ÖSTERREICH JOURNAL NR. 196 / 07. 12. 2020 Chronik Eisriesenwelt – die größte Eishöhle der Erde 86 Die Bergwelt des Salzburger Landes ist reich an Höhlen, unter denen sich in alpinen Verhältnissen auch eine beachtliche Anzahl von Eishöhlen befindet. Nur ein Höhlensystem jedoch besitzt internationale Bedeutung – die 44 km südlich der Landeshauptstadt Salzburg bei Werfen im Pongau gelegene Eisriesenwelt. Die Eisriesenwelt gilt als die größte Eishöhle der Welt. Ihr Höhlensystem um - faßt auf insgesamt 42 km Länge aneinandergereiht riesige Hallen, Gänge und Labyrinthe. Im vorderen Bereich verteilen sich auf einer Strecke von einem Kilometer 30.000 m 2 Bodeneis, welches sich bis zu einer Mächtigkeit von 20 Metern auftürmt. Seit 1920 ist dieser Bereich der Höhle erschlossen. Von Mai bis Oktober jedes Jahres kommen BesucherInnen aus aller Welt, um dieses faszinierende, in stetigem Wandel begriffene Naturphänomen des Höhleneises zu erleben. Die Entdeckung und Erforschung der Eisriesenwelt Hoch über dem Tal der Salzach, die in ihrem Mittellauf die nördlichen Kalkalpen von Süden nach Norden durchschneidet, er - hebt sich die mächtige Westwand des Tennengebirges. Hierbei handelt es sich um einen stark verkarsteten und höhlenreichen Ge - birgsstock. In den südlichen Steilhängen des Hochkogels (2283 m), fast genau nördlich des Achselkopfes, befindet sich in 1641 m Höhe der Eingang in die Eisriesenwelt. Lange schlummerten die Eisriesen im Verborgenen, denn es gab früher kein Interesse an derartigen Naturerscheinungen, dies nicht zuletzt auch wegen Aberglaube und Angst vor den „Wintergeistern“. Der Eingang zur Höhle war vermutlich nur einigen Jägern bekannt, denn trotz seiner Mächtigkeit ist das Höhlentor vom Tal aus nicht zu sehen. Im Oktober 1879 hatten der Alpinist und Naturforscher Anton von Posselt-Csorich (*1854; †1911) und sein Bergführer, der Jäger Eckschlager, nach zehnstündiger Kletterei, vom Seeofen (eine weitere Höhle im Tennengebirge) kommend, als Erste den vordersten Teil der Höhle betreten. Bereits drei Jahre zuvor, 1876, hatte Posselt die „Schellenberger Eishöhle“ im Untersberg entdeckt, sodaß ihm die Bedeutung dieses neuen Fundes schnell bewußt wurde, als er etwa 200 m weit in die riesige und bislang unbekannte Foto: Eisriesenwelt Der beeindruckende Eisvorhang an der Ostwand der „Hymirburg“ »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at/
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 196 / 07. 12. 2020 Chronik 87 Foto: Eisriesenwelt Foto: Eisriesenwelt Auf einem gut ausgebauten und steinschlagsicheren Fußweg, dem „Beißzangensteig“, vorbei an schroffen Felsformationen hinauf zum Eingang der Eisriesenwelt in 1641 m Höhe. Höhle vordrang. Dann stieß er jedoch auf einen senkrechten, die Höhle in ihrer ganzen Breite abschließenden Eiswall, Es sollte 33 Jahre dauern, ehe die Höhle weiter erforscht wurde. Im Jahre 1911 hatte der akademische Maler Alexander von Mörk (*1887; †1914), ein junger begeisterter Höhlenforscher, den Salzburger Höhlenverein ge - gründet und gab damit einen wichtigen Im - puls zu einer systematischen Erforschung der Höhlen des Salzburger Landes. Er hatte den 1880 veröffentlichten Bericht Anton von Posselts aufmerksam gelesen und beschloß, die Höhle weiter zu erkunden. Schon 1913, kehrte Alexander von Mörk in die große Eishöhle zurück und betrat als Erster den Gipfel des Eiswalles. Nachdem die Höhlenforscher auch noch eine trockene Abzweigung der Höhle begangen hatten, dürfte ihnen klar ge - worden sein, daß sie eine der bedeutendsten Höhlenanlagen der Welt entdeckt hatten. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 setzte der weiteren Erforschung der Eisriesenwelt vorerst ein Ende. Alexander von Mörk und Hermann Rihl kehrten nicht aus dem Krieg zurück. Erst ein Jahr nach Kriegsende nahm man die weitere Er– forschung der Höhle wieder in Angriff. Maßgeblich bemühten sich damals die Brüder Friedrich und Robert Oedl sowie Walther von Czoernig um die wissenschaftliche Er - kundung. Am 22. September 1919 startete eine gut ausgerüstete Expedition, an der die Gebrüder Oedl, Erwin v. Angermayer, Walter v. Czoernig, Martha Biebl, Poldi Fuhrich und Hermann Gruber teilnahmen. Man drang 1,6 km in das Innere der Eishöhle vor. Hierzu mußte der Sturmsee trockengelegt werden, dessen Wasser in eine Randkluft ab - geleitet wurde. Nun erst stand das gewaltige Höhlensystem der Eisriesenwelt den Forschern offen. Sie gelangten in einen riesigen „Dom“, den sie zu Ehren des Höhlenforschers Alexander von Mörk „Mörkdom“ nannten und wagten sich erstmals bis in den eisfreien Teil der Höhle. Mit Meßpunkten konnte erstmals die Höhlenlage im Gelände festgelegt werden. Spätere Vermessungen mit weitaus präziseren Geräten führten zu dem Ergebnis, daß diese erste Einmessung der Höhle erstaunlich genau gewesen war. Weitere Befahrungen zur Erforschung und zur Vermessung neu entdeckter Höhlenabschnitte folgten. Unter dem grandiosen Eindruck des Na - turdenkmals Eisriesenwelt reiften sogleich Pläne, die überwältigende Schönheit der Höhle für Besucher zugänglich zu machen. Parallel zu den nun intensiv betriebenen Forschungsarbeiten an der Höhle wurde im Jahre 1920 am Achselkopf eine erste Hütte errichtet. Um dem interessierten Publikum die Besichtigung zu ermöglichen, wurden einfache Steiganlagen gebaut. Die offizielle Eröffnung eines Schauhöhlenteils konnte bereits am 26. September 1920 gefeiert werden. Im Jahre 1921 wurde in das bisher nur für geübte Alpinisten begehbare Gelände ein Zugangsweg gebaut, der von Werfen und Ten neck zur Eisriesenwelt führte. In den Eisteil der Höhle wurde 1924 ein durchgehender hölzener Treppenweg eingebaut. Zwischen 1923 und 1926 entstand ein für da - malige Verhältnisse sehr großzügiges Schutz - haus am Achselkopf nahe dem Höhleneingang. Die Organisation der teilweise unter Abendlicher Blick zum Höhleneingangv »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at/ schwierigsten Bedingungen verlaufenden Er schließungsarbeiten lag in den Händen eines der ersten Erforscher der Eisriesenwelt, des Rechtsanwalts Friedrich Oedl. Ihm zu Ehren wurde das Schutzhaus am Achselkopf „Dr.-Friedrich-Oedl-Haus“ genannt. Großartige Entdeckungen Die weitere Erforschung der Höhle hatte indessen zu großartigen Entdeckungen ge - führt. Im Jahre 1921 unternahm die Akademie der Wissenschaften in Wien eine Expedition in die Eisriesenwelt, die nach ausführlicher wissenschaftlicher Bearbeitung ihre Ergebnisse in den Berichten der Bundeshöhlenkommission des Jahres 1922 und in den 1926 erschienenen speläologischen Mono-
Ausg. Nr. 196 • 7. Dezember 2020
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