ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 12. 2021 Österreich, Europa und die Welt 96 der Fall war. Dieses große, mächtige Land re - gistriert, daß es Besseres gibt, als 130 Aquarien zu eröffnen, um dort Orcas einzusperren. China hat bereits konkrete Aktionen ge - setzt: zum Beispiel Wale befreit und nach Is - land geflogen. Was eine schräge Komponente ist: Dieser Film war, wie seine Vorgänger, als Investigativ-Arbeit angelegt. Das ist nicht mehr so, weil sich selbst jene, die sozusagen fürs „Böse“ stehen, gemeldet haben, um ihre Sicht der Dinge darzulegen. Wir mußten deshalb nie mit versteckter Kamera arbeiten, haben aber trotzdem alles mitbekommen, was läuft. Das war faszinierend. China und Umweltschutz, das bekommt man im Kopf nur schwer zusammen. Köhler: Dort wird schon einiges versucht. Das Problem ist der Zugang zu Bildung von vielen Chinesen. Was das Thema des Films an geht, wachsen die chinesischen Kinder so - zusagen in den 1960er-Jahren auf, als Seaworld in Bezug auf die eingesperrten Orcas und Delfine noch der Welt erklären konnte, daß es denen super geht. Seid Ihr weiterhin im Investigativ-Bereich tätig? Köhler: Es gibt einen Film, der an sich fürs Fernsehen gedacht ist. Darin geht es um Orang-Utan-Babys, die ihren Müttern brutal entrissen werden, um zum Beispiel im Tourismusbereich in Thailand zu arbeiten. Wie Bo xer angezogen, werden sie in Wildlife- Parks vor begeisterten Touristen in einen Ring gestellt. Daß diese Tiere hinter den Ku - lissen meist gequält werden und ein unwürdiges Leben fristen müssen, wissen die we - nigsten. Czezik-Müller: Die Dokumentation zeigt sehr eindringlich, daß es noch unendlich viel zu tun gibt, um hier Bewußtsein zu schaffen. Was sind die weiteren großen Projekte? Köhler: Das jüngste, das nun fertig für die weltweite Verwertung ist, ist „The Bastard King“, eine sehr besondere Geschichte eines Löwen. Damit hatten wir im Vorjahr schon in Frankreich auf Canal+ einen Probelauf mit hervorragenden Quoten und sehr viel Be - richterstattung. Die Kritiker von „Le Monde“, „Figaro“ und „Parisien“ haben alle den Film mit fünf Sternen ausgezeichnet. „The Ba - stard King“ ist ein Experiment, bei dem die Grenzen zwischen Dokumentation und Spiel - Foto: Rob Murray Birgit Peters, „ein weiblicher David Attenborough“, bei Dreharbeiten im „Celtic Forest“ in Wales film völlig verwischen. Das heißt, es basiert der Film auf einem Buch, das fiktional ist, aber alle Bilder sind wahrhaftig. Ihr hattet ja auch den Plan für eine fiktionale Highend-Serie? Köhler: „Rogue“ ist im Grunde die Fortsetzung dessen, was wir mit unserer bisherigen Arbeit begonnen haben. Es geht um Wildlife- Crime. In diese fiktionale Serie wird alles eingearbeitet, was wir über das organisierte Verbrechen in diesem Bereich wissen, aber nicht mehr drehen konnten, weil wir sonst schlicht nicht zurückgekommen wären. Wir sind gerade an der Finanzierung dran. Das Vorbild ist „Narcos“, die bekannte Netflix- Serie über die Drogenkartelle. Ein hoher Anspruch. Czezik-Müller: Deshalb muß man sich sehr genau überlegen, mit wem man in ein solches Abenteuer geht. Köhler: Es ist jedenfalls eine typische Streamer-Geschichte, die hochwertig produziert werden soll. Da braucht es also jemanden, der sich das traut und auch die Erfahrung hat. Wildlife-Crime ist ein gigantischer Markt und funktioniert im Grunde genauso wie der Drogenhandel. Das geht Hand in Hand. Es gibt keinen, der Wildlife-Crime begeht, der nicht auch im Drogen-, Waffen- und Menschenhandel betreibt. Nur hat Wildlife-Crime ein wachsende Gewinn-Marge. „Terra Mater“ ist seit Anbeginn auch eine Sendungsmarke bei ServusTV, immer mittwochs, 20.15 Uhr. Wie geht es hier weiter? »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Czezik-Müller: Hier stehen wir im nächsten Jahr vor einem großen Wechsel – wir werden erstmals mit einem Presenter arbeiten. Köhler: Wir setzen dabei auf eine Frau aus dem eigenen Team: Birgit Peters, selbst Na - turfilmerin, hat im Frühjahr bereits die Sendung zum 10-Jahrs-Jubiläum von Terra Mater auf ServusTV präsentiert. Das war sozusagen ein Testballon, der von den Zusehern sehr positiv angenommen wurde. Wir werden im nächsten Jahr mehrere Eigenproduktionen mit ihr für den deutschsprachigen Markt ma - chen. Birgit war eben erst in Wales und in Griechenland für eine mehrteilige Serie über „Unser Mittelmeer“. Kaum daheim geht es für sie diese Woche nach Hamburg, wo sie die wilden Seiten der Großstadt zeigen wird. Peters soll dem Zuseher helfen, Dinge besser einzuordnen – ein junger, ein weiblicher Da - vid Attenborough eben. Ein ungewöhnliches Genre für die Terra Mater Factual Studios ist die angekündigte Verfilmung des amüsanten Bestsellers „Hum - meldumm“ von Tommy Jaud. Köhler: Tommy Jaud schreibt selbst das Drehbuch – und zwar in Wien, weil er sich so in unsere Stadt verliebt hat. Da ich mir nicht vorstellen kann, daß wir vor September/Oktober 2022 in Namibia drehen können, liegen wir auch richtig in der Zeit. Namibia wurde ja von Covid wirklich sehr hart getroffen. Dazu kommen brutale wirtschaftliche Auswirkungen auch für jene, die vielleicht eine Impfung ergattern konnten. Auch deshalb wollen wir unbedingt an den Originalschauplätzen dieser ungewöhnli - chen und witzigen Reisegeschichte drehen,
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 12. 2021 Österreich, Europa und die Welt 97 um wenigstens für ein paar Wochen einen wirtschaftlichen Impuls dort zu setzen. Wie sieht es im Naturfilm-Bereich mit der Relevanz von Streaming aus? Köhler: Im Moment ist sehr viel Bewegung im Markt. An Curiosity Stream liefern wir bald die erste Großserie ab, eine der teuersten Produktionen, die wir je gemacht ha - ben: „Alien Worlds“ ist ein großer aufwendiger Dreiteiler über die Welt der Insekten. Auch einer unserer Feature Docs gehört da - zu, der wohl in Richtung Netflix gehen wird. Auch im Factual Entertainment-Bereich unter Nina Steiner haben wir Formate entwickelt, mit denen wir etwas in die Fiction abbiegen werden. Aber im Moment muß man den Markt sehr genau beobachten, denn die Streaming-Anbieter regionalisieren im - mer stärker – teilweise passiert das auch auf Druck der EU. Auf der anderen Seite müssen – das spürt man insbesondere auf dem deutschen Markt – die linearen Sender sich etwas einfallen lassen, insbesondere die werbefinanzierten. Sonst wird die Situation auf dem Publikumsmarkt irgendwann gänzlich zu Gunsten der Streamer kippen. Das hat man verstanden, meine ich, so wie sich etwa gerade RTL neu aufstellt. Ein Blick in die nahe Zukunft: Läßt sich mit Quoten-Vorgaben für europäische Produktio - nen, wie sie von der Brüsseler Kommission für Streamer geplant sind, tatsächlich auch etwas bewirken? Köhler: Bislang gibt es die nur in Frankreich, wo ich auch einige Produzenten ken - ne – die kommen aus dem Freuen gar nicht mehr raus. Mal schauen, ob es da auch ir - gendwo einen Haken gibt. Aber dergleichen gibt es jetzt etwa auch in Kanada. Die haben zudem ein tolles Fördersystem. Wenn da Netflix nichts tut, verlieren sie den Markt, so simpel ist das. Ich denke, da wird etwas in Europa kommen – auch weil es den Streamern damit im Grunde ganz gut geht. Czezik-Müller: Es ist ja auch das Nutzer- Verhalten ein anderes geworden ist. Was früher den nordeuropäischen Ländern vorbehalten war, daß man angloamerikanische Serien mit Untertiteln schaut, kommt auch bei uns zunehmend. Gleiches gilt auch umgekehrt – deutschsprachig ist kein Ausschlußgrund. Diese Entwicklung wird vor allem von den Streamern getragen. Was inzwischen ebenso verstärkt gemacht wird, ist, daß lippensynchronisiert wird und das für eine Vielzahl an Sprachen. Das war vor kurzem noch unvorstellbar. Ein Thema, bei dem es in Österreich schön langsam tatsächlich eng wird, ist die Fördersituation und auch die Frage von Tax-Incentives, also Steuer-Erleichterungen bei entsprechenden Investitionen. Da ist nichts von der Bundesregierung zu hören. Spielt das für Euch als Doku-Produzenten überhaupt eine Rolle? Köhler: Natürlich, würden die Rahmenbedingungen passen, würden mehr ausländische Produzenten in Österreich produzieren. So einfach ist das – nicht nur für uns. Czezik-Müller: Das einzige, was fix ist in einer Welt, in der nix fix scheint ist, daß die Kosten steigen. Darauf müssen Produzenten reagieren. Die Zukunft liegt in der Co-Produktion. Dafür sind Standort-Incentives entscheidend. Damit kann man Geld von draussen ins Land hereinholen. Köhler: Wir haben eine Serie produziert, da hatte Kanada einen Finanzierungsanteil von 50 Prozent. Dabei ist Kanada jetzt nicht un - bedingt das riesen Land. Beispiel Südafrika, dort geht der Anteil bis zu 45 Prozent. Oder auch in der nächsten Nachbarschaft mit Un - garn und Tschechien, Italien oder auch Lu - xemburg, Malta. Österreich ist da nicht konkurrenzfähig oder, um noch deutlicher zu werden, Österreich ist rückschrittlich und ich verstehe nicht warum. Können Sie das erläutern? Köhler: Es geht etwa um den Umgang mit Streaming-Anbietern bei Förderungen. Hätte man als österreichischer Produzent ein Projekt, zu dem Netflix 80 Prozent beisteuert, zählen hierzulande die 80 Prozent einfach nicht – das muß doch jemanden an den Hebeln auffallen, daß solche Regeln aus der Zeit gefallen sind. Da geht es ja nicht um Geld, das verschenkt, sondern das investiert wird. Da geht dem Land viel Geld verloren. Czezik-Müller: Man muß da einen deutli chen Aufruf an die Politik machen, einen Weck ruf, die Streaming-Anbieter endlich miteinzubeziehen. Das ganze bisherige Sy stem ist von der technologischen Entwick lung und der bei den Konsumenten längst überholt wor den. Daß in Österreich eine Netflix-Finanzierung nicht wie die eines TV-Senders eingestuft wird, ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Da muß ziemlich schnell etwas passieren, soll der Produktionsstandort Österreich nicht von der Landkarte verschwinden. Nach den - ken muß man auch über die Verwertungskette bzw. Sperrfristen bei Kino-Produktionen. Wir haben z. B. überall sonst einen zeitgleichen Release von „Sea of Shadows“ – nur im deutschsprachigen Raum nicht. Wenn National Geographic einen welt weiten Release macht und der deutschsprachige Raum ist eben nicht dabei, sondern kommt mit Zeitverzögerung, dann geht der ganze Marketing - druck verloren. Das ist sicher allen bewußt, da aber Änderungen in Gang zu bringen, um die Realität abzubilden, das dauert bei uns in Österreich einfach zu lange. n Wir bedanken uns bei der Chefredaktion des „Kurier“ dafür, dieses interessante Interview verwenden zu dürfen. Die Redaktion. Über Terra Mater Factual Studios Terra Mater Factual Studios produzieren erstklassige TV-Programme und Kinofilme und fühlen sich dabei ausschließlich den höchsten Produktionsstandards verpflichtet. Für klassische Primetime-kompatible Dokuserien und Specials sind Natur, Wissenschaft und Geschichte die Kerngenres. Das österreichische Produktionshaus verfolgt aber auch andere Stilrichtungen in erfrischend neuen, seriellen Factual Entertainment-Formaten. Für die Kinoleinwand realisieren Ter ra Mater Factual Studios Filmprojekte vom klassischen Dokumentarfilm über das „Wild Drama“, in dem die Natur die Hauptrolle spielt, bis hin zum Spielfilm mit wahrer Geschichte als Grundlage für das Drehbuch. Am eigenen YouTube Channel zeigen Terra Mater Factual Studios exklusiv produzierte Kurzdokus zu den Themen Conservation & Environment, Natur & Wildlife (#terramatters). Das Tochterunternehmen von Red Bull ist spezialisiert auf die Produktion und Distribution von Dokumentarfilmen für Kino, TV und Multimedia Plattformen. https://www.terramater.at/ »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 201 • 20. Dezember 2021
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
© Privatbesitz, Foto: Leopold Muse
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 1
Laden...
Laden...
Laden...
Herzlich willkommen!
Hier können Sie in unserer Magazin-Auswahl bis zum Jahr 2017 blättern.
Die Links auf alle früheren Ausgaben finden Sie am Ende dieser Seite!
"Österreich Journal" – das pdf-Magazin mit Schwerpunkt "Österreich,Europa und die Welt".
Es stehen insgesamt 22.962 Seiten zu Ihrer Verfügung.
Die Ausgabe 208 wird am 5. Oktober erscheinen
Wir informieren Sie gerne, wenn eine neue Ausgabe erscheint – klicken Sie einfach
Ihre Mail-Adresse wird natürlich ausschließlich für diese Ankündigungen genutzt und niemals weitergegeben werden!