ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen und auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle in Europa zu übernehmen. Weitere zentrale Eckpunkte des Pakts aus Sicht Koglers sind der Fokus auf den Be - reich Pflege sowie die Armutsbekämpfung, letzteres unter anderem auch durch einen Lückenschluß im Unterhaltsrecht. Insgesamt werde die Regierung bei ihren Maßnahmen den verstärkten Dialog mit den Sozialpartnern suchen, versicherte er. Was die Migrationspolitik betrifft, plädierte auch Kogler für einen Ausbau der Hilfe vor Ort, in der Si - cherheitspolitik wiederum geht es dem Vizekanzler um mehr Bürgernähe der Polizei. In Sachen politischer Kultur kündigte Kogler ein großes Transparenzpaket an, so etwa eine Offensive für mehr Informationsfreiheit, aber auch eine Ausweitung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofs. Fotos: Parlamentsdirektion / Thomas Topf Innenpolitik SPÖ-Klubvorsitzende Pamela Rendi-Wagner ÖVP-Klubobmann August Wöginger Wortmeldungen der Klubobleute SPÖ-Klubvorsitzende Pamela Rendi-Wagner SPÖ-Klubvorsitzende Pamela Rendi- Wagner sah es positiv, daß die neue Bundesregierung einen hohen Frauenanteil hat, aber auch, daß sie sich auf eine breite Mehrheit im Parlament stützen kann. Sie wünsche sich von der Bundesregierung jedoch, daß sie die damit einhergehende Verantwortung wahrnehme, und vor allem ein konsequentes Vorgehen gegen Rassismus und Sexismus, sagte Rendi-Wagner. Sie drückte in diesem Zu sam - menhang ihre explizite Unterstützung für Ju - stizministerin Alma Zadić aus (Anm. d. Red. sie hat bosnische Wurzeln und wurde deshalb in sozialen Netzen massiv angefeindet). Was das Regierungsprogramm betreffe, sei es allerdings eher ein „schwarzes Programm mit ein paar grünen Tupfern“. Vor allem ginge es zulasten des sozialen Ausgleichs. Gutverdienende und Großkonzerne würden um zwei Milliarden Euro entlastet, während es an Geld für einen gleichwertigen Familienbonus für alle Kinder, für Pensionen für alle, die 45 Jahre gearbeitet haben und für die Mindestsicherung fehle. Sie bedauerte, daß die Grünen die Chance nicht genützt hät ten, die Kinderarmut konsequent zu be - kämpfen. Das Programm der Bundesregierung werde die soziale Schere noch weiter aufgehen lassen, warnte die SPÖ-Klubvorsitzende. Sie wolle aber die positiven Aspekte nicht vergessen, betonte Rendi-Wagner. Diese sieht sie in den Vorhaben zum Umweltschutz und im Kampf gegen den Klimawandel. Auch wenn vieles noch zu vage sei, sei doch der Wille vorhanden. Der Kampf gegen die Klimakrise dulde keinen Aufschub, es gelte, ihn gemeinsam zu führen. Er dürfe aber nicht auf dem Rücken der gesellschaftlich Schwäch - sten geführt werden, betonte die Abgeordnete. Österreich könne ihn auch nicht allein führen. Rendi-Wagner legte daher ein Be - kenntnis zu einer starken EU mit einer wirksamen Außen- und Sicherheitspolitik ab. Eu - ropa müsse auch gegen das wachsende soziale Ungleichheitgewicht Maßnahmen ergreifen. Für alles, was Europa sowie die Grundund Freiheitsrechte stärke, habe die Regierung der Unterstützung der Sozialdemokratie, betonte Rendi-Wagner. Sie erinnerte an den Mißtrauensantrag gegen die Bundesregierung im Mai. Auch wenn das Programm nicht den Vorstellungen der Sozialdemokratie entspreche, wolle sie der neuen Bundesregierung nun „eine zweite Chance“ geben. Sie hoffe daher, daß wieder mehr gegenseitiges Vertrauen und eine Zu - sammenarbeit mit dem Parlament auf Augen - höhe entsteht. Jetzt bestehe die Chance für 66 eine neue politische Kultur. „Nutzen wir diese Chance aus Verantwortung für Österreich“, sagte Rendi-Wagner abschließend. ÖVP-Klubobmann August Wöginger Er freue sich, daß der Bundeskanzler der Republik Österreich wieder Sebastian Kurz heiße, sagte ÖVP-Klubobmann August Wö - ginger. Nach ausführlichen Sondierungen der beiden Wahlgewinner konnte etwas um - gesetzt, das dem Wunsch der WählerInnen entspreche: eine Koalitionsregierung mit aus - reichender Mehrheit. Zweifellos gebe es groß e Unterschiede der beteiligten Parteien, man habe aber ein Paket erreichen können, das Verbesserungen für Familien, Frauen und Umwelt bedeute. In dem Programm, welches tatsächlich „das Beste aus beiden Welten“ enthalte, könnten sich beide Parteien wiederfinden. Die ÖVP halte an den Forderungen der Steuerentlastung, einer harten Linie bei Zuwanderung und Migration und dem Grundsatz ausgeglichener Budgets fest. Die Grünen könnten sich besonders die Betonung des Kampfes gegen Klimawandel, Schritte für mehr Transparenz und Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zugutehalten. Wöginger begrüßte besonders die geplanten Maßnahmen im Steuerbereich, die Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort und für die Landwirtschaft. Der Familienbonus sei eine Erfolgsgeschichte und werde ausgeweitet. Der Schutz der Außengrenzen, aber auch Hilfe vor Ort sei der Koalition ein gemeinsames Anliegen, wie auch Maßnahmen in der Bildung, damit alle Kinder und Jugendlichen die bestmögliche Ausbildung erhalten. Beim Thema der Pflege hätten die beiden Parteien rasch zueinander gefunden, um das Pflegesystem zu stärken und vor allem pflegende Angehörige zu unterstützen. Auch die Pläne für ein Pensionssplitting, mehr Transparenz sowie die geplante Task Force für eine ökosoziale Steuerreform sah Wöginger positiv. Der ländliche Raum werde dabei nicht vergessen. Die Koalition strecke nun der Opposition die Hand entgegen, um das Programm im Sinne und zum Wohle der österreichischen Bevölkerung umzusetzen. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl Das Regierungsmotto „Aus Verantwortung für Österreich“ sei grundsätzlich gut, be - fand FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Die innen- und außenpolitischen Herausforderun - gen für Österreich seien schließlich beträchtlich. Leider sei das Programm aber, „in typischer ÖVP-Manier“, wie er meinte, „mehr Schein als Sein“. Die FPÖ werde daher der »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 „rot-weiß-rote Stachel im Fleisch dieser Koalition“ sein. ÖVP und Grüne versuchten hier etwas politisch Neues, nämlich nebenein - ander und nicht miteinander zu re gieren. Ihre einzige Gemeinsamkeit sehe er im offensichtlichen Wunsch, die FPÖ von der Regierungsverantwortung fernzuhalten. Sei ne Fraktion werde jedenfalls nicht als Trouble Shooter für einen koalitionsfreien Raum be reitstehen, betonte Kickl. Er sehe ihre Auf ga be viel - mehr darin, die Bevölkerung über die drohenden Belastungen, die sich im Programm der Regierung versteckten, aufzuklären. Hinter dem Schlagwort der Stärkung der EU stehe die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, ein positiver Bezug auf Heimat und Patriotismus fehle hingegen, kritisierte er. Hinter den Schlagworten von Klimaschutz und Ökologisierung stehen für ihn eine drohende massive Belastungspolitik. Ge - gen die zu erwartenden sozial- und si cher - heitspolitischen Fehlentwicklungen wer de die FPÖ ankämpfen, sagte Kickl und nannte die Bereiche Stärkung des Bundesheers und Maßnahmen gegen Massenzuwanderung. Der FPÖ-Klubobmann sieht auch die Gefahr von Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Vereinsfreiheit. „Metternich läßt grüßen“, sagte Kickl, nichts anderes seien nämlich die Ankündigungen, gegen Hass im Internet und Rechtsextremismus vorgehen zu wollen. Kickl nannte die geplante Aufwertung des DÖW (Anm. d. Red.: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands), einer „kommunistischen Tarnorganisation“, wie er sagte, als Beispiel der seiner Sicht verfehlten Entwicklung. Die ÖVP verfüge in Zukunft über eine noch nie dagewesene Machtkonzentration im Sicherheitsbereich. Die wenigen positiven Punkte im Regierungsprogramm entsprächen langjährigen Forderungen der FPÖ, etwa bei Steuern oder der Sicherheitspolitik. Allerdings bezweifle er, daß die Koalition diese umsetzen werde können. Als er als Innenminister von einer „Si cherungshaft“ gesprochen habe, sei die Aufregung groß gewesen. Nun stehe dieser Punkt, gemeinsam mit anderen Sicherheitsmaßnahmen, im Regierungsprogramm, und das mit Zustimmung der Grünen. Es werde sich noch zeigen, wie die Grünen diesen Spa - gat schaffen und ob diese Koalition hält. Er vermisse im Programm der Regierung auch eine Reihe wichtiger Punkte, etwa zu Eurofightern, direkter Demokratie und Re form des ORF. Insgesamt sei das vorgestellte Programm kein zukunftsweisendes Modell, sondern ein fauler Kompromiß, schloß Kickl. Fotos: Parlamentsdirektion / Thomas Topf Innenpolitik FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl Grünen-Klubvorsitzende Sigrid Maurer NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger Grünen-Klubvorsitzende Sigrid Maurer Die Grünen seien bei den Wahlen für Um - weltschutz, saubere Politik und soziale Ge - rechtigkeit angetreten und hätten geliefert, sagte Klubvorsitzende des Parlamentsklubs 67 Sigrid Maurer. Nun stelle ihre Fraktion mit Werner Kogler den Vizekanzler und kön ne mit Leonore Gewessler ein großes Um welt - ministerium besetzen, das vor wenigen Mo - naten noch undenkbar schien. Saubere Politik werde durch die Vorhaben der neuen Ju - stizministerin Alma Zadić betreffend mehr Transparenz und Stärkung des Rechnungshofs garantiert. Sozialminister Rudi Anschober werde die soziale Verantwortung wahrnehmen. Ulrike Lunacek stehe als Staatssekretärin für Kultur für langjährige politische Erfahrung, auch auf europäischer Ebene. Die Koalition sei politische Konsequenz des Wahlergebnisses und der Bereitschaft der Grünen, politische Verantwortung zu übernehmen. Jetzt gelte es, in den nächsten Jahren einen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise zu leisten. Die Verhandlungen seien nicht einfach gewesen, hätten aber auf Au - genhöhe und respektvoll stattgefunden. Die Regierung stehe für einen neuen Stil: statt blauer Skandale und Postenschacher gebe es Korruptionsbekämpfung und Transparenz, statt Hetze ein respektvolles Miteinander. Zweifellos würden nicht alle Bereich eine grüne Handschrift tragen, konzedierte Maurer. So sei die Sprache im Kapitel Asyl und Migration nicht die der Grünen. Insgesamt gebe es aber auch dort klare Verbesserungen gegenüber der früheren Koalition unter FPÖ-Beteiligung. Teile der Kritik der SPÖ wies Maurer mit dem Argument zurück, man könne den Grünen nicht vorwerfen, daß sie als Juniorpartner Dinge nicht erreicht haben, welche auch die SPÖ als Kanzlerpartei nicht durchsetzen konnte. Den Grünen stehe nun die Transformation von Oppositions- zu einer Regierungspartei bevor. Die Partei werde aber an ihren politischen Traditionen festhalten und weiterhin intensiv diskutieren und die Meinungsvielfalt pflegen. Nicht jede politische Debatte sei sofort als Streit zu werten, sagte Maurer in Richtung der Medien. Österreich erlebe heute eine kleine politische Wende, sie sei überzeugt, daß sich diese für viele Menschen in Österreich positiv auswirken werde. NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger Wichtig sei, daß der politische Stillstand endlich überwunden werde, betonte NEOS- Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Sie wünsche der neuen Bundesregierung daher viel Erfolg. Die FPÖ-Regierungsbeteiligung habe sich nicht als positiv für das Land erwiesen, daher sei es gut, das sie nicht mehr in der Re - gierung sei. Die Koalition plane einige po - »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 191 • 11. März 2020 Da
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