ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Wirtschaft 74 tionsgetriebenes Wachstum führen kann. „Mit Maßnahmen wie der Investitionsprämie wurden hier bereits wichtige Schritte angekündigt. Nun muß die rasche und praktikable Umsetzung folgen“, so Neumayer. Weitere konjunkturstärkende Maßnahmen nötig, Diskussionen über altbekannte Belastungsideen höchst entbehrlich Auch müßten zeitnah weitere Maßnahmen folgen: „Wir schlagen schon seit Längerem vor, die im Regierungsprogramm festgelegte Senkung der Körperschaftsteuer auf 21 Prozent zeitnah umzusetzen. Und wir blei - ben dabei: Dies wäre ein starkes wie nachhaltig wirksames Instrument, um Investitionen und damit Beschäftigung anzukurbeln“, so Neumayer. Mit Verwunderung registriere man Diskussionen über altbekannte Belastungsideen wie Arbeitszeitverkürzung, neue oder höhere Steuern. „All das käme geradezu einer Kampfansage an Beschäftigte und Unternehmen gleich. Den Faktor Arbeit mas - siv zu verteuern können wir uns ebenso we - nig leisten, wie Substanzsteuern, die letztlich Betriebe sowie den Mittelstand – und damit Arbeitsplätze – treffen würden. Arbeitsplatzvernichtung mit Ansage führt unweigerlich in die konjunkturelle Sackgasse“, stellte der IV-Generalsekretär unmißverständlich klar. Die Ergebnisse der aktuellen IV-Konjunkturumfrage „Das IV-Konjunkturbarometer, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Ge - schäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, verbessert sich von -19,8 Punkten auf -9,0 Punkte. Ein solcher Punktezuwachs zwischen zwei aufeinanderfolgenden Terminen tritt zwar nicht häufig auf, ist aber nicht außergewöhnlich“, führte IV-Chefökonom Christian Helmenstein aus. Dabei könnten die Verläufe der beiden Teilkomponenten des Konjunkturbarometers kaum gegensätzlicher ausfallen. War es zum vorigen Termin die beispiellos negative Einschätzung der Geschäftsaussichten, welche den Absturz des IV-Konjunkturbarometers bewirkte, während die Einschätzung der Geschäftslage um „lediglich“ 21 Punkte zurückging, ist es nun umgekehrt. Die aktuelle Geschäftslage liegt bei einem Minus von 44 Punkten, während die Geschäftserwartungen auf Sicht von sechs Monaten einen sprunghaften Zuwachs von 66 Punkten einschließlich eines Vorzeichenwechsels aufweisen. Die Erwartungskomponente steigt auf +12 Punkte und markiert damit den höchsten Wert seit dem ersten Quartal 2018. Selbst auf dem derzeit weit unterhalb der Normalauslastung liegenden Aktivitätsniveau erwarten 21 Prozent der be - fragten Unternehmen nicht nur keine Verbes - serung, sondern sogar eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage auf Sicht eines halben Jahres. Optimistisch gestimmt sind 33 Prozent. „Dieses Ergebnis unterstreicht die Er - wartung, daß die Erholung der Wirtschaft ei - nen asymmetrischen V-förmigen Verlauf neh - men wird. Auf den steilen Absturz folgt ein Aufwärtstrend mit anfänglich recht hoher Dynamik, der aber zunehmend verflachen wird“, so IV-Chefökonom Helmenstein. Die Haltung zu den Geschäftsaussichten dürfte auch damit zusammenhängen, daß die Einschätzung der Gesamtauftragsbestände von +17 auf -18 Punkte abreißt, nachdem sich gerade die Auftragsbestände über lange Zeit hinweg – nicht zuletzt während der beiden schwächeren Vorjahre – als recht robust gezeigt hatten. Noch schlechter wird die Kom - ponente der Auslandsaufträge bewertet, die von +9 Punkten auf -21 Punkte zurückgeht. Das bedeutet, daß der Auftragsbestand von einer Mehrheit als so niedrig eingeschätzt wird, daß eine Normalauslastung auf Sicht der kommenden drei Monate nicht erreichbar sein wird. Zudem lehrt die Erfahrung aus 2008, daß manche Aufträge gekürzt, verscho - ben, preislich nachverhandelt oder gestrichen werden könnten. Dieser Vorbehalt gilt, wenngleich in geringerem Ausmaß, nach wie vor. Aus diesen Gründen wird die Produktion, nur äußerst vorsichtig weiter hochgefahren. Der saisonbereinigte Indikator für die Produktionserwartungen für die kommenden drei Monate legt zwar in der Dynamik durchaus spektakulär um 52 Punkte zu, doch reicht die - ser Zuwachs gerade aus, um wieder in positives Terrain von +3 nach -49 Punkten vorzudringen. Damit zusammenhängend hat sich der Indikator für den Beschäftigtenstand zwar etwas von -37 Punkten auf -22 Punkte verbessert, bleibt aber negativ. Der Trend hält somit zwar an, flacht aber ab. Mittels „Corona-Kurzarbeit“ konnte – bei hohem, budgetären Aufwand – ein ansonsten dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit vermieden werden. Jedes 25. Industrieunternehmen will sei - nen Personalstand sogar ausweiten, was das Ausmaß des schon zuvor bestehenden Fachkräftemangels unterstreicht, der sich im Wie - deraufschwung wachstumshemmend auswirken wird. Der Anteil der Unternehmen, welcher mit einem absoluten Rückgang der erzielbaren Verkaufspreise rechnet, nimmt weiter zu (Sal - do -25 nach ‐16). Die je nach Wirtschaftszweig, mitunter sogar je nach Produktportfolio zum Teil stabile, zum Teil katastrophale Mengenentwicklung in Verbindung mit ei - nem zunehmenden Preisdruck setzt den Un - ternehmen massiv zu (Saldo -38 nach -2). Nur noch jedes elfte Unternehmen berichtet von einer guten aktuellen Ertragslage, fast die Hälfte (47 Prozent) bezeichnen diese als schlecht. Aus derzeitiger Sicht sollte es ge - lingen, das enorme Ausmaß der Ertragserosion während des zweiten Halbjahres zumindest zu stoppen (Saldo +7 nach -49 Punkten). Nur eine Minderheit von 28 Prozent erwartet aber eine Verbesserung der Ertragsaussichten bis Jahresende. Schuldentragfähigkeit Österreichs derzeit nicht gefährdet „Trotz massiver budgetärer Belastungen wird die Covid-19-Krise aus heutiger Sicht kein Ausmaß annehmen, welches die Schuldentragfähigkeit der Republik Österreich überfordern würde. Weder Steuererhöhungen noch Ausgabenkürzungen erscheinen da - her sinnvoll, um die Belastungen auszugleichen“, so der IV-Chefökonom. Erstere würden die Investitionsneigung aushöhlen, zwei - tere die unsicherheitsbedingte Konsumzurückhaltung verstärken. Zielführend wäre die Rückkehr zu einem ausgeglichenen Budgetpfad, sobald die konjunkturelle Situation es zuläßt. „Dazu reicht es aus, die Ausgabendynamik unter der Einnahmendynamik zu hal - ten. Auf diese Weise wäre die Rückführung der entstandenen Schulden noch vor 2030 erreichbar“, so Christian Helmenstein ab - schließend. Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 392 Unternehmen mit rund 266.900 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und ne - gativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet. n https://www.iv.at/ »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Wirtschaft Unternehmensdemografie 2018 Rund 90 Prozent der 41.087 Unternehmensneugründungen waren im Dienstleistungsbereich angesiedelt Im Jahr 2018 wurden laut Statistik Austria 41.087 neue Unternehmen in Österreich ge gründet. Gemessen an den insgesamt am Markt aktiven Unternehmen entspricht das einer Neugründungsrate von 7,4 %; gegenüber dem Vorjahr (2017: 7,6 %) ist diese Rate leicht gesunken. Pro Neugründung wurden 2018 im Durchschnitt 1,5 Arbeitsplätze ge - schaffen. Im Produzierenden Bereich (ÖNA- CE 2008 Abschnitte B-F) wurden pro Neugründung mehr Arbeitsplätze (1,8 Beschäftigte) geschaffen als im Dienstleistungsbereich (ÖNACE 2008 Abschnitte G-S: 1,4 Be - schäftigte). Im gleichen Zeitraum wurden 32.006 Unternehmen geschlossen (Schliessungsrate 2018: 5,8 %); durchschnittlich gin - g en pro Schließung 1,6 Arbeitsplätze verloren. 75 Die meisten Neugründungen erfolgen im Gesundheits- und Sozialwesen 89,4 % der Unternehmensneugründungen erfolgten im Dienstleistungsbereich, die meisten davon im Gesundheits- und Sozialwesen (9.129), im Handel (6.366) sowie in den freiberuflichen/technischen Dienstleistun - gen (5.386). Die höchste Neugründungsrate (10,7 %) verzeichnete ebenfalls der Wirtschaftsbereich Gesundheits- und Sozialwesen – dazu zählen etwa die Branchen Hauskrankenpflege, Pflegeheime oder Tagesbetreuung von Kindern – gefolgt von den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (10,4 %). An dritter Stelle stehen ex aequo die Wirtschaftsbereiche Verkehr und sonstige Dienstleistungen mit einer Neugründungsrate von je 10,2 %. Am niedrigsten war der Anteil neu gegründeter Unternehmen bei Wasser- und Abfallentsorgung (2,0 %), im Bereich Energieversorgung (3,3 %) sowie im Bergbau (3,5 %). Die Mehrheit der Unternehmen wird als Klein- und Kleinstbetrieb gegründet Beinahe drei Viertel (73,0 %) der 2018 neu gegründeten Unternehmen waren Einzelunternehmen (29.995). 6.563 Neugründungen (16,0 %) erfolgten als Kapitalgesellschaften; etwas weniger häufig wurden neue Unternehmen in Form von Personengesellschaften und anderen Rechtsformen (4.529 bzw. 11,0 %) gegründet. Auch die Verteilung der Neugründungen nach Beschäftigtengrössenklassen spiegelt die kleinbetriebliche Struktur der österreichischen Wirtschaft wi - der: Die überwiegende Mehrheit (83,4 %) der neu gegründeten Unternehmen waren ohne unselbständig Beschäftigte. 12,6 % der Un - ter nehmen hatten im Jahr der Gründung zwischen einem und vier unselbständig Beschäf - tigte; nur 2,8 % bzw. 1,2 % waren mit zwischen fünf und neun bzw. mit zehn und mehr unselbständig Beschäftigten erstmals am Markt aktiv. Nur jede zweite Neugründung überlebt fünf Jahre Die Überlebensraten der Unternehmen eines Gründungsjahrgangs (d. h. einer Gründungskohorte) sinken von Jahr zu Jahr: Von den 2013 neu gegründeten Unternehmen wa - ren ein Jahr später noch 83,7 % aktiv. Die Zweijahresüberlebensrate (von 2013 auf 2015) betrug 71,6 %; nach drei Jahren waren 62,6 % und nach vier Jahren 56,0 % dieser Gründungskohorte noch aktiv. Die Fünfjahresüberlebensrate betrug nur mehr 50,5 %. Nach Wirtschaftsbereichen betrachtet gab es die höchsten Fünfjahresüberlebensraten in den Bereichen Energieversorgung (72,9 %), Wasserversorgung und Abfallentsorgung (68,3 %), im Grundstücks- und Wohnungswesen (66,0 %) sowie im Bereich Herstellung von Waren (64,4 %). n http://www.statistik.at/ »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 193 • 31. Juli 2020 Das
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
Foto: BMEIA / Gruber ÖSTERREICH JO
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 0
Laden...
Laden...
Laden...
Herzlich willkommen!
Hier können Sie in unserer Magazin-Auswahl bis zum Jahr 2017 blättern.
Die Links auf alle früheren Ausgaben finden Sie am Ende dieser Seite!
"Österreich Journal" – das pdf-Magazin mit Schwerpunkt "Österreich,Europa und die Welt".
Es stehen insgesamt 22.422 Seiten zu Ihrer Verfügung.