© Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 12. 2021 Maly schuf ein vielschichtiges Werk, das völlig neue Aspekte des österreichischen Kunstschaffens der Zwischenkriegszeit aufzeigt. In Wien und Paris in den Jahren von 1925 bis 1927 entstanden neben von Porträts von Kaffeehausgästen Bleistiftzeichnungen mit teilweise fantastischen Motiven. Ihre Ar - beiten zeigen stilistische Nähe zu unterschiedlichen Kunstströmungen wie dem Ju - gendstil, dem Expressionismus, Art déco oder der Neuen Sachlichkeit. „Zentrales Motiv im Schaffen der Künstlerin ist der Mensch. Von Selbstbildnissen über Porträts von Familienmitgliedern und FreundInnen bis hin zu Aktstudien bearbeitet Maly in ihrem Werk den menschlichen Körper durch Themen wie Religion, antike My - thologie oder die gesellschaftliche Entwick - lung ihrer Zeit“, unterstreicht Kuratorin An - na Lehninger. Es kam jedoch nicht zur vollen Entfaltung der künstlerischen Fähigkeiten Malys, da sie 1928 in die „Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke Am Feldhof“ in Graz eingewiesen wurde. Die Umstände dieser Einweisung sind ebenso wenig geklärt wie die verhängnisvolle, heute nicht mehr belegte Diagnose „Schizophrenie“. Im Feldhof hielt die Künstlerin mit dem Zeichenstift die anderen InsassInnen fest und gestand ihnen in einfühlsamen Porträts jene Individualität und Würde zu, welche die zunehmende Unmenschlichkeit der Psychiatrie der 1930er-Jahre ihnen absprach. Etwa ab 1930 wurde Ida Malys Stil im - mer grafischer und linearer, manche Blätter Ida Maly, Akt mit Blüten, 1919 © Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum Kultur Ida Maly, Selbstporträt, 1917 sind in nur einer Farbe gestaltet, Schrift – in Form von Bildtiteln und kurzen Phrasen aus dem Munde der Dargestellten – bekommt eine zunehmend wichtige Rolle. Zugleich entwickeln sich die Figuren weiter, werden karikaturartig überzeichnet, beispielsweise 160 mit überdimensioniert großen Köpfen. Das Spätwerk Malys ist zunehemend geprägt von einem radikalen Zerfall der Form. Ida Maly selbst wurde 1941 in Schloß Hartheim in Oberösterreich im Alter von 46 Jahren ein Opfer der grausamen NS-Euthanasie. Das außergewöhnliche Werk der Grazer Malerin und Grafikerin wurde erst in den letzten Jahren wieder entdeckt. Nach der Ausstellung „Ida Maly (1894– 1941). Eine Außenseiterin der Moderne“ in der Neuen Galerie Graz (2005) und der Retrospektive „Ida Maly alles Gute zum 111. Geburtstag“ im Schloß Hartheim (2006) ist die Lentos- Schau erst die dritte Einzelausstellung der Künstlerin in Österreich. „Mit der Aufarbeitung bedeutender Künstlerinnen leisten die Museen der Stadt Linz einen wichtigen Beitrag zur Neuformulierung der österreichischen Kunstgeschichte. Die Ausstellung und die parallel erscheinende Publikation setzen Ida Maly, einer außergewöhnlich begabten und starken Künstlerin ein Denkmal, erinnern an ihre Geschichte und feiern die Qualität ihrer Werke“, betont Lentos Direktorin Hemma Schmutz. „Das Lentos setzt mit der von Anna Lehninger hervorragend kuratierten Einzelaus- »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 201 / 20. 12. 2021 Kultur 161 stellung zu Ida Maly erneut einen Schwerpunkt auf das beeindruckende zeichnerische Werk einer Frau, deren künstlerische Arbeit viel zu lange die entsprechende Würdigung verweigert wurde. In Kombination mit der Ausstellung ,Female Sensibility‘ im Obergeschoss sind im Kunstmuseum zwei Ausstellungen zu sehen, die die Kraft von Frauen in den Mittelpunkt rücken“, erklärt Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer. Die Ausstellung im Lentos Kunstmuseum Linz zeichnet anhand von rund 70 ausgewählten Arbeiten Ida Malys Lebensweg nach und zeigt, wie sie sich zwischen den Stilen bewegte und dabei zu ihrer individuellen künstlerischen Sprache fand. Biografie 1894 Geboren in Wien am 22. Oktober als Ida Franziska Sofia Maly, dort rö - misch-katholisch getauft am 3. No - vember. Vater k. k. Eich-Oberinspektor Franz Maly (1850–1920), Mutter Sofie Maly (1859– 1946), Schwestern Olga (1889–1976) und Paula (1891–19.10.1974). Ende des Jahres Umzug der Familie nach Graz, wo Ida Maly ihre Kindheit und Jugend verbringt und die Freundschaft mit Martha Newes (1894–1984) beginnt. 1912 – 1914 Nach der Matura zwei Jahre Studium der Malerei an der Steirischen Landeskunstschule und vier Monate k. k. Staatsgewerbeschule in Graz. 1914 / 1915 Mehrmonatiges Studium mit Paula Maly an der k. k. Kunstgewerbeschule in Wien. Besuch der Allgemeinen Klasse bei Oskar Strnad, Or - namentale Formenlehre bei Franz Čižek, Schrift und Heraldik bei Ru - dolf von Larisch. Es entstehen Ent - würfe für Kriegerdenkmale sowie einige Ornamentstudien. Im Februar 1915 verlassen die Schwestern ab - rupt die Schule und Wien. 1916 / 17 Zwischen Herbst 1916 und Frühjahr 1917 hält sich Ida Maly in St. Pölten auf. In zwei Briefen an ihre Schwester Paula berichtet sie von der Arbeit in einer nicht näher benannten Fabrik. Teilnahme an Wettkämpfen im Schwimmen und Turmspringen. Aus dieser Zeit datieren nur wenige Werke. 1918 – 1925 Im Herbst 1918 Umzug nach München, wo sie als „Malerin und © Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum Ida Maly, Lesende Frau im Garten, undatiert (1930) »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Schauspielerin“ gemeldet ist. Zunächst kommt Maly bei ihrer Freundin Martha Newes, die als Schauspielerin arbeitet, und deren Mann, dem Regisseur und Schauspieler Hans Carl Müller, unter. Es folgen mehrere Umzüge, schließlich wohnt Maly von 1921 bis 1925 in der Giselastrasse. Die Künstlerin lebt unter anderem von der Anfertigung von Exlibris und Kopien nach Gemälden alter Meister. 1921 Am 8. Jänner Geburt der Tochter Elga Maly (8.1.1921–1.11.1989) in München, die sie unter prekären Le - bensumständen alleine aufzuziehen versucht. 1923 Elga kommt zu Pflegeeltern in Graz. Aufenthalt Ida Malys in Berlin und Dresden, wo im Dezember in der Ge - mäldegalerie eine Kopie der Leda mit dem Schwan von Peter Paul Rubens entsteht. 1924 Besuch in Graz. Entstehung von druckgrafischen Arbeiten und einem gemalten Selbstporträt, das der Neu - en Sachlichkeit zuzuordnen ist. 1925 Mehrmonatiger Aufenthalt in Paris, Anfertigung von Aktstudien und zahl - reichen Zeichnungen von Kaffeehaus - besucherInnen. Im Oktober Rückkehr nach Wien. 1925 – 1927 Ida Maly lebt und arbeitet als „Kunststudierende“ in Wien. Neben dem Anfertigen von Porträts von Kaffeehausgästen entstehen Bleistiftzeichnungen mit teilweise fantastischen Motiven. Ihre Arbeiten zeigen stilistische Nähe zu unterschiedli - chen Kunstströmungen wie dem Ju - gendstil, dem Expressionismus oder der Neuen Sachlichkeit. 1928 Am 29. März Rückkehr der Künstlerin nach Graz, wo sie bei ihrer Schwester Paula Maly wohnt. Am 1. August erfolgt die Einweisung der Künstlerin in die „Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke Am Feldhof“ in Graz, wo sie die nächsten zwölf Jahre lebt und ein stilistisch eigenständiges Spätwerk schafft. 1941 Am 8. Februar Ausstellung einer Ab - stammungsbestätigung in Graz. Um den 11. Februar Transport nach Schloß Hartheim bei Linz, wo sie vermutlich am 20. Februar in der nationalsozialistischen Tötungsanstalt ermordet wurde. Auf dem Totenschein wurde die Todesursache mit „Pneumonie“ an gegeben. n https://www.lentos.at/ https://de.wikipedia.org/wiki/Ida_Maly Liste der vom NS-Regime verfolgten Kunstschaffenden der Bildenden Kunst nennt während der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945) verfolgte Kunstschaffende im Bereich der Bildenden Kunst. Die auf Wikipedia zusammengestellte Liste er - hebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_vom_NS-Regime_verfolgten_Kunstschaffenden_der_Bildenden_Kunst
Ausg. Nr. 201 • 20. Dezember 2021
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