ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Wissenschaft & Technik Südtirol: Neandertaler starben nicht wegen Kälte aus Was führte zum Verschwinden der Neandertaler? Klimaschwankungen werden dafür häufig als Auslöser vermutet – für Süditalien konnte diese Ursache nun ausgeschlossen werden. 100 Foto: O. Lacarbonara In der Höhle Pozzo Cucù in der Region Apulien fand das ForscherInnen-Team den außergewöhnlichen Tropfstein. Warum die Neandertaler ausstarben und sich der Homo sapiens durchsetzen konnte, ist bis heute Gegenstand vieler wissenschaftlicher Diskussionen – und nach wie vor nicht zur Gänze geklärt. Es gibt verschiedene Hypothesen dazu, was ausschlaggebend für das langsame Verschwinden des Homo neanderthalensis war. Eine weit verbreitete Hypothese betrifft das Klima: Große klimatische Schwankungen mit intensiven Kältephasen hätten dazu beigetragen. Diese Ursache kann ein internationales ForscherInnen-Team mit Beteiligung von Prof. Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Uni Innsbruck nun nach neuesten Erkenntnissen zumindest für einen großen Lebensraum der Neandertaler, die Region Apulien im heutigen Italien, ausschließen. „Für Süditalien können wir diese Hypothese nicht bestätigen, dort herrschten im Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum stabile Klima- und Umweltbedingungen“, erklärt Spötl, Leiter der Arbeitsgruppe für Quartärforschung. In Südeuropa verschwanden die Neandertaler vor etwa 42.000 Jahren, nachdem sie rund 3.000 Jahre mit mo - dernen Menschen in der Region zusammengelebt hatten. Bislang einzigartiges Klimaarchiv für Europa entdeckt Tropfsteine schließen bei ihrer Entstehung verschiedene Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff, aber auch Spuren von Uran ein und zeichnen somit die Klima- und Um - weltbedingungen über viele tausende Jahre auf. Sie sind daher ein wertvolles und ab einem gewissen Zeitraum auch einzigartiges „Fenster“ in die Klima-Vergangenheit am Festland. In der Höhle Pozzo Cucù in der Region Apulien gelang dem Geologen An - drea Columbu von der Universität Bologna ein spezieller Fund: Ein etwa 70 Zentimeter langer Stalagmit, der über einen Zeitraum von 106.000 bis 27.000 Jahre in die Vergangenheit kontinuierlich abgelagert wurde. „Mir ist in Europa kein anderes Beispiel bekannt, wo ein Tropfstein über so einen langen Zeitraum durchgehend gewachsen ist“, sagt Spötl. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at „Dieser hervorragend erhaltene Sta lagmit erlaubte uns daher, detailliert in diese für die Menschheitsgeschichte sehr in teressante Phase zu blicken und dafür robuste Klimadaten vorzulegen.“ Dazu verwendete das Team modernste Methoden wie Uran-Thorium- Analysen und die Bestimmung von Sauerstoffisotopen. Während die Daten für die ersten 50.000 Jahre des Stalagmitwachstums große Klimaschwankungen wie etwa in den Alpen oder auch in Grönland zeigen, ergaben die Analysen der Forscherinnen und Forscher für den jüngeren Abschnitt des Tropfsteines ein anderes Bild: „Apulien war im Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum, als moderne Menschen und Neandertaler gleichzeitig dort lebten, von keinen starken Klimaschwankungen be troffen. Mit anderen Worten: Das Klima spiel te in dieser Region keine Schlüsselrolle für das Aussterben der Neandertaler, hier müssen andere Faktoren als Ursache gefunden werden“, verdeutlicht Christoph Spötl. n https://quaternary.uibk.ac.at/ https://www.uibk.ac.at/
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 193 / 31. 07. 2020 Wissenschaft & Technik Über 2.000 Jahre alter Weg aus der Eisenzeit entdeckt 101 Bei Ausgrabungen konnten Archäologen der Universität Innsbruck in den letzten Wochen einen über 2.000 Jahre alte Weg freilegen, der zur eisenzeitlichen Siedlung auf der »Hohen Birga« in Birgitz bei Innsbruck führte. Bei der „Hohen Birga“ handelt es sich um einen kleinen bewaldeten Hügel nördlich von Birgitz im westlichen Mittelgebirge bei Innsbruck auf dem bereits 1937 die Über - reste einer über 2.000 Jahre alten rätischen Siedlung aus der Eisenzeit entdeckt worden waren. Die Räter bewohnten seit dem Ende des 6. Jahrhunderts v.Chr. den Alpenraum vom Unterengadin im Westen bis in das Virgental im Osten und im Süden bis an den Gardasee. Insbesondere in den 1940er und 1950er Jahren wurde auf der „Hohen Birga“ archäologisch geforscht, dann geriet der Platz jedoch zunehmend in Vergessenheit, die bislang entdeckten Überreste verfielen und wu - cherten zu. Erst vor einigen Jahren wurden unter der Leitung vom assoz.-Prof. Florian Müller vom Institut für Archäologien der Universität Innsbruck die archäologischen Ausgrabungen wieder aufgenommen und dabei mehrere Gebäude freigelegt. Der Weg zur Siedlung auf der »Hohen Birga« Bislang war jedoch unklar wo und wie ge nau der Zugang zur Siedlung erfolgte. Da der Hügel nach Norden, Osten und Westen steil abfällt, mußte dieser im flacheren Südhang zu suchen sein. Dort war angeblich bereits 1953 durch den Prähistoriker Os - mund Menghin ein Weg gefunden worden. Da diese Grabungen jedoch nie publiziert wurden und die alte Grabungsdokumentation dazu verschollen ist, konnte dem bislang nie weiter nachgegangen werden. In den letzten Jahrzehnten waren am ge - samten Südhang ohne archäologische Be - gleitung Wohnhäuser errichtet worden. Nur zwei Parzellen im östlichen Bereich blieben frei und im Vorfeld eines weiteren für Frühjahr 2020 geplanten Hausbaues wurden daher durch das Bundesdenkmalamt dort durchzuführende archäologische Untersuchungen angeordnet. Da die Zeit drängte wurden die Arbeiten trotz durch Florian Müller und sein Team im April und Mai vorgenommen. Foto: F. Müller, Innsbruck Die Freilegung des eisenzeitlichen Weges durch Archäologen der Universität Innsbruck In zwei langen Suchschnitten konnten unter massiven Steinverstürzen mehrere Terrassen im Hang festgestellt werden. Die nördlichste war offensichtlichen bewusst zur Anlage eines Weges errichtet worden. „Dieser stieg von Ost nach West leicht an, dürfte etwa zwei Meter breit gewesen sein und be - stand aus einer sorgfältig verlegten Rollierung aus faustgroßen Steinen“ berichtet Mül - ler. Zur Hangkante war er gegen ein Ab rut - schen durch große Steine gestützt. Bei den Grabungen fanden sich zudem zahlreiche Frag mente verzierter eisenzeitlicher Ke - ramik, ein Webgewicht, Tierknochen sowie eine eiserne Lanzenspitze. Nach genauer Do kumentation und Aufnahme der freigelegten Befunde wird in Kürze der Hausbau »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at starten. Auf Basis der Orientierung des exakt vermessenen Weges soll nun aber weiter ge - klärt werden, wo dieser genau in die eigentlichen Siedlungsterrassen oben am Hügel ein mündete und wie dieser Bereich ur - sprünglich einmal architektonisch, möglicherweise in Form einer Toranlage, ausgestaltet war. Bei der Fortsetzung der regulären Forschungsgrabungen im eigentlichen Siedlungsbereich sollen zwei im Vorjahr entdeck - te eisenzeitliche Gebäude weiter untersucht werden. Diese Arbeiten finden gleichzeitig als Lehrgrabung statt, bei welcher über ein Dutzend junger Studierender archäologische Grabungspraxis sammelt. n https://www.uibk.ac.at/
Ausg. Nr. 193 • 31. Juli 2020 Das
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Foto: BMEIA / Gruber ÖSTERREICH JO
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