ÖSTERREICH JOURNAL NR. 194 / 17. 09. 2020 Österreich, Europa und die Welt 64 Foto: Terra Mater Factual Studios / Beverly Joubert Aus der Terra Mater-Produktion »Okawango – Fluß der Träume«: Eine Herde Büffel grast im letzten Licht des Tages zeigt, daß Wildlife-Crime ja nicht nur bei Corona der Ausganspunkt war und ist: Auch Ebola ist eine Zoonose, nur mit dem Unterschied, daß, wer erkrankt, mit recht großer Sicherheit auch stirbt. Wir tun nun aber so, als geschehe das alles ganz weit entfernt von uns. Covid, SARS, AIDS, Ebola und anderes, nur mit Glück und dem frühen, erfolgreichen Einsatz der Wissenschaft hat man es geschafft, diese Zoonosen einigermaßen in den Griff zu bekommen. Statt sich nun aber dem Thema Wildlife- Crime zu stellen und international wie auch von Österreich aus dagegen aktiv zu werden, spekuliert man lieber über Impfungen und pumpt jede Menge Geld hinein – und dann hat man vielleicht eine Impfung, aber was kommt danach? Die Ursachen bestehen weiterhin – bis zur nächsten Epidemie oder Pandemie. Wie bekommt man diese Umweltthemen tatsächlich noch an die Menschen und was heißt das für Produzenten? geschnitten ist, mit dem Titel „The Bastard King“. Worum geht es? Es ist die Geschichte eines Löwen, die nach einem Drehbuch durcherzählt wird. Fertig gestellt ist inzwischen eine französische Fassung, weil Canal+ an der Produktion beteiligt ist. Als Stimme sowie für die Musik konnte ein französischer Rapstar gewonnen werden. Jetzt suchen wir noch nach einer großen Stimme für den internationalen Markt. Dieser Film ist jedenfalls von der Form, der Art der Erzählung aber auch von der Musik her etwas völlig anderes. Wir sind gespannt, wie die Konsumenten und die Sender ihn annehmen werden. Gibt es auch hier einen höheren Sinn dahinter? Es ist eine große Parabel über Rassismus, das Aussterben und Umweltzerstörung. Ziel des Films ist, daß er zum Löwenschutz beiträgt - es gibt nämlich nicht einmal mehr 20.000 und von denen lebt die Hälfte in Gehegen, in denen dann Jagd-Touristen ak - tiv sind. Es ist, wie gesagt, ein Experiment, bei dem uns die Realität die Bilder liefert. Der neue „König der Löwen“ war zwar auch brutal, aber da haben die Leute trotzdem irgendwie das Gefühl, das ist nicht wirklich so. Bei „The Bastard King“ ist alles echt und das sieht man, auch wenn wir versuchen, es zu mildern. Wie finanziert Terra Mater diese allesamt internationalen Produktionen? Die Finanzierungsstruktur hat sich über die Jahre nicht verändert: Wir finanzieren alles, was wir machen, über internationale Co-Produktion und internationale Distribution. Wir nennen uns nicht nur Studio, wir arbeiten auch genau so. Jede Idee wird bei Terra Ma - ter entwickelt und bleibt hier. Die Distribution erfolgt auch von hier aus oder über un - seren neuen Partner in Amsterdam, Off The Fence. Die wurden im Vorjahr von ZDF En - terprise gekauft. Da steht nun also auch jemand Großer dahinter. Wir haben darüber hinaus einen Output-Deal mit ServusTV – falls der ORF will, machen wir gern auch Co-Produktionen mit ihm. Österreichische Themen sind international schwerer zu vermarkten? Was in Österreich viele machen, sind Auftragsproduktionen. Wir produzieren ja zum Beispiel auch für die ServusTV-Reihe „Heimatleuchten“, damit halten wir Kontakt mit der Branche hier. Sonst machen wir in Österreich aber relativ wenig, weil man die Pro- Die große Veränderung wird jetzt kommen, denn Corona bedeutet für alle einen Einschnitt. Trotzdem bleibt im TV-Bereich der klassische, schöne Naturfilm, der viel Eskapismus erzeugt, weiterhin der am meisten nachgefragte. Das ist für uns Produzenten klar. Grüne Botschaften und Wahrheiten muß man also anders transportieren. Wir wollen zum einen das Genre der Feature-Doc weiter entwickeln in Richtung fiktionale Produktionen wie etwa Serien. Aktuell bereits am Laufen ist weiters ein Experiment – ein Spielfilm, der ausschließlich aus Doku-Material Foto: Terra Mater Factual Studios / Nicolas Lago Aus der Terra Mater-Produktion »Pumas – Legenden der Anden«: Ein Pumaweibchen hält wie jeden Tag Ausschau und beobachtet, was sich in seinem Revier so tut. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 194 / 17. 09. 2020 Österreich, Europa und die Welt 65 duktionen vor dem Start der Arbeiten möglichst durchfinanziert haben muß. Eine Produktion, die international wird, ist zum Beispiel über „Die March“. Eine weitere, die wir derzeit in der Finanzierungsphase haben, ist zudem „Wildes Wien“. Dann wird es auf internationaler Ebene aber schon schwierig, weil die Alpen sind für Amerikaner eben eher das Matterhorn als der Großglockner, wobei wir sogar gerade eine Großproduktion über die Alpen laufen haben. Die ist wirklich herausfordernd – im Vorjahr gab es keinen Winter, stattdessen einen zu frühen Frühling. Wir mußten mit mehreren Teams ausrücken, um die Bilder in kürzerer Zeit zu bekommen. Dann kam auch noch Corona. Daß dieser Film wirklich schön wird – er ist derzeit im Schnitt –, kommt einem Wunder gleich. Es ist ja auch so schon schwer genug, in den Alpen zu drehen. Dort ist es nämlich nicht so wie in der Serengeti, daß man – überspitzt formuliert – eine Kamera hinstellt und die Bilder passieren sowieso. Wie ist das Verhältnis zu ServusTV, das, wie auch Terra Mater, zum Red-Bull-Reich ge - hört. Wir haben, wie gesagt, mit ihnen einen Output-Deal für die Terra-Mater-Leiste. Unsere Kino-Filme sind aber beispielsweise nicht bei ServusTV gelaufen. Tatsächlich sind sie beim ORF zu sehen gewesen. Der Grund: Warner Bros. hat sie verkauft. Das ist der Markt und das ist gut so. Sie waren beim ORF „Universum“-Chef, be vor Sie vor gut zehn Jahren und dem Groß - teil des Teams weg sind und Terra Mater gegründet haben. 2021 habt ihr Jubiläum, zehn Jahre. War das der Befreiungs- bzw. Entwicklungsschritt, den Sie sich erhofft hatten? Das, was Terra Mater jetzt tut, ist, soweit ich mich zurückerinnere, genau das, was ich dem ORF angeboten habe, aber was man dort nicht wollte. Innerhalb eines Senders so eine Produktionseinheit hochzuziehen, ist wahnsinnig schwierig. Da kann auch niemand etwas dafür. Es war dann der logische Schritt, mit einem anderen Partner ein Produktionsunternehmen zu gründen, um das Knowhow von insgesamt zwanzig Jahren op timal nutzen zu können. Es kam auch aus der Erkenntnis heraus, daß wir in Österreich ein ganz kurioses Problem haben: Wir sind immer nur im eigenen Land ganz groß und kaum erfolgt der Foto: Terra Mater Factual Studios / Richard Ladkani Foto: Terra Mater Factual Studios / Olivia Chen Aus der Terra Mater-Produktion »The Ivory Game«: Eine Herde Elefanten Schritt raus, machen wir uns selbst ganz klein. Das habe ich nie verstanden. Unser Beispiel zeigt, daß man mit Knowhow und Motivation sehr viel schaffen kann. Das Faszinierende an Österreich liegt ja in dieser kuriosen Mischung aus deutscher Gründlichkeit und italienischer Kreativität. Aus dem heraus wird Tolles geleistet. Wir haben zum Beispiel Ton-Leute in Österreich, die regelmäßig in LA für die großen Awards nominiert werden. Meiner Meinung nach sind sie sogar besser als die Kollegen jenseits des Atlantiks. Die österreichische Filmbranche müsste sich nicht hinter der Kleinheit des Landes verstecken – sie tut es aber trotzdem, und ich verstehe das nicht. „Small is beautiful“, gerade als Produzent kann man beim Dealmaking gut davon profitieren. Das Maß aller Dinge im Bereich Naturfilm war immer die BBC. Wo steht hier Terra Ma - ter? »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Das hat sich sehr verändert. Die Naturfilm- Unit ist in den BBC Studios aufgegangen. Die Kollegen haben sich verlegt auf sehr wenige, sehr aufwändige lange Serien. Wir produzieren eher Specials und Mini-Serien, und so gehen wir uns mehr oder minder zu - fällig aus dem Weg, wenn wir nicht gerade mit einander koproduzieren. Solche Großpro - duktionen verbrauchen so viele Ressourcen und Mitarbeiter, daß man sie nur alle zwei, drei Jahre machen kann. Das ist auch ein Mit - grund, warum Terra Mater derzeit eine solche Preisflut erlebt und die BBC nicht. Wir können deshalb mit Recht behaupten, daß wir derzeit die erfolgreichste Produktionsfirma im Naturfilm weltweit sind. Das nach zehn Jahren erreicht zu haben, macht stolz. Terra Mater produziert, betreibt aber bislang keine eigenen TV-Kanäle etwa auf Streaming- oder Pay-TV-Plattformen. Ist dergleichen angedacht? Aus der Terra Mater-Produktion »Das Lied der Gibbons«: Eine Skywalker-Mutter mit ihrem fünfjährigen Sohn.
Ausg. Nr. 194 • 17. September 202
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Foto: Leopold Museum, Wien / Ouriel
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