ÖSTERREICH JOURNAL NR. 197 / 12. 02. 2021 Österreich, Europa und die Welt Präsentation der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus Vizekanzler Werner Kogler und Bundesminsterin Karoline Edtstadler: Österreich hat besondere Verantwortung für den Schutz jüdischen Lebens 12 Foto: BKA / Hans Hofer Im Bild (v.l.n.r.) die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katharina von Schnurbein, Vizekanzler Werner Kogler, Bundesministerin Karoline Edtstadler und der Präsident der Israelischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch Gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler präsentierte Bundesministerin Karoline Edtstadler am 21. Jänner die Nationale Strategie gegen Antisemitismus der Bun - desregierung im Rahmen einer Pressekonferenz, an der auch der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich, Os - kar Deutsch, und die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katha - rina von Schnurbein, teilnahmen. Die Bun - desministerin für EU und Verfassung betonte eingangs, daß Antisemitismus „viele Gesichter und Ausprägungen“ habe und „der Kampf dagegen ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung“, so Edtstadler. Österreich habe eine historische Verantwortung, insbesondere vor dem Hintergrund des dunkelsten Kapitels in der Geschichte, der Shoah. Sie erinnerte an jüngste Angriffe und Gewaltattacken wie jene auf Eli Rosen im Sommer letzten Jahres in Graz und den Terroranschlag im November 2020 in der Wiener Innenstadt, nahe der Synagoge. Edtstadler: Gewalt beginnt mit Worten „Jüdinnen und Juden wurden in der Ge - schichte immer wieder zu Feinbildern ge - macht. Durch das Internet zieht sich eine Welle an Verschwörungstheorien mit antisemitischen Inhalten. Es macht mir Angst, daß dies von der digitalen in die analoge Welt überschwappt“, betonte Edtstadler. Was ge - stern noch in den sozialen Medien gestanden sei, erlebe man heute auf den Straßen. Es gebe einige Gruppierungen, die den Holocaust verharmlosen. „Als Verfassungsministerin stimme ich dem Recht auf Meinungsfreiheit zu. Aber viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Demonstrationen nehmen in Kauf, daß NS-Parolen verbreitet werden. Ge - walt beginnt mit Worten“, so die Ministerin. Koordination der Maßnahmen über Stab - stelle – Gesetz zum jüdischen Kulturerbe Im Jahr 2019 habe die Israelitische Kultusgemeinde rund 550 antisemitische Vorfälle registriert, doppelt so viele wie vor fünf »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Jahren. Wobei viele Vorfälle aus Scham oder Resignation nicht zur Anzeige gebracht würden. „Wir wollen Antisemitismus an den Rändern und in der Mitte bekämpfen, egal von wo er kommt und egal, ob importiert oder autochthon“, verwies Edtstadler auf die vorherrschenden Tendenzen. „Mit dem jüdischen Kulturerbegesetz erhalten jüdische Ge - meinschaften jährlich jeweils 4 Millionen Euro zur Förderung jüdischen Lebens. Die nun erstellten 38 Maßnahmen aus den verschiedenen Ressorts sind in einer Strategie zusammengeführt, die zentral im Bundeskanzleramt koordiniert wird und durch eine Stabstelle umzusetzen ist.“ 2018 sei unter dem österreichischen EU- Ratsvorsitz eine Definition von Antisemitis - mus angenommen worden, woraufhin an al - le Mitgliedsstaaten der Auftrag erging, eine nationale Strategie ins Leben zu rufen. In Österreich soll diese als Wegweiser und Im - pulsgeber fungieren. Die Verfassungsministe - rin sei stolz darauf, daß Österreich eine kon-
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Dazu kommt die Sicherstellung von effektiver Verfolgung einhergehend mit einer entsprechenden Sensibilisierung der Behörden.“ Eine Rolle spiele zudem das Ein - beziehen von Zivildienern und des Bundesheers. „Bei der Integration legen wir einen verstärkten Fokus auf die Vermittlung präventiver Maßnahmen in Bezug auf Antisemitismus.“ Großer Wert werde auch auf die Dokumentation und den europaweiten Austausch gelegt, um Tendenzen zu erkennen und entgegentreten zu können: „Eine Dokumentationsstelle soll in Kooperation mit der Kultusgemeinde auf europäischer Ebene vergleichbare Daten sammeln und evaluieren, wer welche Daten sammelt und was darin festgehalten wird.“ Die Einbeziehung der Zivilgesellschaft bezeichnete Edtstadler als Schlüssel zum Erfolg – man werde daher eine Plattform für den gesellschaftlichen Aus - tausch auf den Weg bringen. „Wir stehen am Beginn eines Prozesses, einer Vision von ei - ner Gesellschaft frei von Antisemitismus, wo jüdisches Leben gedeihen kann. Jetzt stellen wir die Weichen für die Zukunft, um sicherzustellen, daß jüdisches Leben Teil un - serer Gesellschaft ist, weswegen wir es schüt - zen, fördern und sichtbar machen wollen“, betonte Edtstadler. Kogler: Für die Sicherheit der Jüdinnen und Juden sorgen Vizekanzler Werner Kogler betonte bei der Präsentation der Strategie: „Österreich hat eine historische und vor allem immerwährende Verantwortung und Verpflichtung, entschieden gegen Antisemitismus aufzutreten. Wir haben für die Sicherheit der Jüdinnen und Juden in unserem Land zu sorgen.“ Die grausame Judenverfolgung durch das menschenverachtende NS-Vernichtungsregime habe die jüdische Gemeinde in Österreich fast vollständig ausgelöscht. Menschen wurden in Konzentrationslager verschleppt, was viele nicht überlebten. Darüber hinaus habe die verfehlte Politik in den ersten Jahrzehnten der Zweiten Republik letztlich dazu geführt, daß die jüdische Gemeinde in Österreich heu - te nur noch rund 15.000 Angehörige zählt. Diese Gemeinde führe heute wieder ein le - bendiges kulturelles Leben. Umso erschrekkender sei es, wenn Jüdinnen und Juden im - mer noch mit antisemitischen Angriffen konfrontiert seien. Foto: BKA / Andy Wenzel Am 27. Jänner überreichte Bundesministerin Karoline Edtstadler die Nationale Strategie gegen Antisemitismus an Bundespräsident Alexander Van der Bellen. „Die Republik hat die Verantwortung für den Schutz all seiner Bürgerinnen und Bürger und besondere Verantwortung für den Schutz jüdischen Lebens, seiner Kultur und seines Lebensraums. Denn die jüdischen Zen - tren sind bedauerlicherweise heute wieder Angriffsziel von Extremisten“, so Kogler. Ausgangspunkt für immer neue verabscheuungswürdige Anfeindungen gegen Jüdinnen und Juden sei vielfach dort, wo Verschwörungstheorien propagiert und Sündenböcke gesucht werden. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Antisemitismusstrategie aktueller und notwendiger denn je Auch die Bilder von sogenannten Anti- Co rona-Demonstrationen, bei denen sich Teil - nehmerInnen den Judenstern anheften würden, um sich selbst als Opfer eines Unrechts auszuweisen, zeugten von der perversen An - strengung, die Täter zu Opfern zu machen. Solche Taten seien aber nur die Spitze eines Eisbergs. Sie würden deutlich machen, daß man in Österreich einen gemeinsamen Auftrag zur Bekämpfung von Antisemitismus, Ras sismus und gewalttätigen Extremismus habe. „Diesen Auftrag und diese Herausforderung nimmt die Bundesregierung selbstverständlich an. Die vermehrten antisemitischen Vorfälle und Attentate machen auch klar, daß jüdische Einrichtungen eines be - sonderen staatlichen Schutzes bedürfen“, sag - te der Vizekanzler. Eine Antisemitismusstrategie zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen von An - tisemitismus sei aus diesen Gründen aktueller und notwendiger denn je. Diese Strategie sei ein Bildungs- und Kommunikationsauftrag, der seinen Niederschlag in Staat und Gesellschaft finden müsse. „Das wird nur gelingen, wenn wir alle diese Vorhaben in un - serem Umfeld unterstützen und zur Umsetzung beitragen. Nur wenn wir auf allen Ebenen dafür eintreten und kämpfen, daß Jüdinnen und Juden genauso wie andere von Rassismus Betroffene in Österreich frei und ohne Angst leben können, nur dann lebt die Hoffnung auf Zusammenhalt und ein gutes Zu - sammenleben“, so Kogler. Deutsch: Strategie mit Leben erfüllen – Jeder ist dazu aufgefordert Der Präsident der Israelitischen Religions - gesellschaft Österreich, Oskar Deutsch, zeigte sich erfreut über die Fertigstellung der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus, die nun „mit Leben erfüllt“ werden müsse. Auch wenn in Österreich nach der Shoah wieder eine „einzigartige jüdische Kultusgemeinde“ entstehen konnte, so gebe es immer noch Judenfeindlichkeit und gewaltsame Übergriffe. „Wenn aus Worten Taten werden, ist es schon zu spät. Daher ist jeder Mensch in diesem Land aufgefordert, sich gegen An - tisemitismus dort aufzulehnen, wo er als Vor - urteil daherkommt“, so Deutsch. Wer sich feindseligen Worten nicht entgegenstelle, neh me in Kauf, daß Haß und Gewalt entstünden. Die österreichische Strategie sei ein „dringend notwendiger Schritt“ und könne als Vorbild für andere EU-Staaten dienen. Die
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Foto: Christian Hartl-Nesic ÖSTERR
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