ÖSTERREICH JOURNAL NR. 192 / 02. 06. 2020 78 Kultur Die frühe Radierung Von Dürer bis Bruegel – Ausstellung in der Albertina Wien bis 1. November 2020 © The Metropolitan Museum of Art, New York Die Entwicklung druckgrafischer Techniken gehört zu den größten künstlerischen Errungenschaften des ausgehenden Mittelalters. Mit dem Aufkommen des Holzschnitts im frühen 15. Jahrhundert, des Kupferstichs zur Mitte des Jahrhunderts und schließlich der Radierung kurz vor 1500 wird die Druck - grafik zu einer eigenständigen Kunstgattung. Die Ausstellung in der Albertina widmet sich der Radierung von ihren An fängen in der Dürerzeit bis in die Epoche Bruegels, als in Deutschland, den Niederlanden, Italien und Frankreich mit dieser Technik experimentiert wurde. Von der Waffe zum Kunstwerk Die Grundlagen der Technik entwickeln sich in den Werkstätten von Waffenätzern, die ihre Erzeugnisse mit Hilfe von Säuren dekorierten. In den 1490er-Jahren beginnt der deutsche Druckgrafiker Daniel Hopfer von ge ätzten, also „radierten“ Metallplatten, Ab - Daniel Hopfer, Tod und Teufel überraschen zwei Frauen, ca. 1510–1515, Radierung züge auf Papier herzustellen. Im Gegensatz zur Herstellung eines Kupferstichs oder eines Holzschnitts, die große technische Erfahrung und Meisterschaft voraussetzt, läßt sich das Radieren so einfach bewerkstelligen, daß es von nahezu jedem ausgeführt werden kann. Sowohl Künstler als auch professionelle Druckgrafiker und Architekten bedienten sich der neuen Technik. Unter den Pionieren des neuen Mediums sind einige der größten Künst ler der Renaissance wie Albrecht Dü - rer, Parmigianino und Pieter Bruegel der Ältere. Kreative Experimente Bei den in einem rein mechanischen Verfahren hergestellten Matrizen für Holzschnitt und Kupferstich sind die technischen und ästhetischen Möglichkeiten bald ausgeschöpft. Dagegen bietet die Radierung grossen Spielraum für das kreative Experiment. Die Technik mit dem so eigenartigen Namen »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at zählt zu den Tiefdruckverfahren, bei denen die zu druckenden Linien in die Druckform eingegraben werden. Für den Kupferstich werden die Linien mit scharfen Sticheln in das Metall graviert. Die Radiertechnik dagegen nutzt die Säureanfälligkeit unedler Me - talle, um auf chemischem Weg die zum Ab - druck gewünschten Konturen und Schraffuren zu erzeugen. Vom oft spontanen Duktus des Strichbildes her steht die Radierung der Zeichnung näher als alle anderen Druckverfahren. Linienätzung, Kaltnadelarbeit, Flächenätzung und das direkte Arbeiten mit dem in das Ätzwasser getauchten Pinsel ermögli - chen weitere zeichnerische Differenzierungen und selbst malerische Tonigkeiten. Medienrevolution und Kulturtransfer Durch die neuen Reproduktionstechniken wandelt sich die Kunst zu einem regelrechten Massenmedium. Die Bilder lernten lau-
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 192 / 02. 06. 2020 Kultur 79 © Albertina, Wien fen, wurden in gewisser Weise zeit- und ortlos, und endlich war es einer großen Zahl von Menschen möglich geworden, an Kunstwerke zu gelangen. Bilder wurden damit – erstmals in der Geschichte – auch zur weit gestreuten Handelsware. So hatte man mit - tels der, die Kunst mobilisierenden, Druck - grafik endlich jederzeit vor Augen, was an - dernorts gemacht wurde und hielt den fruchtbaren Austausch zwischen lokaler Tradition und fernen Kunstzentren in ständigem Fluß. Mit über 100 Exponaten gibt die Ausstellung der Albertina einen Einblick in die Frühzeit dieser so faszinierenden Technik. Ne ben vielen berühmten Hauptwerken der in der Radierung arbeitenden Künstler können in der Ausstellung auch überraschende Entdeckungen gemacht werden, die die ganze Bandbreite der Radierung und die Experimentierfreudigkeit seiner Meister demon - strie ren. Geätzte Rüstungsobjekte, Zeichnun - gen und Druckplatten machen die Raffinesse dieses Druckverfahrens anschaulich. So bietet diese Ausstellung der Albertina einen einmaligen Einblick in die Frühzeit dieses Me - diums, das die gesamte Kunstwelt revolutionierte. Albrecht Dürer, Landschaft mit Kanone (Die große Kanone), 1518, Radierung © The Metropolitan Museum of Art, New York Was ist eine Radierung? Die Radierung zählt zu den sogenannten Tiefdruckverfahren, bei denen die zu drukkenden Linien in eine metallene Druckplatte eingegraben werden. Für den Kupferstich, der seit dem mittleren 15. Jahrhundert An - wendung findet, wird das Metall mit scharfen Sticheln graviert. Die Radiertechnik da - »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at gegen nutzt die Säureanfälligkeit unedler Metalle, um auf chemischem Weg die zum Abdruck gewünschten Konturen und Schraffuren zu erzeugen. Die technische Grundlage der Radierung bildet die meist für die Verzierung von Waffen angewandte Eisenätzung. Als druckgrafisches Verfahren wird sie – zunächst in Jacques Androuet du Cerceau, Das Kolosseum, ca. 1545–1549, Radierung
Ausg. Nr. 192 • 2. Juni 2020 Das
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