ÖSTERREICH JOURNAL NR. 192 / 02. 06. 2020 Österreich, Europa und die Welt 14 den die Geschichte am Leben erhalten und an nachfolgende Generationen weitergeben müßten. Seeber: KZ-Gräueltaten des NS- Terrors nicht verblassen lassen Bundesratspräsident Robert Seeber verwies auf die durch das Coronavirus eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Bevölkerung. Bezugnehmend auf kürzlich stattgefundene Demonstrationen gegen die Corona- Eindämmungsmaßnahmen der Regierung, warnte er vor Vergleichen Demonstrierender, die sich als Opfer „wie Juden im Fa schis - mus“ bezeichneten. Dieser Verharmlosung des NS-Terrors müsse ebenso entgegengetreten werden, wie den Aufrufen zu Gewalt oder dem Säen von Haß und Zwietracht. Seeber erinnerte an das millionenfach ausgelöste Leid durch die NS-Schreckensherrschaft und rief dazu auf, die Erinnerung an diese Gräueltaten nicht verblassen zu lassen. Begrüßung durch Bundesratspräsident Robert Seeber Diskussion über Judenhaß, erstarkte Nationalstaaten und veränderten Antisemitismus Per Video wurde ein in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen aufgezeichnetes Gespräch eingespielt, an dem die Leiterin des Mauthausen Memorials Barbara Glück, die Ge - neralsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich, Hannah Lessing der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Os - kar Deutsch und der Primarius für Kinderund Jugendpsychiatrie und Schriftsteller Paulus Hochgatterer teilnahmen. Moderiert wurde das Gespräch von ORF-Redakteurin Rebekka Salzer. Das Gespräch drehte sich unter anderem um die Fragen, inwieweit Krisenzeiten verstärkten Judenhaß oder das Erstarken der Nationalstaaten hervorrufen und wie sich Antisemitismus über die Jahre veränderte. Laut Barbara Glück von der KZ-Gedenkstätte Mauthausen widme man sich wegen der Coronakrise vermehrt dem digitalen Ge - denken und wolle damit Menschen erreichen, die nicht nach Mauthausen kommen können. Die Auseinandersetzung im Internet könne aus ihrer Sicht den Besuch des historischen Orts jedoch nicht ersetzen. In der Ge - denkstätte gehe man Glück zufolge der Fra - ge auf den Grund, wie es passieren konnte, daß in einer vermeintlich zivilisierten Ge sell - schaft Millionen Menschen ermordet wurden. Für die Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah Lessing ist Demokratie ex trem Fotos: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Besuch der Gedenkstätte Mauthausen am 30. April (v.l.): Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Präsident der IKG Oskar Deutsch, Generalsekretärin des Nationalfonds und des Allgemeinen Entschädigungsfonds Hannah Lessing, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen Barbara Glück und der Psychiater und Schriftsteller Paulus Hochgatterer verletzlich. Aus diesem Grund müsse daran erinnert werden, wie schnell Demokratien unsolidarisch werden und sich Haß und Feindlichkeit entwickeln können. Aus ihrer Sicht habe sich Antisemitismus in den vergangenen Jahrzehnten verändert und verstekke sich heute oftmals hinter Kritik am Staat Israel. Durch das Ableben der ZeitzeugInnen käme es zu einer Verlagerung in Richtung der Orte der Erinnerung, die in Zukunft stärker bespielt werden sollten. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch zog Parallelen zur Weltwirtschaftskrise von 1929/1930. Dabei zeigte er sich davon überzeugt, daß die Europäische Union, die Vereinten Nationen und nicht zuletzt die demokratischen Staaten Eu - ropas die besten Garanten seien, daß sich die Geschichte nicht wiederholen würde. Er er - innerte auch daran, daß Judenhaß nicht mit »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at dem Holocaust, sondern viel früher mit Haßreden begonnen habe. Deutsch kritisierte die Möglichkeit, sich im Internet rassistisch oder antisemitisch äußern zu können, ohne Folgen befürchten zu müssen. Der Psychiater und Schriftsteller Paulus Hochgatterer zeigte sich besorgt über das Er - starken der Nationalstaaten und den Rück - zug hinter die eigenen Landesgrenzen. Aus seiner Sicht werden sich die zwischenstaatlichen Beziehungen nach der Coronakrise ver ändert haben. Aus seiner Sicht sind jene, die keine persönliche Schuld tragen, aufgerufen, die Geschichte weiterzuerzählen. n https://www.parlament.gv.at/ Die Gedenkveranstaltung ist als Videoon-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar: https://www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=6&ITYP=VER&INR_TEIL=1/ Quelle: Parlamentskorrespondenz
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 192 / 02. 06. 2020 Österreich, Europa und die Welt Menschlichkeit ohne Grenzen Virtuelles Fest der Freude mit geschätzten 30.000 Zuschauern aus der ganzen Welt – Am 8. Mai 2020 jährte sich zum 75. Mal die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht – Europaweit größte Befreiungsfeier diesmal virtuell 15 Foto: Cpl Donald R. Ornitz, US Army / U.S. military or Department of Defense / wiki commons Befreite Gefangene im Konzentrationslager Mauthausen bei Linz begrüßen am 8. Mai 1945 die Kavalleristen der 11. Panzerdivision mitreißend. Das Banner an der Wand wurde von spanischen loyalistischen Gefangenen angefertigt. Es heißt „Die spanischen Antifaschisten begrüßen die Befreiungskräfte“). Der Text wurde auch in englischer und russischer Sprache verfaßt. Geschätzte 30.000 Menschen feierten am 8. Mai das Fest der Freude, das heuer aufgrund der Covid-19-Pandemie zum er - sten Mal virtuell stattfand. Das Mauthausen Komitee Österreich ist erfreut, daß so viele Menschen weltweit die Möglichkeit nutzten und so ein Zeichen für ein „Niemals wieder“ setzten. Vor allem die Rede der Zeitzeugin Erika Kosnar bekam einen Sturm an Likes in der Online-Übertragung. Die internationalen ZuseherInnen folgten der Feier über Livestream – österreichweit war das Fest der Freude in ORF III zu sehen. Am 8. Mai 2020 jährte sich zum 75. Mal die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. An diesem Tag veranstaltete das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) im Gedenken an die Opfer und die Freude über die Befreiung von der NS-Terrorherrschaft bereits zum achten Mal das Fest der Freude. Willi Mernyi, Vorsitzender Mauthausen Komitee Österreich: „Wir schätzen, daß über 30.000 Zuseherinnen und Zuseher auf allen Kanälen dem Aufruf gefolgt sind, das Fest der Freude, das aufgrund der Covid-19-Pandemie zum ersten Mal nicht am Heldenplatz stattgefunden hat, heuer virtuell zu feiern.“ Die virtuellen ZuseherInnen kamen aus 24 Ländern: Österreich, Spanien, Deutschland, Israel, Großbritannien, Dänemark, Schweiz, Rumänien, Argentinien, Kolumbien, Kanada, Malta, Polen, Vereinigte Staaten von Amerika, Italien, Slovakei, Türkei, »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Bulgarien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Ukraine und Vereinigte Ara bische Emirate. Ein starkes Zeichen für die Botschaft »Menschlichkeit ohne Grenzen« Dieses Jahr widmete sich das Fest der Freude, wie auch die kommende virtuelle In - ternationale Befreiungsfeier am 10. Mai, dem thematischen Schwerpunkt „Menschlichkeit ohne Grenzen“. Mernyi eröffnete das Fest der Freude mit einer „Rede auf das Leben“ des Zeitzeugen und Opfers der NS- Mi litärjustiz Richard Wadani, der vor kurzem verstorben ist. Mit seinen Taten lebte er das diesjährige Thema „Menschlichkeit ohne Grenzen“, indem er sich unermüdlich
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© Leopold Museum, Wien, Foto: Leop
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