ÖSTERREICH JOURNAL NR. 183 / 01. 04. 2019 Österreich, Europa und die Welt Neues Teilchenbeschleuniger- Experiment in Japan mit ÖAW 48 Das Belle II-Experiment am japanischen Teilchenbeschleuniger SuperKEKB hat seinen Vollbetrieb aufgenommen – PhysikerInnen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sind maßgeblich daran beteiligt Foto: KEK WissenschaftlerInnen, die am Vertex-Detektor gearbeitet haben im Bild mit ÖAW-Forscher Markus Friedl (2.v.l.) und Florian Buchsteiner (4.v.l.) Nach Jahren der Vorbereitung und einem entwickelt und gebaut. Wie schon in den fene Belle II-Experiment zielt darauf ab, 50 erfolgreichen Testbetrieb in der ersten letzten Jahren werden sich die ÖAW-PhysikerInnen Mal mehr Daten zu sammeln als sein Vorgänger Jahreshälfte 2018 hat das neue Belle II-Ex - periment am SuperKEKB-Collider seinen Betrieb aufgenommen. Der Teilchenbeschleuniger im japanischen Tsukuba in der Nähe von Tokio besteht aus einem unterirdischen, rund drei Kilometer langen Ring, in dem jeweils auf zwei gegenläufigen Umlaufbahnen Elektronen und ihre Antiteilchen, die Positronen, beschleunigt werden. Im Inneren des Detektors stoßen sie zusammen. Nun wurden am 25. März die ersten Elektron-Positron-Kollisionen im Belle II- Ex periment registriert, das nun vollständig mit einem hochmodernen Vertex-Detektor aus gestattet ist. Dieses Instrument vermißt die Teilchenbahnen in der Nähe des Kollisionspunktes mit einer Genauigkeit von wenigen Mikrometern. Das Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist seit 2001 an japanischen Experimenten beteiligt und hat einen Teil auch mit der Auswertung der Belle II-Daten beschäftigen, insbesondere für die Suche nach Dunkler Materie. Vorgängerexperiment erhielt Nobelpreis Belle II wird vom japanischen Forschungsträger KEK getragen und von einer internationalen Kollaboration aus 113 Forschungseinrichtungen mit rund 500 WissenschaftlerInnen betrieben, davon etwa ein Drit - tel aus Europa. Beim Experiment am Super- KEKB-Teilchenbeschleuniger werden durch gezielte Kollisionen von Elektron- und Positronpaketen Paare von sogenannten B-Mesonen erzeugt, die äußerst kurzlebig sind und deren Zerfallsprodukte von den Detektoren noch präziser als im Vorgängerexperiment KEKB erfaßt werden. Was den SuperKEKB etwa vom LHC- Teilchenbeschleuniger am CERN in der Schweiz unterscheidet, ist die niedrigere Energie bei gleichzeitig höherer Anzahl an Belle, der bis zum Jahr 2010 in Be - trieb war und mit seinen Forschungsergebnissen die Grundlage für den Physik-Nobelpreis 2008 an Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa gelegt hat. Elfköpfige österreichische Forschungsgruppe in Japan „Mit unserem bisherigen Wissen lassen sich nur etwa fünf Prozent des Energieinhalts im Universum beschreiben, nicht aber die Eigenschaften von Dunkler Energie und Dunkler Materie. Mit diesem neuen Detektor erhoffen wir uns Ergebnisse jenseits des bisher bekannten Standardmodells der Physik“, sagt Christoph Schwanda von der ÖAW, der die elfköpfige österreichische Forschungsgruppe am SuperKEKB leitet. Die nun eingeleitete Phase des Belle II- Experiments wird bis 2027 laufen – die ÖAW-PhysikerInnen sind über den gesamten Zeitraum an der Auswertung der Daten des Vertex-Detektors, den sogenannten Silizium-Vertexdetektor Teilchenkollisionen, wodurch hochpräzise beteiligt. n (SVD), federführend Messungen möglich sind. Das nun angelau- http://www.oeaw.ac.at »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 183 / 01. 04. 2019 Österreich, Europa und die Welt Ohne Fallschirm vom Weltraum zur Erde 49 Ein ambitioniertes Raketenprojekt mit Beteiligung des TU Wien Space Teams ist geglückt: Aus dem Weltraum wurden Meßgeräte abgeworfen, die ohne Fallschirm wohlbehalten zur Erde zurückkehrten. Die Projektidee klingt beinahe unmöglich: Kann man röhrenförmige Meßgeräte aus dem Weltraum abwerfen, die im freien Fall Meßdaten sammeln und dann ganz von selbst, ohne Fallschirm, wohlbehalten zur Erde zurückkehren? Das Projekt Daedalus, ein Zusammenschluß von Studierenden der Universität Würzburg und des TU Wien Space Teams, hat nun bewiesen: Ja, das läßt sich machen. Eigentlich wäre das Experiment schon vor einem Jahr geplant ge - wesen, damals gab es allerdings unerwartete Probleme mit der deutsch-schwedischen Trä - gerrakete. Am 4. März konnte der Raketenstart mit den Meßgeräten an Bord endlich nachgeholt werden. Nun, nachdem die Daten ausgewertet sind, zeigt sich: Das Projekt war ein voller Erfolg. Das Space Team der TU Wien ist ein Studierenden-Verein, der in den letzten Jahren immer wieder aufwändige Weltraumprojekte durchgeführt hat – von der Entwicklung eige ner Raketen bis zum Start eines Mini-Satelliten. Das Space Team der TU Wien vor der Trägerrakete Foto: Projekt Daedalus Daten sammeln in höheren Atmosphäreschichten Das Ziel war, ein Gerät zu entwickeln, mit dem man günstig und einfach meteorologische Daten sammeln kann. Die Höhe von etwa 70 bis 80 Kilometern ist besonders in - teressant: Für Wetterballons, die höchstens auf 30 bis 40 Kilometer aufsteigen können, ist das bereits zu hoch, und mit Satelliten lässt sich dieser Bereich der Atmosphäre nur schlecht erfassen. Die Grundidee für das neuartige Meßgerät erinnert an Ahornsamen, die durch ihre langen Flügel ganz langsam und sanft zu Bo - den sinken. Auch die drei röhrenförmigen Sonden des Daedalus-Projekts sind mit Flügeln ausgestattet, die ihren Fall bremsen. In den Weltraum befördert wurden die Sonden im Rahmen von „REXUS/BEXUS“, einer Kooperation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt mit dem Swedish National Space Board und der ESA. In einem unbesiedelten Gebiet in Schweden werden im Rahmen von „REXUS/BEXUS“ Raketen gestartet, die von Studierenden entwickelte Instrumente in eine Höhe von 70 bis 80 km transportieren. Großer Erfolg „Nach dem Auswerten der Daten können wir nun sagen, daß unser Experiment plangemäß verlaufen ist“, berichtet Christoph Fröh - lich, Präsident des Space Teams. 130 Sekunden lang stieg die Rakete auf, dann wurden die drei Sonden in einer Höhe von 75 km plangemäß ausgeworfen. Im freien Fall wurden sie auf 800 Meter pro Sekunde beschleunigt, bevor sie nach dem Wiedereintritt in die Atmosphäre abgebremst wurden. Bei der Landung hatten sie noch eine Geschwindigkeit von etwa 25 m/s. Mit Hilfe von Satellitenkommunikationsmodulen meldeten die Sonden dann ihren Aufenthaltsort, per Hubschrauber konnten alle drei schließlich ge bor - gen werden – etwa 33 km von der Startrampe entfernt. „Bis auf einige Flügel, die vermutlich durch Kontakt mit Bäumen bei der Landung abgebrochen sind, blieben die Sonden unversehrt“, sagt Christoph Fröhlich. Entscheidend für das Team war die Frage, ob der Ahornsamen-artige Bremsmechanismus korrekt funktioniert hat. „Wir konnten nun die Sensordaten auswerten, dazu gehören die Sinkgeschwindigkeiten und die Drehgeschwindigkeit der Sonden. Sie zeigen, daß die Sonden wie geplant in einer stabilen Ro - tation abgebremst wurden. Sie sind also nicht bloß wie ein Stein nach unten gefallen, und es kam auch nicht zu unkontrolliertem Trudeln.“ Das bedeutet, daß die im Rahmen des Daedalus-Projekts entwickelte Technologie funktioniert und sich für Atmosphärenexperimente bestens eignet. „Diesmal ging es uns darum, die Methode zu demonstrieren, in Zu kunft wollen wir auch wissenschaftliche Ex perimente in der Atmosphäre durchführen“, sagt Christoph Fröhlich. Eine Nachfolgemission ist bereits geplant. n http://www.spaceteam.at »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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Foto: Leopold Museum, Wien / Manfre
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