ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 Innenpolitik Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Rede anläßlich der Angelobung den Gesetzesvorhaben jeweils Unterstützung von anderen Parteien hätte suchen müs - sen. Auch wenn diese Re gierungsform in an - deren Ländern durchaus üblich ist, hat es sie in Österreich mit der Regierung Kreisky I (21. April 1970 bis 4. November 1971) erst einmal gegeben – und eine lange Lebenszeit wäre der ÖVP wohl nicht geblieben, der erste Mißtrauensantrag hätte nicht lange auf sich warten lassen. Schluß endlich war sogar eine neuerliche Wahl ins Gespräch gebracht worden, die wohl kaum eine wesentliche Verschiebung der poltischen Kräfte, jedoch verstärkte Politikverdrossenheit zur Folge gehabt hätte. Den schwierigen Verhandlungen sollte entsprechend Zeit eingeräumt werden, so Sebastian Kurz und Werner Kogler, deren wichtigstes Ziel war, eine Regierungsvereinbarung zu erarbeiten, die beiden Parteien gerecht sein würde und, wie es oft 60 hieß, „das beste aus beiden Welten“ vereinen sollte. Umso erleichterter waren dann viele, als die beiden Parteichefs am späten Sonntag, dem 29. Dezember, bekanngaben, die Einigung sei geschafft. Den Statuten der Grünen entsprechend, wurde umgehend ein Bundeskongreß einberufen, der letztendlich über die Regierungsbeteiligung abstimmen sollte. Auch wenn eine Zustimmung sehr wahrscheinlich gewesen war, wurde doch mit Spannung auf deren prozentuellen Ausgang gewartet. Am 2. Jänner waren Sebastian Kurz und Werner Kogler zum Bundespräsidenten eingeladen worden, um diesem ihr Regierungsprogramm zu präsentieren, wenig später, um 16 Uhr, stellten es Kurz und Kogler in der Aula der Wissenschaften vor und gaben auch die Liste der MinisterInnen und deren Ressortzuständigkeit bekannt. Zwei Tage später, am 4. Jänner erfolgte dann der letzte Schritt zur Koalition: 93 % der Delegierten beim Bundeskongreß in Salzburg stimmten für die türkis-grüne Re - gierung, 99 % von bestätigten auch die MinisterInnen-Riege der Grünen. Der Vorstandsbeschluß in der ÖVP er - folgte übrigens einstimming. Foto: HBF / Carina Karlovits / Peter Lechner Bundeskanzler Sebastian Kurz setzt neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen seine Unterschrift auf das Ernennungsdekret. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 Innenpolitik 61 Van der Bellen: »Ich wünsch mir eine rot-weiß-rote Regierung« Am 7. Jänner nahm Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Angelobung der neuen Bundesregierung vor. „Die Objektive der Kameras waren in den letzten Monaten ungewöhnlich oft auf diesen Raum hier gerichtet. Nach den hinlänglich bekannten Ereignissen seit dem Mai des Vorjahres, von Ibiza über die Regierung Bierlein bis hin zur Neuwahl des Nationalrats im Herbst schließt sich jetzt der Kreis: Das heißt, ich werde heute eine neue Bun - desregierung angeloben“, leitete der Bun des - präsident seine Rede in der Hofburg ein. Unsere Demokratie sei lebendig, was sich im letzten Jahr gezeigt habe. Sie habe die Kraft zur Selbstreinigung und die Kraft zur Erneuerung. Eine maßgebliche Rolle dabei hätten unabhängige JournalistInnen in unabhängigen Medien gespielt. Und trotz aller Unvorhersehbarkeiten und Überraschungen „haben wir das alle gemeinsam ganz gut hingekriegt. Das macht mich zuversichtlich und sollte uns alle optimistisch stimmen“. Wesentlichgeholfen habe die Einsatzbereitschaft und die Arbeit der Regierung Bierlein, bei der sich das Staatsoberhaupt „sehr herzlich“ bedankte, „natürlich besonders bei der bisherigen Bundeskanzlerin, Brigitte Bierlein. Diese Bundesregierung hat der Re - publik einen großen Dienst erwiesen. Zum Wohl von uns allen. Danke dafür!“ Das Wohl aller in den Mittelpunkt zu stellen, das sei auch die Aufgabe der anzugelobenden Bundesregierung, in die nicht nur er, sondern gewiß auch die Bürgerinnen große Erwartungen hätten. Das sorgsam wieder auf - gebaute Vertrauen müsse weiter ausgebaut wer den, denn unsere Demokratie und unsere Institutionen würden vom Vertrauen der Bür - gerInnen leben. Und dieses Vertrauen sei nicht selbstverständlich, es müsse immer wieder neu erworben und errungen werden, so Van der Bellen weiter. Die ÖsterreicherInnen würden nun erwarten, daß die Bundesregierung zügig, ruhig und gewissenhaft für unser Land arbeite. „Und ich ersuche Sie, bleiben Sie dabei immer im Gespräch. Na - türlich miteinander. Aber auch mit den anderen Parlamentsparteien, mit der Zivilgesellschaft, mit Ihren Gegnern genauso wie mit Ihren Fans.“ „Meine Damen und Herren! Ihnen wird nun Macht in die Hände gelegt. Macht ist ein legitimes und notwendiges Mittel der Politik. Macht braucht Balance. Macht braucht Kontrolle. Macht ist stets Mittel, nicht Zweck. Die durch demokratische Wahlen auf Foto: HBF / Carina Karlovits / Peter Lechner Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Vizekanzler Werner Kogler Zeit verliehene Macht ist immer ein Mittel, um den Menschen unserer Heimat zu dienen. Sie soll auch dazu dienen, unsere liberale, rechtsstaatliche Demokratie weiterzuentwickeln und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und in Europa zu stärken. Meine Damen und Herren! Ich wünsche mir, daß die Farben dieser Regierung rotweiß-rot sind. Rot-weiß-rot heißt, miteinander zu reden, bis es eine Lösung gibt, die ge - meinsam in die Zukunft führt. Rot-weiß-rot heißt, die Grund- und Freiheitsrechte zu stärken und zu achten. Rot-weiß-rot heißt, Einzelinteressen zurückzustellen, um das ge - meinsame Wohlergehen zu fördern. Und Rot-weiß-rot heißt, die großen Fragen unserer Zeit mutig und zuversichtlich anzugehen. Und schließlich heißt rot-weiß-rot auch, an »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at die kommenden Generationen zu denken“, so der Bundespräsident. „Ich habe mit jeder einzelnen, jedem einzelnen von Ihnen im Vorfeld ein Gespräch ge - führt. Und werde Ihnen nun die politischen Geschicke unserer Heimat Österreich in Ihre Hände legen. Ich wünsche Ihnen für diese wichtige und ehrenvolle Aufgabe alles Gute und viel Erfolg!“ Dann folgte der verfassungsmäßige Teil der mit der Enthebung der alten Bundesregierung und danach zur Er nennung und An - gelobung der neuen Bundesregierung und zur Ernennung des Bundeskanzlers: „Gemäß Artikel 70 Absatz 1 des Bundes- Verfassungsgesetzes ernenne ich Sie, Herr Sebastian Kurz, zum Bundeskanzler. Der Bundeskanzler ist zudem vor Antritt seines
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Foto: Andreas Marent / www.marent.i
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