ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Innenpolitik Konjunkturpaket, Investitionsprämien steuerliche Entlastung Opposition kritisiert in Nationalratssitzung Bürokratie und Einzelmaßnahmen und wirft Regierung Planlosigkeit und Mutlosigkeit vor Weitere Maßnahmen zur finanziellen Ab federung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sowohl für Private als auch für Unternehmen standen auch am 7. Ju li zu Be ginn der letzten Plenarwoche vor Tagungsende im Mittelpunkt der Sitzung des Nationalrats. So wird unter anderem der Eingangssteuersatz von 25 % auf 20 % gesenkt. Unternehmen erhalten zudem die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung und eines Verlustrücktrags – das heißt, sie können Verluste aufgrund der Corona-Krise mit Gewinnen der Vorjahre gegenverrechnen. Abgabenstundungen und Zahlungserleichterungen werden bis 15. Jänner 2021 verlängert. Auch für die Landwirtschaft sind Erleichterungen vorgesehen. Das Gesetzespaket enthält allerdings auch Regelungen zur Eindämmung von Kurzflügen. Für diese wird die Flugabgabe auf 30 € pro Ticket erhöht. Investitionen sollen bis zu 7 % gefördert werden, für Investitionen im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit/Life Science ist eine Prämie von 14 % vorgesehen. Von der Un terstützung ausgenommen sind allerdings klimaschädliche Investitionen. Die RednerInnen der beiden Regierungsfraktionen erwarten sich vom Konjunkturstär - kungsgesetz und vom Investitionsprämien - gesetz eine Ankurbelung der privaten Kaufkraft und Anreize für Investitionen in Zu - kunftsbereiche wie etwa Klimaschutz. Laut ÖVP werden diese Maßnahmen wie auch die bisherigen Schritte der Standortsicherung sowie der Sicherung und Schaffung von Ar - beitsplätzen dienen, die Konsumkraft werde erhöht, die Liquidität der Unternehmen verbessert, so der Tenor in den Reihen der ÖVP. Man schaffe damit auch Wachstums- und Zukunftsperspektiven. Für die Grünen steht darüber hinaus auch der mit dem Paket initiierte ökologische Transformationsprozeß der Wirtschaft im Mittelpunkt. Seitens der Opposition fiel das Urteil differenziert aus. Auch wenn SPÖ, FPÖ und NEOS viele Punkte, wie etwa die Senkung des Eingangssteuersatzes, den Verlustrück trag und die degressive Abschreibung be grüßten, sparten die drei Parteien jedoch nicht mit Kritik. SPÖ und NEOS warfen insbesondere der ÖVP beinharte Klientelpolitik, etwa zu - gunsten der größeren Landwirtschaftsbetriebe und der Großunternehmen, vor. Für die SPÖ sind die Maßnahmen der Regierung zu wenig und zu mutlos. Die SozialdemokratInnen forderten ein „Kraftpaket“ und brachten dazu auch einen Abänderungsantrag ein, in dem Steuerfreiheit für Bruttoeinkommen bis 1.700 €, die dauerhafte Fixierung des Spitzensteuersatzes von 55 % für Einkommensanteile über 1 Mio. € und weitere Verbesserun - gen für Urlaubs- und Weihnachtsgeld gefordert werden. In den Au gen der FPÖ wiederum sind die Bestimmungen viel zu bürokratisch. Sie lehnt vor allem das Investitionsprä - miengesetz ab, das für sie legistisch große Mängel aufweist. Außerdem sind die Freiheitlichen gegen die Er höhung der Flugabgabe, sie spricht sich für eine völlige Abschaf - fung der Flugabgabe aus. Auch ist sie da ge - gen, daß klimaschädliche Investitionen nicht gefördert werden. Seitens der NEOS wirft man der Regierung ebenfalls zu viel Bürokratie vor, die Pinken orten vor allem ein Miß trauen gegenüber den Un–ternehmen. Konjunkturstärkungsgesetz trotz Kritik einstimmig angenommen, Investitionsprämiengesetz nur mehrheitlch Das Konjunkturstärkungsgesetz passierte den Nationalrat trotz kontroverser Debatte nach einer getrennten Abstimmung schließlich einstimmig. Dabei wurde ein Abänderungsantrag von ÖVP, Grünen und NEOS mitberücksichtigt. Darin wird festgehalten, daß auch unkörperliche Wirtschaftsgüter im Bereich Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life Science der degressiven Ab - schreibung zugänglich sind. Außerdem wird klargestellt, daß die COVID-19 Investitionsprämie auch bei Körperschaften keine Be - triebseinnahme darstellt. Weiters wird die Einkünfteverteilung für bestimmte Einkünfte aus der Landwirtschaft auch auf die Forstwirtschaft ausgedehnt. Das Investitionsprämiengesetz passierte das Plenum mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. Die FPÖ war dagegen. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at 50 Der oben genannte SPÖ-Abänderungsantrag wurde ebenso wie der FPÖ-Antrag zur finanziellen Hilfe für heimische Marktfahrer, um deren Fixkosten und Umsatzausfälle in voller Höhe abzudecken, mehrheitlich abgelehnt. Auch ging der Antrag der NEOS nicht durch. Sie wollten sicherstellen, daß auch auf das Jahr 2021 verschobene Veranstaltungen noch in den Genuß des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 5 % kommen und es dementsprechend zu keinen Umsatzsteuer- Rückzahlungen für Veranstaltungen kommt. Konkret kommt es mit dem nun beschlossenen Gesetzespaket zu einem Vorgriff auf die geplante Steuerreform. So wird aufgrund der Änderungen im Konjunkturstärkungsgesetz der Eingangssatz für die Einkommensteuer rückwirkend ab Jänner 2020 von 25 % auf 20 % gesenkt. ArbeitnehmerInnen, die keine Einkommensteuer zahlen, sollen in Form einer Negativsteuer mit einer höheren Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge im Ausmaß von 100 € entlastet werden. Verbesserungen sind auch für Beschäftigte in Kurzarbeit vorgesehen, um zu verhindern, daß es beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu steuerlichen Nachteilen kommt. Der be - fristet geltende Höchststeuersatz von 55 % für SpitzenverdienerInnen wird allerdings bis 2025 verlängert. Für UnternehmerInnen wiederum gibt es die Möglichkeit eines Verlustrücktrags und einer degressive Absetzung für Abnutzung, die aufgrund des Abänderungsantrags nun auch für unkörperliche Wirtschaftsgüter im Bereich Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life Scienc gilt. Darüber hinaus werden Abgabenstundungen und Zahlungserleichterungen bis 15. Jänner 2021 verlängert. Als Entlastungsmaßnahmen für den Be - reich der Land- und Forstwirtschaft ist etwa die Einführung einer Drei-Jahres-Verteilung für Gewinne oder die Erhöhung der Grenze für die Buchführungspflicht vorgesehen. Schließlich soll für Flüge ab dem 31. Au - gust 2020 auch die Flugabgabe erhöht werden, und zwar auf 30 € pro Ticket für Kurzstreckenflüge (bis 350 km), während für sonstige Flüge 12 € pro Ticket gelten.
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Innenpolitik 51 Im Fokus des Investitionsprämiengesetzes steht die Förderung von materiellen und nichtmateriellen Neuinvestitionen des ab - setz baren Anlagevermögens, die in einer Be - triebsstätte in Österreich realisiert werden. Explizit ausgenommen sind vor allem klimaschädliche Neuinvestitionen, Finanzanlagen, unbebaute Grund stücke, Unternehmensübernahmen und aktivierte Eigenleistungen. Konkret soll die Förderung durch die Ge - währung einer Investitionsprämie in Form eines Zuschusses von 7 % der förderfähigen Kosten erfolgen. Für Investitionen im Zu - sammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit/Life Science ist eine Ver - doppelung der Prämie vorgesehen. Das Förderprogramm, für das ein Budget in der Hö - he von 1 Mrd. € zur Verfügung steht, soll mit 1. September 2020 starten, es umfaßt aber auch rückwirkend Investitionen, die ab 1. August 2020 getätigt wurden. Anträge können bis 28. Februar 2021 gestellt werden. Der Entwurf enthält auch eine haushaltsrechtliche Ermächtigung zur Begründung der entsprechenden Vorbelastungen in den Finanzjahren bis 2025. SPÖ: Plan und Ziel der Regierung nicht zu erkennen, es braucht »Kraftpaket« Für SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner ist weder ein Plan noch ein Ziel der Bundesregierung zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Sozialkrise zu erkennen. Die Maßnahmen seien nicht ambitioniert, sie seien kraftlos und nicht nachhaltig. In den Augen Rendi-Wagners bleiben sie nur Stück - werk. Vor allem der Arbeitsmarkt bereitet den SozialdemokratInnen Sorgen, die Ar - beitslosigkeit werde mit über 9 % auch im kommenden Jahr hoch bleiben und damit der am dramatischsten betroffene Bereich sein, sagte Rendi-Wagner. Sie forderte daher, jetzt gegenzusteuern, um eine verfestigte Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Es brauche eine Kraft - anstrengung, um den Konsum und die Wirtschaft zu stärken, um Arbeitsplätze zu si - chern und zu schaffen. Die SPÖ habe daher einen Vorschlag für das größte Konjunkturpaket der Zweiten Republik vorgelegt, wo - durch 350.000 Arbeitsplätze in den nächsten Jahren geschaffen würden, erläuterte sie. Das, was von der Regierung kommt, bezeichnete sie als einen „Klacks“, der weder Wirkung noch Kraft hat. Ihr Klubkollege Kai Jan Krainer konkretisierte die Forderungen anhand des vorgelegten Abänderungsantrags, der unter anderem durch die Steuerbefreiung von Brutto - einkommen bis 1.700 € eine Entlastung von rund 5 Mrd. € vorsieht. Grundsätzlich hält er wie auch Christoph Matznetter (SPÖ) – dieser sprach von „Pleiten, Pech und Pannen“ vor allem bei der Auszahlung aus dem Härtefallfonds – die Hilfen für zu wenig, für zu langsam und zu bürokratisch. Die ÖVP habe keinen Blick für das Ganze, so Krainer, sie sei blind für die Sorgen der ArbeitnehmerInnen, der Arbeitslosen, der Jugendlichen, der Klein- und Mittelbetriebe und der Ein-Personen-Unternehmen. Sie betreibe stattdessen Klientelpolitik für ihre Spender, für Großkonzerne und Millionäre. Während etwa Min destrentnerInnen und kleine Selbständige nichts bekämen, Arbeitslose fast ihr halbes Einkommen verloren haben und einmalig 450 € erhalten, würden die LandwirtInnen jährlich dauerhaft 450 € bekommen, kritisierte er. Ins gleiche Horn stießen Julia Herr, Sel - ma Yildirim, Reinhold Einwallner und Maximilian Lercher (alle SPÖ). Bauern und Bäuerinnen würden besser behandelt als Ar - beitnehmerInnen, auch auf die PensionistInnen werde vergessen, betonte Lercher. Für jeden Euro, den ArbeitnehmerInnen erhalten, erhalten die LandwirtInnen 3 Euro und die Unternehmen das 30fache, rechnete Herr kri - tisch vor. Menschen haben eine Entlastung verdient, von der sie wirklich etwas haben, merkte Yildirim an. Jene, die wenig haben, be kommen wenig, jene, die mehr haben, be - kommen mehr, so ihr Resümee. Die Maßnah - men seien nicht gut genug, um Österreich aus der Krise zu führen, hielt sie fest. Die Maß nahmen der Regierung seien nur Stück - werk, ergänzte Einwallner, man brauche aber eine nachhaltige Entlastung der Einkommen, und keine Einmalzahlungen und keine kurzfristigen Steuererleichterungen. FPÖ kritisiert Investitionsprämiengesetz als bürokratisch, nicht treffsicher Auch der ehemalige Staatssekretär im Finanzministerium, Hubert Fuchs von der FPÖ, hatte mit einigen Kritikpunkten aufzuwarten, wobei er das Konjunkturstärkungsgesetz ausdrücklich unterstützte, zumal dar - in viele Pläne aus der türkis-blauen Regierung enthalten seien. Besonders begrüßte er es, daß die Steuerstundungen automatisch verlängert werden und auch keine Zinsen anfallen. Die Flugabgabe hält er jedoch ge - nerell für falsch, insbesondere, wenn einem die AUA am Herzen liege. Keine Zustimmung der Freiheitlichen werde jedoch das Investitionsprämiengesetz erhalten, bekräftigte Fuchs. Es sei ein Beispiel schlechter Legistik, auch die Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder hätten das Gesetz als kompliziert, unberechenbar und wenig treffsicher qualifiziert. Besonders stört Fuchs, daß das AWS mit der Abwicklung betraut wird und dafür 20 Mio. € erhält. Un - ternehmerInnen würden zu Bittstellern. Kein Verständnis zeigte er für die Einschränkung der Prämien auf bestimmte Bereiche. Erwin Angerer (FPÖ) wiederholte den Vorwurf seiner Fraktion, daß die Regierung das Vertrauen der UnternehmerInnen und Kon sumentInnen geschädigt und nur Angst verbreitet habe. Abermals brachte er den Vorschlag der FPÖ nach einem „Österreich- Tausender“ ins Spiel. Sein Fraktionskollege Gerald Hauser plädierte für die Anhebung der Ersatzrate beim Arbeitslosengeld auf 70 % und bemängelte, daß das Epidemiegestz ausgehebelt wurde, wodurch es keinen vollständigen Ersatz der Verluste mehr gegeben habe. Das habe das Vertrauen erschüttert, daß man sich auf bestehende Gesetze verlassen kann. NEOS: Milliarden müssen treffsicher ankommen Auch seitens der NEOS ist bei den Maßnahmen viel zu viel Bürokratie und Mißtrauen gegenüber den Unternehmen im Spiel. Die Devise müsse sein, keinen gesunden Betrieb zurückzulassen und dort jeden Ar - beitsplatz zu retten, sagte Klubchefin Beate Meinl-Reisinger. Man müsse dafür sorgen, daß die Milliarden auch ankommen, bezweifelte auch sie die Treffsicherheit und Effizienz der Regierungsarbeit in der Krise. Der Einbruch der Weltwirtschaft treffe Österreich mit einem derzeit prognostizierten Mi - nus beim BIP von 7,1 %, das seien 7.000 € weniger an Wohlstand für jeden Haushalt, rechnete sie vor. Die Einzelmaßnahmen seien zu klein, die Gießkanne sei aber auch nicht der richtige Weg, weil die Krise die Gruppen unterschiedlich treffe. So würden etwa die 360 € pro Kind nicht helfen, wenn nicht auch zugleich in Bildung investiert wird, denn der Strukturwandel finde statt, konstatierte Meinl-Reisinger. Grundsätzlich unterstützte sie wie auch Karin Doppelbauer (NEOS) das Konjunkturstärkungsgesetz und das Investitionsprämiengesetz. Doppelbauer blickte in ihrer Rede auch in die Zukunft der Budgetpolitik. Die jetzt notwendigen Schulden müssen auch einmal zu - rückgezahlt werden, sagte sie, es sei daher notwendig, genau auf deren Wirkung zu achten. Dabei gab sie der Kritik von Hubert Fuchs recht, daß die Wirkung derzeit von der Re - gierung viel zu breit ausgelegt werde. Die »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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