ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 12. 2021 Österreich, Europa und die Welt 41 Jahre Jewish Welcome Service Wien 46 Seit seiner Gründung vor erfüllt der JWS ein wichtige Kommunikations- und Dialogfunktion zwischen aus Wien vertriebenen JüdInnen und und deren Nachkommen. Am 17. Dezember 1980 – also vor über 40 Jahren – wurde der Jewish Welcome Service Vienna gegründet. Drei Persönlichkeiten hatten an dieser Gründung maßgeblichen Anteil: Leopold Gratz, damaliger Wie - ner Bürgermeister, Heinz Nittel, damals Stadtrat und Präsident der Österreichisch- Israelischen Gesellschaft, und Leon Zelman, der bis 2007 den JWS leitete“, erklärt die Generalsekretärin des JWS, Susanne Trauneck, die Grundlage für dieses engagierte Projekt. „Eines Tages“, schrieb Zelman in seiner Biografie, „hatte Heinz Nittel, der sich zu Israel besonders hingezogen fühlte, als nunmehriger Stadtrat für Verkehr nun auch für Fremdenverkehr zuständig, die Idee, das Jewish Welcome Service zu gründen. Mehr als ein Vierteljahrhundert war seit Kriegsende vergangen, viele Juden, die der Meinung gewesen waren, sie würden nie mehr hierher zurückkehren, dachten nun doch daran, wenigstens um die Gräber zu besuchen. Es bedurfte einer Stelle, die sich um diese Menschen kümmerte“, zitiert Traun - eck. „Aus der ur sprünglich intendierten ,Anlaufstelle‘ entwickelte sich recht rasch ein in - ternationaler Knotenpunkt, der selbst weitreichende Initiativen entwickelte, um vertrie - bene JüdInnen sowie deren Nachkommen einen Besuch von Wien und Österreich zu ermöglichen. Und das nicht nur in organisatorischer Hinsicht – sondern oft auch in emotionaler. Denn vielfach standen traumatische Erinnerungen der Vertriebenen einer Besuchsabsicht im Wege. Sehr rasch rückte das ,Besuchsprogramm‘ ins Zentrum der Ak - tivitäten des JWS. Dabei werden vor allem Shoah-Opfer und deren Nachkommen nach Wien eingeladen, um hier auf familiäre Spurensuche zu gehen oder als ZeitzeugInnen etwa Schulen zu besuchen“, so die Generalsektretärin. Daneben habe eine Fülle von Auf - gaben, von der JournalistInnenbetreuung bis zur Organisation des Leon Zelman-Preises die Arbeit in den vergangenen vier Jahrzehnten mitbestimmt. Das alles habe dazu beigetragen, „daß sich der Jewish Welcome Service als bedeutende Institution im öffentlichen Leben Wiens etablierte. Er ist damit nicht Foto: Jewish Welcome Service / Heribert Corn JWS-Mitbegründer Leon Zelman nur eine wichtige Facette im internationalen Erscheinungsbild Wiens. Sondern auch ein wesentliches Bindeglied zur Stadt und der jüdischen Gemeinde“, so Trauneck. Einen Einblick in die Aufgabenfülle sowie einen Überblick über wichtige Akzente, die der JWS in den vergangenen 40 Jahren gesetzt hat, gibt eine Publikation, die im pfd-Format von der Internetseite „abgeholt“ werden kann. Die Aufgaben des Jewish Welcome Service auf einen Blick Die Tätigkeit des JWS umfaßt eine Fülle verschiedenster Aufgaben, die zumeist in den Bereichen Organisation, Betreuung, Vernetzung, Kommunikation – mit Einzelpersonen, mit Institutionen, mit Medien etc. – angesiedelt sind, wobei bei den meisten Projekten diese Tätigkeitsbereiche ineinander überfliessen. Zu den Aufgaben gehören im Wesentlichen: m die Durchführung des Einladungsprogramms für vertriebene Jüdinnen und Ju - den, mittlerweile unter Einbeziehung der zweiten und dritten Generation der Shoah- Überlebenden m die Organisation von Studienreisen für die jüngere Generation https://kiosk.oesterreichjournal.at/ausgabe-200/65917456 m Kooperationen im Bereich von Schule und Erwachsenenbildung m die Einladung von Zeitzeug*innen und deren Betreuung m Zusammenarbeit mit Wissenschafter*innen und Organisationen, die sich mit den Themen Vertreibung und Exil beschäftigen. m Information über jüdisches Leben in Wien m Informationsarbeit für Journalist*innen aus dem In- und Ausland m Hilfestellung bei der Herstellung von Kontakten zu jüdischen Institutionen m Bindeglied zu einzelnen Institutionen, v.a. zur Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und zum Psychosozialen Zentrum ESRA sowie zu Stadt Wien, WienTourismus und zum Jüdischen Museum m Berichterstattung über Projekte und Initiativen der Stadt Wien bzw. der Republik Österreich m Beratung und Information zu verschiedensten Angelegenheiten, u.a. auch zur österreichischen Staatsbürgerschaft für NS-Opfer Der Leon Zelman-Preis für Dialog und Verständigung Im Jahr 2013 stifteten die Stadt Wien und der JWS erstmals den „Leon Zelman-Preis für Dialog und Verständigung“, der seither jährlich an Projekte, Organisationen und Personen vergeben wird, die im Sinne Leon Zelmans und des Jewish Welcome Service‘ wirken. Das Preisgeld von 5.000,– € soll einen Beitrag zur Fortführung des jeweiligen Projekts bzw. der jeweiligen Initiative leisten. Ausgezeichnet werden Initiativen, die sich im Sinne Leon Zelmans aktiv für die Erinnerung an die Shoah, deren Erforschung sowie den „Kampf gegen das Vergessen und für den Dialog zwischen dem heutigen Österreich und den Überlebenden der NS- Verfolgung und insbesondere ihren Nachkommen als Basis für eine gemeinsame Zukunft einsetzen“ – wie die Vergabekriterien besagen und eine Gedenktafel für Leon
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 12. 2021 Österreich, Europa und die Welt 47 Zelman am Palais Epstein festhält. Auf diese Weise will der Preis vor allem zivilgesellschaftliches Engagement und das Eintreten gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stärken und darüber hinaus Bildungs- und Jugendarbeit sowie Projekte zum interkulturellen Dialog fördern. Angeregt wurde der Preis vom langjährigen Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Der Leon Zelman-Preis wurde heuer zwei Mal vergeben und zwar an das Dialogprojekt „Likrat“ und den Republikanischen Club – Neues Österreich (lesen Sie dazu auf der Seite 63 der „Österreich Journal“-Ausgabe 200 vom 15. Oktober 2021 unter der un - tenstehenden Adresse). Die folgenden Grußbotschaften entstammen der Festschrift „40 Jahre Jewish Welcome Service Vienna“, die auf der Homepage des JWC zum Download bereit steht: Foto: PID / Schaub-Walzer Eine Gruppe von „Welcome to Vienna“ folgte der Einladung ins Wiener Rathaus Bundespräsident Alexander Van der Bellen „In Österreich besteht heute ein breiter Konsens, sich jedem menschenverachtenden oder antisemitischen Gedankengut vehement entgegenzustellen. Wir müssen uns der Vergangenheit unseres Landes auch weiterhin stellen und dürfen das unermeßliche Leid, das verursacht wurde, niemals vergessen. Mit dem Haus der Geschichte oder der Shoah- Namensmauern-Gedenkstätte erhalten wir das Erinnern aufrecht – als Zeichen gelebter Solidarität mit jenen, die gelitten haben, die verfolgt und ermordet wurden. Ebenso aber auch als Zeichen für die Zukunft. Dafür, daß solche unfaßbaren Verbrechen nie wieder pas sieren. Ich danke allen, die den Empfang vertriebener Jüdinnen und Juden und deren Nachkommen in Österreich möglich ma - chen. Das hat einen großen realen und einen großen symbolischen Wert“, so der Bundespräsident Bürgermeister Michael Ludwig „Kaum eine europäische Stadt ist so eng mit der jüdischen Geschichte verbunden wie Wien. Viele jüdische Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Wirtschaft haben die Entwicklung Wiens zur mitteleuropäischen Me - tropole mitgeprägt. Auch das ,Rote Wien‘ der Zwischenkriegszeit wäre ohne jüdischen Beitrag undenkbar. Der antisemitische Naziterror setzte dem ein brutales Ende! Wien ist sich seiner geschichtlichen Verantwortung auf grund der Shoah bewußt. Wir dürfen niemals vergessen und müssen als Gesellschaft vehement jeglicher Art von aufkeimendem Foto: Jewish Welcome Service Mitglieder des Neuberger Holocaust Education Center Toronto besuchten das Belvedere Antisemitismus entgegentreten. Heute ist Wien eine weltoffene und internationale Großstadt. Eine besonders wichtige Institution ist der von der Stadt Wien mitbegründete Jewish Welcome Service. Seit 40 Jahren erfüllt der JWS mit seinen Besuchsprogrammen eine wichtige Kommunikations- und Vermittlungsfunktion zwischen aus Wien ver - triebenen Jüdinnen und Juden und deren Nachkommen und der Stadt. Es ist die Stadt Wien, die sich mit der Gründung des JWS be - reits seit den 80er-Jahren für eine aktive und lebendige Gedenkkultur einsetzt. Diese zeigt sich auch in der Errichtung von Mahnmalen im öffentlichen Raum und in der Un ter stüt - »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at zung von Gedenkinitiativen wie ,Steine der Erinnerung‘. Und der jährlichen Durch füh - rung des Leon Zelman-Preises für Dialog und Verständigung“, so der Bürgermeister. Stadträtin Veronica Kaup-Hasler „In einer Zeit, die international von Ab - grenzung zwischen Ost und West gekennzeichnet war und das offizielle Österreich erst spät Schritte zur Aufarbeitung der dunklen Seiten seiner Geschichte setzte, stellte die Grün dung des Jewish Welcome Service 1980 ein Zeichen von Verbundenheit und Aufeinander-Zugehen dar. In den 40 Jahren seines Bestehens hat der Verein mit seiner wichti-
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Foto: BKA / Dragan Tatic Foto: BKA
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© Privatbesitz, Foto: Leopold Muse
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