ÖSTERREICH JOURNAL NR. 197 / 12. 02. 2021 Wissenschaft & Technik Kann die Existenz Dunkler Materie belegt werden? 98 PhysikerInnen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der TU Wien wollen mit einem neuen Experiment nachweisen, ob ein bislang nicht bestätigtes Signal tatsächlich die Existenz Dunkler Materie belegt. Foto: MPP / Karoline Schäffner Die Charakterisierung von Dunkler Ma - terie hat sich für die Physik als große Herausforderung entpuppt. Die Wissenschaft - lerInnen sind sich sicher, daß es sie gibt, welche Eigenschaften sie hat, ist aber unklar. „In astronomischen Beobachtungen können wir Dunkle Materie indirekt über ihre Gravitation nachweisen. Aber gesehen hat sie noch niemand. Vielleicht wäre ,transparente Ma - terie‘ ein besserer Begriff, weil Dunkle Ma - terie nicht elektromagnetisch wechselwirkt und Licht einfach durchgeht“, sagt Florian Reindl von der gemeinsamen Forschungsgruppe des Instituts für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der TU Wien. Blick auf den Bauplatz des COSINUS-Experiments, 1.400 Meter unter der Erde im Laboratori Nazionali des Gran Sasso in den italienischen Abruzzen in Halle B des LNGS Seit 20 Jahren rätselhafte Signale In den vergangenen Jahren wurden viele Experimente entwickelt, die den direkten Nachweis von Dunkler Materie erbringen sollten. Eines davon liefert seit 20 Jahren tatsächlich ein Signal: „Das DAMA-Experiment basierte auf der Idee, daß sich die Erde auf ihrer Bahn durch den Dunkle-Materie-Hin - tergrund der Galaxie bewegt. Dann hätte sie im Sommer Gegenwind und im Winter Rükkenwind und ein Detektor auf der Erde sollte bei Gegenwind mehr Ereignisse messen als bei Rückenwind. DAMA mißt seit mehr als 20 Jahren ein solches Signal, das allerdings von keinem anderen Experiment bisher be stätigt werden »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at konnte. Dieses Rätsel wollen wir mit unserem COSINUS-Experiment lö sen“, erklärt Reindl, der das Experiment als Sprecher leitet. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Entwicklung passender Detektoren. Für COSINUS – das Kürzel steht für Cryogenic Observatory for SIgnals seen in Nextgeneration Underground Searches – werden spezielle Natriumiodid-Tieftemperaturdetek - toren eingesetzt. Wird ein Atomkern im Kristallgitter eines solchen Kristalls von einem Teilchen der Dunklen Materie getroffen, so erwärmt sich der Kristall und leuchtet auf. Die gleichzeitige Auslese von Erwärmung und Licht wurde im Rahmen von CRESST
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 197 / 12. 02. 2021 Wissenschaft & Technik 99 entwickelt, einem der führenden Experimente zur Suche nach Dunkler Materie. „Auch DAMA benutzt Natriumiodidkristalle. Das macht einen Vergleich mit anderen Experimenten schwierig, weil diese an - dere Materialen nutzen. Wir verwenden nicht nur daßelbe Detektormaterial, sondern können es auch als einziges Team auf der Welt bei Tieftemperatur tun. Damit sind die Sensoren so empfindlich, daß wir sogar sa - gen können, ob der Kern oder die Hülle eines Atoms im Detektor von potenzieller Dunkler Materie getroffen wurde“, sagt Reindl, der die Idee zum Experiment gemeinsam mit Karoline Schäffner vom Max-Planck-Institut für Physik in München hatte. Hochempfindliche Apparatur abgeschirmt durch Fels und Wasser Weil das Experiment so empfindlich ist und damit anfällig für Störungen, muß es extrem gut abgeschirmt werden. Die PhysikerInnen bauen ihr Experiment daher im italienischen Gran Sasso auf, 1.400 Meter tief in einem Berg. „Zusätzlich werden die De - tektoren noch mit Wasser abgeschirmt, weil Foto: MPP / Karoline Schäffner Offenes Detektormodul des COSINUS-Experiments wahrend des Zusammenbaus. Zu sehen ist der kubische Natriumiodid-Kristall und seine aus Kupfer gefertigte Halterung. Signals möglich. Florian Reindl: „Im Prinzip messen unsere Detektoren nicht nur Kollisionen durch das entstehende Licht, sondern auch noch den Energieeintrag mit einem Thermometer. Dieses System lässt sich genau kalibrieren und gibt sehr viel Information über die Kollisionen her.“ Foto: MPP / Karoline Schäffner Montage eines COSINUS Detektormoduls in einer Glovebox unter Stickstoffatmosphäre die natürliche Strahlung im Berg sonst eine Menge Interaktionen mit den Hüllen von De tektoratomen liefern würde. Damit sollten auch Dunkle-Materie-Signale, die wir hauptsächlich an den Atomkernen der Kristalle er - warten, klarer hervortreten“, sagt Reindl. Da man noch wenig über Dunkle Materie und ihre Wechselwirkungen weiß, sind die Un sicherheiten in Experimenten groß. „Wenn wir das DAMA-Signal bestätigen könnten, wäre das der Nachweis, daß Dunkle Materie ein Teilchen ist, das mit normaler Materie wechselwirkt. Das wäre schon ein großer Schritt. Jetzt haben wir die Technologie, um diese Frage zu klären“, erklärt Reindl. Denn durch die neuen Tieftemperaturdetektoren ist eine exakte Prüfung des DAMA- Grünes Licht für Aufbau des Experiments Die PhysikerInnen haben nun grünes Licht für einen der begehrten Plätze im Untergrundlabor von der wissenschaftlichen Leitung der Laboratori Nazionali del Gran Sas - so erhalten. „Derzeit läuft die Planungsphase. Der Wassertank soll noch Anfang 2021 installiert werden. Der Start-Termin für 2022 könnte auch in der aktuellen Coronakrise halten“, hofft Reindl. Dann müssen die Messungen mindestens ein Jahr lang laufen. Da - nach werden die ForscherInnen mehr über das DAMA-Signal wissen. Neben dem Institut für Hochenergiephysik der ÖAW und dem Atominstitut der TU Wien sind als weitere Partner das Istituto Na zionale di Fisica Nucleare (INFN), das Helsinki Institute of Physics (HIP), sowie das Max-Planck-Institut für Physik in München am Experiment beteiligt. Die Natriumiodidkristalle werden am Shanghai Insitute for Ceramics (SICCAS) produziert. n https://www.oeaw.ac.at/ https://ati.tuwien.ac.at/ »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 197 • 12. Februar 2021
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