ÖSTERREICH JOURNAL NR. 196 / 07. 12. 2020 Martin von Tours war der Erste, der nicht als Märtyrer, sondern als „Bekenner“ allein aufgrund seines Lebenswandels als Heiliger verehrt wurde. Er wurde um das Jahr 316/317 in der Stadt Savaria, dem heutigen Szombathely (Stein- amanger) geboren. Auf Wunsch seines Va - ters trat er als junger Mann in die Armee ein. Mit 18 Jahren ließ er sich taufen, quittierte seinen Militärdienst und wurde Eremit. 371 wurde er auf Wunsch des Volkes zum Bischof von Tours an der Loire ernannt. Er verstarb am 8. November 397 in seiner Diözese und wurde am 11. November in Tours beigesetzt. Heute befindet sich sein Grab in der 1902 neu erbauten Martinskirche in Tours, die die alte, fünfschiffige Basilika ersetzt. Anfang des 6. Jahrhunderts, nach dem Sieg über die arianischen Westgoten (507), erhob der Franken - könig Chlodwig den heiligen Martinus zum Schutzpatron des Frankenreiches. In der Ka - rolingerzeit gelangte die Martinsverehrung allmählich auch nach Osten, in den heutigen burgenländisch-westungarischen Raum. Mit dem Dekret des Heiligen Stuhles vom 10. De - zember 1924 wurde die Erhebung des heiligen Martin zum burgenländischen Landespatron schließlich offiziell verkündet. Ausserdem ist Sankt Martin auch Patron der Diözesen Szombathely, Mainz und Rotterdam. Der Feiertag geht auf eine Legende aus dem Jahr 334 nach Christus zurück. Martin war als römischer Offizier in Armenien stationiert. Als er eines Tages einem frierenden Bettler begegnet, teilte er, der Offizier, kurzerhand seinen Mantel mit dem Schwert und gab dem armen Mann eine Hälfte. Des Nachts erschien ihm dann Christus im Traum, be - kleidet mit dieser Hälfte seines Mantels. Durch diese barmherzige Tat ist St. Martin zu einem Symbol christlicher Demut geworden. Im Mittelalter entwickelte sich daraus eine ganze Reihe von Bräuchen, die sich bis heute erhalten haben. Dieser „besonders volkstümliche Heilige“ und einer der beliebtesten Heiligen ganz Eu - ropas, wie Kurienkardinal Koch den Heiligen Martin im Rahmen der gemeinsamen Festmesse mit Diözesanbischof Zsifkovics 2018 bezeichnete, wird in Messen mit gelebtem Brauchtum gefeiert. Dazu zählt auch das Segnen und Verteilen des Martinskipferls. Religion und Kirche Martin von Tours Ein Blick auf Geschichte, Brauchtum und Legenden Foto: kathbild.at / Franz Josef Rupprecht Darstellung des Heiligen Martin in der Pfarrkirche St. Martin an der Raab »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at/ 98 Als „Heiliger für alle“ bezeichnet Bischof Zsifkovics Sankt Martin, und weist so nicht nur auf die Bedeutung des burgenländischen Landespatrons, sondern auch auf das Motto der Diözese Eisenstadt im Jubiläumsjahr „Für die Menschen da“ hin. Tief verwurzelt sind die jährlichen Martinsumzüge um den 11. November. Sie ge - hen auf den Lichterzug zurück, der den Verstorbenen 397 auf seinem letzten Weg be - gleitete. Kinder ziehen mit selbstgebastelten Laternen durch die Straßen und singen Martinslieder. Anschließend wird die Legende rund um die Mantelteilung des heiligen Martins nachgespielt und Martinswecken – aus Germteig und Rosinen gebackene Männchen – gegessen. Der Brauch an diesem Tag eine „Martinigans“ zu verzehren erinnert an die Legende, wonach sich der Heilige in einem Gänsestall versteckte, um seiner Wahl zum Bischof durch das Volk zu entgehen. Die schnatternden Tiere verrieten ihn jedoch. n https://www.martinus.at/
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 196 / 07. 12. 2020 Wissenschaft & Technik Lebensweise in der Trias-Zeit Fossiler Kot als Fenster in die Erdgeschichte bringt neue Forschungsergebnisse In einem Forschungsprojekt des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) und der Schlesischen Universität in Katowice (Polen) ist es erstmals gelungen, einzigartige Wirbeltier-Exkremente aus der Triaszeit der Nördlichen Kalkalpen zu erforschen. Damit läßt sich die Lebensweise der Tiere vor 220 Millionen Jah ren rekonstruieren. Alexander Lukeneder, Paläontologe am NHM, und Ma riusz Salamon und Dawid Sur mik von der Schlesischen Universität in Katowice analysierten gemeinsam 220 Mil - lionen Jahre alten fossilen Kot sowie Speiballen (hochgewürgte Nahrungsreste) aus den Reingrabener Schiefern Niederösterreichs. Erstmals ist es dabei gelungen, diese einzigartigen Wirbeltier-Exkremente aus der Triaszeit der Nördlichen Kalkalpen zu erforschen und Meeresfischen zuzuordnen. Dabei konnten sowohl Exemplare aus der Sammlung des NHM Wien als auch neues Material, das durch die Citizen Scientists Birgitt und Karl Aschauer aus Waidhofen an der Ybbs entdeckt wurde, untersucht werden. Im fossilen Erbrochenen fanden sich hunderte zerbissene Schalen von Beute-Ammoniten und Armhäkchen von Tintenfischen. Diese konnten vom Räuber nicht verdaut werden und wurden wieder ausgewürgt. Der Hauptteil der Funde ist aber fossiler Kot. Mit Mi - krotomographie, Rasterelektronenmikroskopie sowie diversen geochemischen Analysen wurden die fossilen Proben analysiert. „Frei nach dem Motto ‚Zeige mir deinen Kot und ich sage dir, wer du bist‘ kamen wir zu der Erkenntnis, daß die Speiballen von Acrodus, einem 1-Meter großen Meeresfisch der Triaszeit, produziert wurden. Es handelt sich dabei um einen marinen, haiähnlichen Knorpelfisch, der alle Ammoniten und Tintenfische jagte“, resümiert Alexander Luken - eder. Diese Weichtiere schwammen nahe am Meeresboden und im offenen Meer. Sein be - sonders angepaßtes Gebiß mit flachen Zähnen erlaubte es Acrodus, die hartschalige Beu te zu knacken und zu verschlingen, aber eben nicht zu verdauen. Die störenden Schalenreste würgte der Fisch wieder hoch. Diese spezielle Art, sich von hartschaligen Organismen zu ernähren und deren harte Schalen zu zerknacken, wird als Durophagie be - zeich net. © NHM Wien © NHM Wien Rekonstruktion des Trias Meeresfischs Acrodus Fossile Fischschuppen Der überwiegende Teil der Fosilien sind Kotreste von kleineren Fischen wie den Strah - lenflossern Gigantopterus, Saurichthys oder Polzbergia, die in großen Schwärmen den Tethys-Ozean bevölkerten. Diese wiederum fraßen andere Fische – tausende Fischschuppen in ihrem Kot belegen diese Lebensweise. Alexander Lukeneder und seine Kollegen zeigen in dieser Studie das unerwartete Po - tential von fossilem Kot und Erbrochenem für die Rekonstruktion von Lebensweise, Öko - »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at/ 99 logie und Ernährungsstrategien vieler Meeresbewohner der Triaszeit. Die Funde legen nahe, daß Durophagie, also das Fressen hartschaliger Tiere, sich erst in der Triaszeit durchsetzte und damit die Ökosysteme revolutionierte. Die fossilen Fische und deren Exkremente werden nach der Covid-19-bedingten vorübergehenden Schließung des NHM im Saal 8 ausgestellt sein. n https://www.nhm-wien.ac.at/
Ausg. Nr. 196 • 7. Dezember 2020
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