedächtnis verankere. Zu den Nominierten zählte auch der Verein für aktive Gedenk- und Erinnerungskultur, der mittels jährlichem Dialogforum und Gedenkwanderung an die lange vergessene Flucht von JüdInnen über die österreichischen
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 206 / 20. 03. 2023 Österreich, Europa und die Welt 29 Alpen 1947 erinnert und der Verein Zweitzeu - gen, durch den vor allem junge Menschen ermutigt werden, die Lebensgeschichten der ZeitzeugInnen als „zweite ZeugInnen“ wei - terzugeben. Mohammed S. Dajani Daoudi für sein Engagement gegen Antisemitismus ausgezeichnet Im Frühjahr 2014 wurde Mohammed S. Dajani Daoudi über die Grenzen Israels hinaus bekannt, als er für eine Gruppe von 27 palästinensischen StudentInnen eine Reise nach Auschwitz organisierte. Sein Ziel war es, diese über den Holocaust und jüdischisraelische StudentInnen über die Nakba – die Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948 – aufzuklären. Dies führte zum Verlust von Dajanis akademischer Stellung an der Al-Quds Universität und zur Bedrohung seiner persönlichen Sicherheit. Laudator Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich, sprach von der Relevanz eines historischen Bewußtseins für ein gelingendes Zusammenleben. Die Auszeichnung würdige nicht nur den Mut des Preisträgers, sondern vor allem seinen „ganz persönlichen Beitrag“ im Kampf gegen den Antisemitis - mus. In seiner Dankesrede drückte Mohammed S. Dajani Daoudi seine Hoffnung dar - über aus, daß eines Tage das Wissen über die Ignoranz siege. Von der Jury vorgeschlagen wurden auch die Europäische Janusz Korczak Akademie, die sich für die Stärkung der jüdischen Ge - meinschaft und Identität sowie für den interreligiösen Dialog einsetzt sowie der Verein Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf ZeitzeugInnengespräch (v.l.): Moderatorin Lisa Gadenstätter, Zeitzeugin Lucia Heilman, die Enkelin von Simon Wiesenthal Racheli Kreisberg, und die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission Katharina von Schnurbein für Demokratie und Information DEIN e.V., der sich gegen Antisemitismus, Geschichtsverzerrung und Haßpropaganda engagiert. Gespräch über Wesen und Zukunft der Zeitzeugenschaft Im anschließenden Gespräch erzählte Zeitzeugin Lucia Heilman von der Angst, die sie im NS-Regime erfuhr und die auch ihr Leben nach dem Zweiten Weltkrieg prägte. Lange Zeit habe sie nicht darüber sprechen können. Für sie mache es jedoch einen grossen Unterschied, ob Menschen aus Büchern von den damaligen Geschehnissen erfahren, oder ob sie diese von Überlebenden vermittelt bekommen. Heilman erzählte von den Reaktionen von SchülerInnen, denen sie ihre Geschichte erzählte und zeigte sich beeindruckt von den Fragen, die diese stellten. Wiesenthal-Enkelin Racheli Kreisberg berichtete von Erlebnissen mit ihrem Großvater und wie sich das Verhältnis seiner Heimat Österreich zu ihm über die Jahre verändert habe. Sei die Beziehung früher noch eher von Angst geprägt gewesen, habe diese sich immer mehr verbessert – bis in die Ge - genwart, in der in seinem Namen ein Preis im Parlament verliehen werde. Auf die Bedeutung der Zeitzeugenschaft ging die Antisemitismusbeauftragte der EU- Kommission, Katharina von Schnurbein, ein. Diese sei für die Überlebenden oftmals auch mit Schmerz verbunden, da sie das Erlebte immer wieder ins Bewußtsein rufen müßten. Solange es diese Möglichkeit gebe, müsse sie genutzt werden. Künftig werde es notwendig sein, auch junge Menschen dazu zu befähigen, diese Geschichten weiter zu er - zählen. n https://de.wikipedia.org/wiki/Simon_Wiesenthal https://www.parlament.gv.at/ Quelle: Parlamentskorrespondenz Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf Ein Blick in den Sitzungssaal des Parlaments mit den TeilnehmerInnen an der Verleihung des Simon Wiesenthal-Preises 2022 »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
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Foto: Flughafen Wien AG ÖSTERREICH
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