ÖSTERREICH JOURNAL NR. 200 / 15. 10. 2021 Österreich, Europa und die Welt Österreich erinnert an die Opfer von Auschwitz 16 … und stellt sich der Geschichte der TäterInnen – Eröffnung der neuen Österreich-Ausstellung an der Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Die Delegation betritt das Gelände des ehemaligen KZ-Auschwitz (v.l.):: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Polens Vizepremierminister und Minister für Kultur und nationales Erbe Piotr Gliński, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dessen Gattin Doris Schmidauer Am 4. Oktober wurde die neu gestaltete österreichische Ausstellung an der Ge - denkstätte Auschwitz-Birkenau. Nach der Er - öffnung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (Vorsitzender des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus) richteten Marian Turksi, Präsident des Internationalen Ausch - witz Komitees, und Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Worte des Gedenkens an die TeilnehmerInnen der Gedenkfeier. Die polnische Regierung wurde bei der Gedenkfeier durch den polnischen Vizepremierminister und Minister für Kultur und nationales Erbe Piotr Gliński vertreten. Seitens der österreichischen Bundesregierung er - griffen Europaministerin Karoline Edtstadler, Außenminister Alexander Schallenberg und Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer das Wort. Zur Ausstellung selbst spra - chen der Leiter des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau Piotr M. A. Cywiński und die Kuratoren Hannes Sulzenbacher und Albert Lichtblau. Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen „Der Rassismus und Antisemitismus der Nationalsozialisten ist nicht vom Himmel gefallen. Die Konzentrations- und Vernichtungslager sind nicht vom Himmel gefallen. Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen“, leitete Bundespräsident Alexander Van der Bellen seine Rede ein. „Denken wir nur an Karl Lueger, der von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister war. Und zugleich glühender Antisemit, der Zuwanderergruppen gegeneinander ausspielte. Zu Recht wurde übrigens der Dr. Karl-Lueger-Ring im Juni 2012 in Universitätsring umbenannt.“ Antisemitismus und Rassismus seien in der österreichischen Gesellschaftschon vor dem März 1938 sehr präsent gewesen. Der »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Boden war bereitet, der Samen war gesät, als Nazideutschland im März 1938 unter vieltausendfachem Jubel am Heldenplatz in Ös - terreich einmarschierte. Und die Saat sei aufgeganen. „Während die einen noch jubelten,wurden anderen die Türen eingetreten. Im Zuge der Novemberpogrome 1938, dem geplanten, gewalttätigen Vorgehen gegen Jüdinnen und Juden, gegen jüdische Geschäfte, Synagogen und Bethäuser sowie anderen jüdischen Einrichtungen wurden zahlreiche Juden ermordet, viele nahmen sich das Leben. Und Nach - barn, die zuvor friedlich mit Jüdinnen und Juden zusammengelebt hatten, wurden plötz - lich Täter, die sich an jüdischem Vermögen bereicherten“, so der Bundespräsident. Aus der Abwertung seien Entwürdigung und Diskriminierung, schließlich Entmensch - lichung und Ermordung geworden. „Und all das gipfelte im systematischen, mit industriellen Methoden durchgeführten Völkermord, dem Holocaust, für den das Vernich-
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 200 / 15. 10. 2021 Österreich, Europa und die Welt 17 Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Bundespräsident Alexander Van der Bellen … Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bei ihren Reden zur Eröffnung der Ausstellung tungslager Auschwitz-Birkenau zum Symbol geworden ist.“ 1,1 Millionen Menschen wurden hier von den Nationalsozialisten ermordet, darunter auch zehntausende Menschen aus Österreich, in der Mehrzahl Jüdinnen und Juden, aber auch Roma und Sinti, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung, politisch Verfolgte, Widerstandskämpfer und Deserteure, Kriegsgefangene aus der Sowjetunion, Vertreter der polnischen Intelligenz. „Und auch, wenn Österreich als Staat nicht mehr existierte, sondern als ,Ostmark‘ Teil des sogenannten Dritten Reiches war, so waren doch viele Menschen unseres Landes, teils an führender Stelle, unter den Tä - tern und Täterinnen in diesem Vernichtungsprogramm“, betonte das Staatsoberhaupt. Wir alle würden diese Geschichte kennen und doch sei es lange Zeit Staatsdoktrin ge we sen, daß Österreich das erste Opfer des Natio - nalsozialismus sei – unter Ausblendung der Vorgeschichte und der Täter- und Täterinnenschaft vieler Menschen unseres Landes. Das habe sich auch in der 1978 eröffneten ersten österreichischen Ausstellung widergespiegelt, die in diesem Sinne ein Kind ihrer Zeit gewsesen sei. „Allerdings spiegelte sie auch die persönliche Opfer-Erfahrung jener wider, die einst Insassen des Lagers Ausch - witz-Birkenau gewesen waren und maßgeblich zur Gestaltung der Ausstellung beigetragen hatten“, so Van der Bellen. Insgesamt sei sie jedenfalls von vielen Seiten, sowohl national als auch international, zu Recht als nicht mehr zeitgemäß betrachtet worden. An ihre Stelle seit heute nach langem Vorlauf die neue österreichische Ausstellung mit dem Titel „Entfernung – Österreich und Auschwitz“ getreten. „Sie soll die Erinnerung an das Schicksal der österreichischen Opfer und den Widerstand von österreichischen Häftlingen wachhalten und zu - gleich die Involvierung von Menschen unseres Landes als Täter und Täterinnen darstellen.“ Es ist unser Wille und unsere Verpflichtung, die Erinnerung an die Opfer zu bewahren“, fuhr der Bundespräsident fort. „Und es ist unser Wille und unsere Verpflichtung, dar - an zu erinnern, daß nicht nur die Opfer, sondern auch die Täter und Täterinnen Teil un - serer Gesellschaft waren und von ihr geprägt waren. Insoferne trägt Österreich ,Mitverantwortung für das Leid, das zwar nicht Österreich als Staat, wohl aber Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker ge - »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at bracht haben‘, wie das Bundeskanzler Franz Vranitzky 1991 vor dem Nationalrat einbekannte.“ Dem Andenken der Opfer des Holocaust würden wir nur gerecht werden, wenn wir da - für sorgten, daß Menschenverachtung, Sündenbockdenken und Gewalt niemals wieder als politisches Instrument eingesetzt würden. „Niemals wieder“ bedeute, daß „wir uns jeglichem Versuch der Zerstörung des Rechtsstaates und der liberalen Demokratie entschieden entgegenstellen und die Grund- und Freiheitsrechte verteidigen. ,Niemals wie der‘ bedeutet, sich den Versuchen nationalistischer Selbstüberhöhung entgegenzustellen und für ein gleichberechtigtes Miteinander einzutreten. ‚Niemals wieder‘ bedeutet aber vor allem: keine Toleranz gegenüber Rassismus, keine Toleranz gegenüber Antisemitismus“, unterstrich der Bundespräsident, denn: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde geboren!“ Sobotka: Konfrontation mit unserer Geschichte kann keine Konfrontation mit einer halben Geschichte sein „Gedenken verlangt nach Konsequenzen“, betonte Nationalratspräsident Sobotka. Einige Konsequenzen würden klar auf der Hand liegen: Es könne keinen Kompromiß mit dem Antisemitismus geben. Das bedeute auch, dem Antizionismus und der Delegitimierung des Staates Israel mit aller Entschie - denheit entgegenzutreten. „Keine Weltanschauung, keine Bewegung, keine Partei und auch keine Religion hat das Recht, sich über andere, über die Demokratie und den Rechts - staat zu erheben“, sagte Sobotka.
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Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere,
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