ÖSTERREICH JOURNAL NR. 206 / 20. 03. 2023 Österreich, Europa und die Welt 18 dem Emissionshandelssystem oder der Be - steuerung von multinationalen Unternehmen abrufen kann. Das Bundeskanzleramt hält da - zu fest, Österreich stehe zwar den Verhandlungen zu neuen Eigenmitteln offen gegen - über, spreche sich aber gegen eine Revision des MFR zum aktuellen Zeitpunkt aus. Ge - nerell sollten die 2021 eingeführten neuen Eigenmittelquellen für die vorzeitige Rück - zahlung der NGEU-Anleihen und nicht für neue Ausgaben verwendet werden. Die von der EU-Kommission durchgeführte Schuldenaufnahme zur Bewältigung der Covid- 19-Pandemie habe dabei einmalig zu bleiben, sonst könnten EU-Institutionen und Mit - gliedsländer eine Vielzahl neuer Forderungen stellen. EU-Mittel an Rechtsstaatlichkeit geknüpft Auf Grundlage der 2020 eingeführten „Konditionalitäten-Verordnung“ zum Schutz des EU-Haushalts setzte der Rat im Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn am 15. Dezember 2022 rund 6,3 Mrd. € an EU- Mitteln für die Kohäsionspolitik in Ungarn aus. Sobald Ungarn die erforderlichen Ab - hilfemaßnahmen korrekt umgesetzt hat, soll die Mittelsperre aufgehoben werden. Österreich trägt dem Bundeskanzleramt zufolge diesen Beschluß mit, zumal damit sichergestellt werde, daß EU-Gelder ordnungsgemäß unter Einhaltung der rechtsstaatlichen Prinzipien in der Union Verwendung finden. Im Rahmen des unionsweiten Mechanismus zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in der EU tagt am 25. April 2023 der Rat Allgemeine Angelegenheiten zur länderspezifischen Diskussion über fünf protokollarisch ausgewählte Mitgliedsstaaten. Brexit prägt weiterhin Beziehung zum Vereinigten Königreich Die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit 2020 müssen verbessert werde, stimmt das Bundeskanzleramt mit Brüssel überein. Nachdem die EU-Kommission bereits Vorschläge zur Erleichterung der Umsetzung des Nordirland-Protokolls gemacht hat, liege es nun an London, diese Bemühungen zu erwidern, um ein erneutes Aufflammen der Gewalt an der inneririschen Grenze – die seit dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU zur Außengrenze der Union geworden ist – zu vermeiden. Denn gänzlich fehlende Warenkontrollen in den Häfen der Irischen See zwischen Großbritannien und Nordirland würden die Integrität des EU- Binnenmarktes gefährden. Gleichzeitig ap - pelliert Wien an die Kommission, den Ge - sprächsverlauf mit dem Vereinigten Königreich transparent zu halten. Die Weiterentwicklung der Beziehungen zur Schweiz hat sich die EU ebenfalls auf ihre diesjährige Agenda geschrieben, wobei Österreich auf eine möglichst enge Partnerschaft mit dem Nachbarland drängt. Nachhaltige Entwicklung über Europa hinaus Von Klimaschutz bis Armutsbekämpfung erfordern viele Herausforderungen ein globales Vorgehen. Dementsprechend zielt die UNO-Agenda 2030 auf verstärkte multilaterale Kooperation für nachhaltige Entwick - lung ab. Das Programm der Trio-Präsidentschaft verweist im Hinblick auf die Förderung der Interessen und Werte Europas in der Welt darauf, daß der nachhaltigen Entwick - lung eine Priorität in internationalen Verhandlungen und Foren eingeräumt werden wird, mit besonderem Gewicht auf Klimadiplomatie gemäß der Vorgaben des Europäischen Grünen Deals. In Bezug auf Entwick - lung und humanitäre Hilfe wird auf eine Forcierung der Umsetzung der Agenda 2030 und der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) gesetzt und der Fokus auf Entwick - lungszusammenarbeit und Stabilisierung gelegt. Österreich hat laut Bundeskanzler - amt bereits 2020 freiwillig einen nationalen Bericht zur SDG-Umsetzung vorgelegt. Heuer wird ein zweiter derartiger Bericht ausgearbeitet, der 2024 erscheinen soll. Kampf gegen Antisemitismus Der EU-Strategie zur Verhütung und Bekämpfung von Antisemitismus mißt Ös - terreich einen hohen Stellenwert zu. Immerhin sei unter dem österreichischen Ratsvorsitz 2018 die Entscheidung gefallen, in allen EU-Mitgliedsstaaten ganzheitliche nationale Strategien gegen Antisemitismus zu erarbeiten. Außerdem sollen diese Konzepte dem Schutz und der Förderung jüdischen Lebens in der EU dienen und Aufklärung, Forschung und Gedenken an den Holocaust unterstützen. Österreich war dem Bericht zufolge 2021 eines der ersten EU-Länder, das eine derartige Strategie ausgearbeitet hatte und zur Umsetzung brachte, etwa durch aktive Mitarbeit an der EU-weiten Datenlage zu antisemitischen Haßverbrechen. Um internationale Kooperationen in diesem Bereich zu verstärken, veranstaltete das Bundeskanzleramt gemeinsam mit der EU-Grundrechteagentur im Mai 2022 die „European Conference on Antisemitism“ (ECA) in Wien. Eine Folgekonferenz ist für April 2023 geplant. n 30 Jahre EU-Binnenmarkt – wichtigste Basis für Österreichs Wirtschaft Nach den Anstrengungen zur Covid-19- Pandemie und vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine habe für das Jahr 2023 oberste Priorität, die aktu - elle Energie- und Teuerungskrise weiterhin bestmöglich einzudämmen und eine nachhaltige wirtschaftliche und gesellschaftliche Erholung sicherzustellen. Das hält Arbeitsund Wirtschaftsminister Martin Kocher im Bericht seines Ressorts mit EU-Jahresvorhaben für 2023 fest, in dem ein breites Themenspektrum – von Arbeit über Wirtschaft, Industrie und angewandte Forschung über Handelspolitik und Außenbeziehungen bis hin zum Tourismus – enthalten ist. Für 2023 gelte es, kurzfristig die negativen Auswirkungen des Energiepreisschocks und die Kriegs- und Covid-19 Folgen abzumildern sowie mittel- und langfristig die grüne und digitale Transformation erfolgreich zu bewerkstelligen, so der Bericht. Von österreichischer Seite wird dazu etwa die Rückkehr zu einem vollständigen Europäischen Semesterprozeß begrüßt, ebenso wie die Orientierungen des EU-Herbstpakets aus 2022. Die Europäische Kommission habe dabei den Jahresbericht über nachhaltiges Wachstum, den Bericht über den Warnmechanismus, den Entwurf des Gemeinsamen Beschäftigungsberichts und den Entwurf einer Empfehlung zur Wirtschaftspolitik der Eurozone präsentiert. Die Wirtschaftskrise von 2008 habe deutlich gemacht, daß eine stärkere wirtschaftspolitische Steuerung und eine bessere sozialpolitische Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten erforderlich seien. 30 Jahre EU-Binnenmarkt: Vorteile für Österreich überwiegen Das 30jährige Bestehen des gemeinsamen EU-Binnenmarkts stehe ebenfalls im Zentrum der Arbeiten. Der schwedische EU-Rats - vorsitz im ersten Halbjahr 2023 legt hier dem Bericht zufolge unter anderem den Fo kus auf den Bereich der Energie- und Rohstoffversorgungssicherheit, der digitalen Wirt - schaft, den grünen Übergang und auf den Dienstleistungsbereich. Der europäische Binnenmarkt sei für die österreichischen Unternehmen die wichtigste Basis für ihr Wirtschaften. Rund 70 Prozent des österreichischen Außenhandels finden laut Bericht innerhalb der EU statt. Die Exporte in die 26 anderen EU-Mitgliedsstaaten haben sich demnach seit dem EU-Beitritt Österreichs mehr als verdreifacht, und zwar »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 206 / 20. 03. 2023 Österreich, Europa und die Welt 19 Foto: Parlamentsdirektion/Johannes Zinner Arbeitsminister Martin Kocher, hier bei einer Keynote im Parlament auf 112 Mrd. € im Jahr 2021. Auch wenn Österreich „EU-Nettozahler“ sei, würden die Vorteile des Binnenmarkts bei Weitem die Ko sten übertreffen. Es gehe nun darum, be - stehende Regeln zu stärken, Defizite zu be - seitigen und den Anwendungsbereich auf die Erweiterungskandidaten auszuweiten. Priorität sei, den Fokus auf die einheitliche An - wendung, Umsetzung und Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften zu legen. Das Arbeits- und Wirtschaftsministerium habe sich bereits 2020 für eine rasche An - passung des Vorschlags für eine gemeinsame EU-Industriestrategie und auch für eine Aktualisierung im Hinblick auf die Folgen der Covid-19 Pandemie eingesetzt. Die derzeitige Energiekrise unterstreiche diese Notwendigkeit noch mehr. Im Rahmen des weiteren nationalen Umsetzungsprozesses sollen Punkte wie beispielsweise der Ausbau von strategischen Wertschöpfungsketten und die Diversifizierung insbesondere bei strategischen Rohstoffen im Fokus stehen. Vor al - lem die in der EU-Industriestrategie formulierten Ziele zur offenen strategischen Autonomie werden demnach auch im Jahr 2023 eine wichtige Rolle spielen. seien. Der langfristige Erhalt der österreichischen Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung der Arbeitsplätze könnten nur durch ra - sche Umstellung auf grüne Technologien und Kreislaufwirtschaft vor allem im Rohstoffbe - reich gewährleistet werden, so der Bericht. Ein verstärktes Engagement Österreichs im Rahmen der „wichtigen Projekte von ge - meinsamen europäischem Interesse“ (IPCEI) zur Sicherstellung der Wirtschafts- und Um - weltinteressen sei im Regierungsprogramm verankert. Die Initiative Österreichs zur (Wieder-)Einrichtung eines „Joint European Forum for IPCEI“ werde bisher von zehn wei teren Mitgliedsstaaten unterstützt. Ein „European Chips Act“, der für die Erweiterung der europäischen Chip-Produktion ei - nen einheitlichen Rahmen festlegt und eine angemessene budgetäre Dotierung bereitstellt, könnte die heimische Halbleiterindustrie ankurbeln und viele zusätzliche Ar - beitsplätze generieren, heißt es im Bericht. Was das EU-Wettbewerbsrecht betrifft, sollte aus österreichischer Sicht bei der Be - urteilung der Effekte wettbewerbsrechtlicher Maßnahmen der Fokus stärker auf die längerfristigen Auswirkungen hinsichtlich Qualität, Vielfalt und Innovation gelegt werden. Eine Überarbeitung des EU-Beihilfenrechts sowie die damit verbundene Schwerpunktsetzung auf zukunftsweisende Bereiche wie Woraus besteht das Paket »Fit für 55«? Klima, Umweltschutz, Energie, Digitalisierung, Breitband, Forschung & Entwicklung & Innovation, IPCEI und die Bereitstellung von Risikofinanzierungen begrüße Österreich grundsätzlich, heißt es im Bericht. Was KMU und Start-Up Förderprogramme betrifft, unterstütze Österreich alle Maßnahmen, die dazu beitragen können, das In - vestitionsklima in Europa zu verbessern und unternehmerische Investitionen zu induzieren. Äußerst positiv stehe Österreich im Be reich Forschung und Innovation dem Programm „Horizon Europe“ gegenüber, da österreichische Unternehmen davon überdurchschnittlich profitieren. Auch der Ansatz der „Neuen Europäischen Innovationsagenda“ werde von Österreich unterstützt. EU-Vorschläge zu Plattformarbeit und Fachkräftemangel Österreich unterstützt dem Bericht zu - folge auch einen Richtlinienvorschlag, der darauf abzielt, die Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit EU-weit zu verbessern. Drei Faktoren seien hier besonders wichtig – und zwar ein besserer Schutz der ArbeitnehmerInnen vor Ausbeutung, die Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Plattformunternehmen und eine Hintanhaltung zu sätzlichen administrativen Aufwands für Plattformunternehmen. Fit für 55-Paket, IPCEI und European Chips Act Was das europäische „Fit für 55-Paket“ betrifft, müsse aus österreichischer Sicht im Rahmen der Transformation ein besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse der energieintensiven Industrie gelegt werden, wobei hier vor allem die Forschung und Weiterentwicklung von grünem Wasserstoff prioritär © European Union, 2023 »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
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Foto: Flughafen Wien AG ÖSTERREICH
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