ÖSTERREICH JOURNAL NR. 186 / 01. 07. 2019 Österreich, Europa und die Welt 50 sammenhang mit dem Altan der Neuen Burg, vom dem Adolf Hitler 1938 den „Anschluß“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich verkündete. Malyj Trostenez ist ein europäischer und auch ein österreichischer Gedenkort. Für die Ausstellung wurde daher ein eigener Österreich-Teil erarbeitet. Das hdgö war dabei Mo - tor einer Kooperation zwischen dem Vienna Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI), _erinnern.at_, dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und weiteren wichtigen Institutionen, die zudem von der Kunst- und Kultursektion des Bundeskanzleramtes unterstützt wurde. Anhand von bislang großteils unbekannten Quellen werden Einblicke in Biografien österreichischer Opfer gegeben, aber auch Täter, verfehlte Aufarbeitungen der österreichischen Nachkriegsjustiz und aktuelle Formen des Gedenkens thematisiert. Erinnert wird zudem an das Engagement Simon Wie - senthals, die Täter rechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Das Modell des im März 2019 enthüllten österreichischen Denkmals in Malyj Trostenez, das auf einen Entwurf von Daniel Sanwald zurückgeht, verweist auf jüngste Initiativen des Gedenkens an einer zentralen NS- Mordstätte, die lange Zeit vergessen war. Malyj Trostenez – ein österreichischer Gedenkort an die Shoah Der Vernichtungsort Malyj Trostenez steht in unmittelbarer Verbindung mit dem Beginn des deutschen Angriffskriegs gegen die Sowjetunion im Juni 1941. Waren bisher Vertreibung und Beraubung das Ziel der NS- Verfolgungspolitik, fiel nun die Entscheidung zur Vernichtung. Am 15. Oktober 1941 begannen im ganzen Reich die Deportationstransporte. Aus Wien wurden von Oktober 1941 bis Oktober 1942 fast wöchentlich 1000 Personen deportiert. Sie wurden in den Sammellagern im 2. Wiener Gemeindebezirk in terniert und in offenen Lastwagen zum Aspangbahnhof gebracht. Von dort gingen in den Jahren 1941/42 insgesamt 45 Transporte mit mehr als 45.000 Menschen in die Gettos, Konzentrationslager und Vernichtungsorte. Zwischen Mai und Oktober 1942 wurden neun Transporte aus Wien nach Malyj Trostenez geführt. Abgelegen und doch per Bahn erreichbar, erschien Malyj Trostenez für die NS-Behörden der Vernichtung als geeigneter Exekutionsort für Massenerschießungen. Ab Juni 1942 wurden auch Gaswagen eingesetzt. Foto: Haus der Geschichte Österreich / Lorenz Seidler Ausstellungsansicht im Haus der Geschichte Österreich Malyj Trostenez ist – nach Auschwitz- Birkenau – jener Ort, an dem die meisten österreichischen Opfer der Shoah ermordet wurden. Nahezu 10.000 österreichische Jü - dinnen und Juden wurden dort getötet. Insgesamt sind nur 22 österreichische Überlebende bekannt, die von der SS als ZwangsarbeiterInnen eingesetzt wurden. Die Gesamtzahl der von 1942 bis zum Rückzug der Deutschen im Sommer 1944 in Malyj Trostenez Ermordeten liegt zwischen 55.000 und 60.000 Menschen. Überwiegend waren es Jüdinnen und Juden aus Weißrußland und dem Deutschen Reich, aber auch »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at sowjetische Kriegsgefangene und nichtjüdische Zivilbevölkerung, die als Partisanenverdächtige in weißrussischen Dörfern ge - fangen genommen und als „arbeitsunfähig“ eingestuft wurde. Die Namen der meisten Opfer sind bis heute unbekannt. Die internationale Wanderausstellung wird erstmals in Österreich gezeigt, zugleich bildet Wien den Abschlußort des Ausstellungsprojekts. Die Ausstellung im hdgö wur - de am 13. Juni 2019 von Bundespräsident Alexander Van der Bellen eröffnet. n https://www.hdgoe.at/
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 186 / 01. 07. 2019 Österreich, Europa und die Welt Das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) lud in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Unterstützung der ÖBB zur Internationalen Tagung zur dunkelsten Geschichte der europäischen Eisenbahnen. Eine gemeinsam vom Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften konzipierte Tagung versuchte von 11. bis 13. Juni vergleichende Perspektiven auf die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Deportation von Jüdinnen und Juden aus den von der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg besetzten Ge - bieten, den ersten Schritt am Weg zur mörderischen Vernichtung von Millionen Menschen, zu entwickeln. ÖBB-Chef Andreas Matthä verwies bei der Begrüßung auf die zentrale Rolle der Bahnen in der grausamsten Geschichte des 20. Jahrhunderts, auf die Verpflichtung, der Opfer zu gedenken und einen Beitrag zur historischen Aufarbeitung zu leisten. Auch Andreas Matthä, Generaldirektor ÖBB-Holding AG, bei seinen Begrüßungsworten. Iris Eliisa Rauskala, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wand - te sich an die TeilnehmerInnen der Ta gung. Foto: ÖBB / Christian Zenger Deportiert. 51 Foto: VWI Foto: VWI Traude Kogoj berichtete über die von ihr organisierte Ausstellung „Verdrängte Jah re. Bahn und Nationalsozialismus in Ös terreich 1938–1945“. Die dreitägige Konferenz fand in den Räumlichkeiten der ÖBB-Zentrale am Wiener Hauptbahnhof statt, eröffnet wurde sie *) „Anatomie eines Genozids. Das Leben und der Tod einer Stadt namens Buczacz.“ Auch Iris Eliisa Rauskala, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wand te sich an die TeilnehmerInnen der Ta gung. mit der Präsentation verschiedener künstlerischer, wissenschaftlicher und pädagogischer Vorhaben zur Deportation – darunter auch das von Traude Kogoj betreute Arbeits- und Ausstellungsprojekt der ÖBB „Verdrängte Jahre. Bahn und Nationalsozialismus in Ös - terreich 1938–1945“. Einige der Panels der Ausstellung waren auch am Tagungsort zu sehen. Das Hauptreferat hielt der renommierte Historiker Prof. Omer Bartov zu „Anatomy of a Genocide. The Life and Death of a Town Called Buczacz“. *) „Meine Gedanken drehen sich stets um den Völkermord, wie das Verhältnis zwischen Opfern und Tätern aufgestellt ist“, so Bartov. Im Völkermord, der von den Nationalsozialisten begangen worden war, seien die Berührungspunkte zwi - schen den beiden Gruppen gering gewesen, die Opfergruppe sei weggeführt, aus dem Blickfeld geschafft worden. „Doch in den 1990er Jahren gab es abermals zwei Völkermorde, einer in Ruanda, einer in Bosnien“, so der Professor für europäische Geschichte und deutsche Studien an der Brown University in Providence, USA. „Da gab es nichts »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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Fotos: epd / Uschmann ÖSTERREICH J
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