ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Österreich, Europa und die Welt 22 der Autonomie ausgeübt werde. Die ausgezeichneten bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Italien kämen dabei auch Südtirol zugute. Nicht im Fokus der türkis-grünen Bun - desregierung steht die österreichische Staatsbürgerschaft zusätzlich zur italienischen Staatsangehörigkeit für SüdtirolerInnen der deutschen oder ladinischen Sprachgruppe, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Im Re - gierungsprogramm der ehemaligen türkisblauen Regierung wurde dieses von verschiedenen Seiten vorgebrachte Anliegen im Rahmen der Überlegungen zur Thematik „Staatsbürgerschaft neu denken“ aufgenommen. In den Jahren 2018 und 2019 fanden diesbezügliche Arbeiten einer Expertengruppe statt. Die Initiative zur Doppelstaatsbürgerschaft ist im aktuellen Regierungsprogramm nicht enthalten. Der Eindruck, daß die Zustimmung dafür in Südtirol selbst geringer geworden ist, habe sich verfestigt, wie im Bericht mit Be - zug auf eine im Oktober 2019 publizierte Umfrage der Michael-Gaismair-Stiftung in Südtirol (Sample: 700 Personen) dargelegt wird. Die Studie habe gezeigt, daß zirka 25 % der Befragten (28 % der deutschsprachigen Bevölkerung) die Doppelstaatsbürgerschaft für eine gute Idee halten. Lediglich 13 % der deutschsprachigen, aber auch 9 % der italienischsprachigen Bevölkerung Südtirols würden die Doppelstaatsbürgerschaft demnach sofort beantragen. Der überwiegende Teil in allen Sprachgruppen würde die Doppelstaatsbürgerschaft laut Ergebnissen der Studie hingegen für eine schlechte oder zumindest für eine problematische Idee halten. Eine Lösung für das politisch sensible Thema der Orts-, Berg- und Flurnamen steht zudem angesichts des im Vorfeld der Regierungsbildung 2019 von Südtirol zurückgezogenen Toponomastik-Landesgesetzes und einer Verhärtung der Positionen aus. Seitdem sei es zu keinem weiteren Anlauf zur Lösung dieser Materie gekommen. Laut Bericht ist die vor Jahren begonnene Umwandlung faschistischer Relikte in Mahn - male mit entsprechenden Erläuterungen im Wesentlichen abgeschlossen. So wurde etwa die Krypta des Siegesdenkmals in Bozen zu einem Dokumentationszentrum mit einer Ausstellung zur Geschichte des Denkmals und Südtirols in der Zwischenkriegszeit ausgebaut. Vor dem Mussolini-Relief am Ge bäude der Steuerbehörde am Bozner Ge richtsplatz wurde das Hannah Arendt zugeschriebene Zitat „Niemand hat das Recht zu gehorchen“ angebracht, flankiert von Erklärungen am Platz vor dem Gebäude. Geht es um das Coronavirus, ist Südtirol dem Bericht zufolge gemessen an der Bevölkerung ähnlich stark betroffen wie das Land Tirol, allerdings mit wesentlich mehr Todesfällen (Stand: Juni 2020). Im inneritalienischen Vergleich weise Südtirol überdurchschnittlich viele COVID-Fälle aus. Der Einnahmenentgang für die Wirtschaft sei durch den Shutdown bei einer BIP-Prognose von - 7 % bis -11 % für 2020 drastisch, der Warentransport von und nach Österreich funktioniere jedoch prinzipiell. Ein massiver Einbruch der Einnahmen wird für den Touris - mus erwartet, befürchtet werden Jahreseinbußen von bis zu 50 %. n Quelle: Parlamentskorrespondenz Änderung beim Auslandsösterreicher-Fonds Am 9. Juli wurde in der Plenarsitzungen des Nationalrats eine von der Regierung vorgelegte Änderung beim Auslandsösterreicher-Fonds einstimmig beschlossen, um die aktuelle Zuwendungsgrenze für ma teriell in Not geratene AuslandsösterreicherInnen von 1.000 € für sogenannte vereinfachte Genehmigungsverfahren, die eine gemeinsame Zu - stimmung von zwei Kuratoriumsmitgliedern bedürfen, auf 1.500 € pro Jahr anzuheben. Diese sei die erste Anpassung seit 14 Jahren, informierte Außenminister Alexander Schallenberg. Der mit insgesamt 600.000 € dotierte Fonds sei in der Vergangenheit nicht ausgeschöpft worden. Möglicherweise könne man damit die beinahe 600.000 im Ausland lebenden ÖsterreicherInnen motivieren, mehr am politischen Geschehen teilzuhaben, mein - te er. SPÖ-Abgeordnete Nurten Yilmaz zufol - ge wären angesichts der rund 1.000 im Vorjahr unterstützten Bedürftigen zusätzliche Fondsmittel nötig. Für eine allfällige Erhöhung des gesamten Fonds sprach sich auch Axel Kassegger (FPÖ) aus. Die schnelle Hilfe für ÖsterreicherInnen im Ausland sei ins besondere angesichts der Corona-Krise wichtiger als je zuvor, meinte der FPÖ-Mandatar. Dem pflichtete auch Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) bei, denn die Verantwortung ende nicht an geographischen Grenzen, wie sie betonte. Die Gesetzesänderung soll dazu die - nen, treffsicherer helfen zu können, erläuterte Nico Marchetti (ÖVP). Henrike Brandstötter (NEOS) nutzte die Debatte, um sich für eine Liberalisierung der Doppelstaatsbürgerschaft auszusprechen. Der Auslandsösterreicher-Fonds Für die Betreuung von in Not geratenen AuslandsösterreicherInnen wurde im Jahre 1967 per Gesetz der Auslandsösterreicher- Fonds (AÖF) errichtet. Aktuelle gesetzliche Regelung seit 1. Jänner 2007 ist das Auslandsösterreicher-Fonds-Gesetz (AÖF-G). Der Auslandsösterreicher-Fonds verfolgt den Zweck, österreichischen StaatsbürgerInnen, die ihren Hauptwohnsitz im Ausland haben, zur Überbrückung vorübergehender Not oder zur Linderung andauernder materieller Not einmalige oder periodische Zuwendungen zu gewähren. Bei den Leistungen des Fonds han delt es sich um ergänzende Unterstützungen wie etwa die Sozialhilfe in Österreich, nicht aber um eine Art Ersatzpension zur Be - streitung des gesamten Lebensunterhalts im »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Ausland. Zuwendungen können nur dann ge - währt werden, wenn das Einkommen und das verwertbare Vermögen der antragstellenden Personen sowie Leistungen unterhaltspflichtiger Angehöriger nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern. Seit 1. Jänner 2007 können auch „HerzensösterreicherInnen“, also frühere österreichische StaatsbürgerInnen sowie deren Kin der mit Hauptwohnsitz im Ausland, die außerordentliche materielle Not leiden, Zuwendungen aus dem Fonds erhalten. Details dazu sind den Richtlinien für die Zuwendungen des Kuratoriums vom 15. Jänner 2007 zu ent - nehmen (Link siehe unten). Die Mitglieder des Kuratoriums werden von der Bundesregierung bestellt. Vorsitzender des Kuratoriums des Auslandsösterreicher-Fonds ist Botschafter i.R. Dr. Rudolf Lennkh, Geschäftsführerin ist Sabine Müstecaplıoğlu. Der Fonds wurde im Jahr 2019 je zur Hälfte vom BMEIA und von den neun Bundesländern in der Gesamthöhe von 600.000 Euro gefördert. Im Jahr 2019 wurden fast 1.000 bedürftige Personen unterstützt. n Quellen: Parlamentskorrespondenz/BMEIA https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/leben-im-ausland/treffpunkt-auslandsoesterreicherinnen/auslandsoesterreicher-fonds/ https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Zentrale/Reise_Aufenthalt/AOE_Fonds_Zuwendungsrichtlinien.pdf
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Gideon Eckhaus wurde am 3. Juli 1923 in Wien als Sohn des Kaufmanns Karl Eckhaus und dessen Frau Sabine geboren, seine Mutter starb früh. 1935 schloß er sich dem zionistischen Jugendverband an. 1938 konnte er nach Palästina fliehen. Sein Vater wurde in Auschwitz ermordet. Seine Mutter war be reits 1934 verstorben, sein Bruder über - lebte in den USA. Nach dem „Anschluß“ Österreichs an das Deutsche Reich flüchtete Gideon nach Triest und 1939 per Schiff weiter nach Palästina. Das Geschäft seines Va - ters wurde „liquidiert“, sein Vater in Ausch - witz ermordet. In Israel wirkte Gideon in vielen Funktionen maßgeblich am Aufbau des Staates mit. Nach seiner Pensionierung gründete er gemeinsam mit Leo Luster das Zentralkomitee der Juden aus Österreich in Israel und der Vereinigung der Pensionisten aus Österreich in Israel. In eindrücklicher Erinnerung bleibt sein Engagement, mit dem er aus Österreich stammende Überlebende in Israel unterstützte – sei es in sozialer Hinsicht durch Treffen in dem kleinen Vereinslokal in Tel Aviv oder durch Unterstützung bei der Beantragung von Entschädigungsleistungen oder Pensionen aus Österreich. Für den Nationalfonds der Republik Ös - ter reich für Opfer des Nationalsozialismus war Gideon Eckhaus in all den Jahren ein wichtiger Partner und Wegbegleiter. Anläßlich dessen 20jährigen Bestehens sagte er: „Unsere Hoffnung besteht darin, daß der Na - tionalfonds seine bisherige Arbeit weiterhin ausführt und zusätzlich durch Austausch so - wohl von Jugend- als auch Pensionistengrup - pen und durch Organisationen weltweit für die Nachkommen der Opfer die Erinnerung wachhält, um eine Wiederholung des Ge - schehens mit aller Kraft zu vermeiden. NIE WIEDER!!!“ Ein Vermächtnis, das es wei - ter zutragen gilt, so Hannah Lessing, Ge ne - ral sekretärin des Nationalfonds. Bundespräsident Van der Bellen „Mit Gideon Eckhaus ist ein großer Ös - terreicher gestorben. Er war einer der vielen jüdischen Österreicherinnen und Österreicher, die vertrieben wurden, denen die Heimat, Hab und Gut, vor allem aber Verwandte Österreich, Europa und die Welt Gideon Eckhaus † Der Gründer und langjährige Vorsitzende des Zentralkomitees der Juden aus Österreich in Israel und der Vereinigung der Pensionisten aus Österreich in Israel, ist verstorben. Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG / Jacqueline Godany Am 28. Juni 2013 im Parlamen: Nationalratspräsidentin (*11. Januar 1954 – † 2. August 2014 ) und der Vorsitzende der Israelisch-Österreichischen Gesellschaft Tel Aviv Gideon Eckhaus (*3. Juli 1923 – † 29. Juni 2020) mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und der zugehörigen Urkunde und Freunde von den Nazis und Mitläufern ge raubt wurden. Eckhaus setzte sich Zeit sei nes Lebens für die Rechte von nach Israel geflüchteten Österreicherinnen und Österreichern ein und scheute nicht davor zurück, die Verantwortung unseres Landes einzumahnen. Er ist für die Menschen, für deren Rechte er kämpfte und für das Bewußtsein Österreichs eine unverzichtbare und unvergeßliche Persönlichkeit“, betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. NR-Präsident Wolfgang Sobotka Tiefe Betroffenheit und Trauer über das Ab leben von Gideon Eckhaus bekundet Na - tionalratspräsident Wolfgang Sobotka. „Ich erinnere mich noch gut an meine Begegnungen mit ihm in Tel Aviv im Café der Altös - terreicher, die wie er vor den Nazis fliehen konnten. Wenn er gesprochen hat, wurde es ruhig um ihn herum. Seinen Angehörigen möchte ich meine tief empfundene Anteilnahme in dieser schweren Stunde aussprechen“, sagte Sobotka. „Wir werden Gideon Eckhaus niemals vergessen.“ »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at 23 Bildungsminister Heinz Faßmann „Gideon Eckhaus war ein langjähriger wichtiger Wegbegleiter. Mit ihm verlieren wir eine starke Stimme für die Anliegen der Ho - locaust-Überlebenden in Israel, eine Stimme, die fehlen wird. Unermüdlich bis ins hohe Alter trat er für ihre Rechte und ihr Wohlergehen ein. Für viele SchülerInnen und LehrerInnen in Israel und Österreich sind seine eindringlichen Berichte als Zeitzeuge unvergesslich, engagiert und beharrlich suchte er immer wieder den Dialog mit einem oft zu - rückhaltenden Österreich. Eckhaus forderte Österreich und österreichische LehrerInnen immer wieder dazu auf Mitverantwortung an den Verbrechen zu übernehmen, in der Schule darüber zu lehren und gegen Antisemitis - mus und Rassismus einzutreten. Unser Holocaust Eduacation Institut _erinnern.at_ nimmt diesen Auftrag sehr ernst und wird ihn im Sinne von Gideon Eckhaus weiterführen“, so Bildungsminister Heinz Faßmann. Ein besonderer Fixpunkt der seit 20 Jahren von _erinnern.at_ organisierten Israel-Se - minare für LehrerInnen bildeten die Begeg-
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