ÖSTERREICH JOURNAL NR. 205 / 19. 12. 2022 Österreich, Europa und die Welt 56 auf die ukrainische Infrastruktur, insbesondere auf die Energie- und Lebensmittelversorgung, aufs Schärfste und betonten die Be - deutung eines geschlossenen Vorgehens der EU-Mitgliedsstaaten gegenüber Rußland. Dies ist besonders in Bezug auf die Energiepolitik von Bedeutung nachdem der russische Präsident weiterhin Kälte und Hunger als Waffe einsetzt um den Widerstand der Ukra - ine zu brechen und einen Keil zwischen die Ukraine und ihre Verbündeten zu treiben. Ein weiteres zentrales Gesprächsthema der drei Außenminister war die zuletzt rasant zunehmende Migration nach Europa. Dabei verwies Schallenberg auf die Tatsache, daß temporäre Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen Österreich und der Slowakei erforderlich sind. Diese Tatsache alleine zeige, daß das Schengensystem in seiner derzeitigen Form gescheitert ist. Zudem konzentriere sich die Europäische Kommission nur auf die zentrale Mittelmeerroute, während die il - legale Migration über den Balkan dramatisch zugenommen hat. „Wir hatten dieses Jahr rund 100.000 Asylanträge. Im September und Oktober hatte Österreich die höchste Pro-Kopf-Belastung aller EU-Mitgliedsstaaten. Von den 100.000 illegalen Migranten, die in Österreich ankommen, sind rund 75.000 nicht in einem anderen Schengen- oder assoziierten Staat registriert worden. Das bedeutet, daß drei von vier Personen durch einen oder meh - rere sichere Staaten gereist sind, ohne registriert zu sein. Das muß ein Weckruf für Europa sein!“, unterstrich der Außenminister die überproportionale Last die Österreich trägt. In der Pressekonferenz im Anschluß an das Treffen sprach er sich zudem dafür aus, die Staaten des Westbalkans stärker in die gemeinsame Vorgehensweise der EU einzubeziehen und graduell in die EU zu integrieren. Europa müsse endlich Flagge zeigen und dürfe die Region nicht anderen Akteuren überlassen. Das Slavkov-Format, benannt nach dem Ort seiner Entstehung im Jahr 2015, ist ein Kooperationsformat zwischen Österreich, der Slowakei und Tschechien. Der regelmässige Austausch findet dabei auf allen politischen Ebenen statt. n Italiens neuer Außenminister Antonio Tajani zu Gast in Wien Außenminister Schallenberg empfing am 7. Dezember seinen neuen italienischen Amtskollegen Antonio Tajani zu einem bilateralen Treffen in Wien. Neben dem Austausch über die exzellenten bilateralen Be - Foto: Slowakisches Außenministerium / Tomas Bokor Foto: BMEIA v.r.: Außenminister Alexander Schallenberg mit seine Amtskollegen aus der Slowakei, Rastislav Káčer, und Tschechien, Jan Lipavský, im sogenannten „Slavkov 3“-Format Außenminister Alexander Schallenberg mit seinem italienischen Amtskollegen Antonio Tajani »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at ziehungen, standen das gemeinsamen Vorgehen in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg, die europäische Integration am Westbalkan sowie der Kampf gegen illegale Mi - gration im Zentrum des Gesprächs. Das ausgezeichnete Verhältnis zwischen Österreich und Italien spiegelt sich dabei be - reits in der Tatsache wider, daß der erste bilaterale Auslandsbesuch seit Amtsantritt den italienischen Außenminister nach Wien führte. Dies begrüßte Außenminister Schallenberg und sprach von unschätzbarem Wert, daß ein echter Europäer wie Antonio Tajani an der Spitze der Außenpolitik eines wichtigen europäischen Partners wie Italien stehe. Neben einer engen Abstimmung auf europäischer Ebene unterstrichen beide Außenminister die Weiterentwicklung der Südtirol- Au tonomie als besonderen Bereich der Zusammenarbeit. „Die Lösung der Volksgruppenfrage in Südtirol, mit der Garantie für die Rechte der deutschsprachigen Minderheiten, ist ein eu - ropäisches Vorzeigemodell für ein friedliches Zusammenleben in Europa und weltweit, das etwa den Staaten des Westbalkans ein Vorbild sein könnte“, betonte Schallenberg. Weiters begrüßte der österreichische Aussenminister die klare Haltung der neuen italienischen Regierung an der Seite der Ukraine und die scharfe Verurteilung des russischen Aggressors. Denn gerade in den nächsten Mo naten, so Schallenberg, sei Einigkeit und strategische Geduld auf europäischer Ebene
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 205 / 19. 12. 2022 Österreich, Europa und die Welt 57 unerläßlich. Nur so, als starke EU-27, könne der Kampf der Narrative gegen die russische Desinformation auch in anderen Weltregionen gewonnen werden. Die beiden Außenminister waren sich zudem einig, daß mit dem Westbalkan in un - mittelbarer geografischer Nähe sowohl Ös - terreichs als auch Italiens wirtschaftliche und politische Stabilität in der Region im In - teresse beider Staaten ist. Schallenberg – wie auch sein italienischer Amtskollege – hoben dabei die Notwendigkeit hervor, Bosnien und Herzegowina den Status einen EU-Kandidatenlandes zuzuerkennen. Als Zeichen der So - lidarität mit dem Westbalkan-Staat kündigten die beiden Außenminister nach ihrem Tref fen eine gemeinsame Reise nach Sarajewo an. Auch in puncto illegale Migration sprachen sich die beiden Außenminister angesichts des massiven Zustroms von Migranten über die Balkan- und Mittelmeerroute für europäische Lösungen sowie eine enge bilaterale Abstimmung aus. Schallenberg versicherte seinem Amtskollegen dabei, daß Österreich die schwierige Situation Italiens durch seine exponierte geografische Lage verstehe. Er wies darauf hin, daß Österreich pro Kopf zuletzt die höchsten Asylantragszahlen EU-weit zu verzeichnen hatte. „Die jetzige Situation ist unerträglich für die österreichische und italienische Bevölkerung, zumal in einer ohnehin herausfordernden Zeit“, so Außenminister Schallenberg. Zuletzt wurde der Alpentransitverkehr zwischen Österreich und Italien über den Brenner thematisiert. Auch diesbezüglich hofft Schallenberg auf baldige konkrete Er - gebnisse der Gespräche zwischen der EU- Kommission, Deutschland, Italien und Öster - reich. Um den Güterverkehr auf die Schiene verlagern zu können, müssen zum einen der Brennertunnel rasch fertiggestellt, zum an - deren aber auch genügend Kapazitäten für den Schienenausbau in Italien und Deutschland geschaffen werden. n Nordmazedoniens Außenminister Bujar Osmani zu Gast in Wien Am 9. Dezember empfing Außenminister Alexander Schallenberg seinen Amtskollegen aus Nordmazedonien, Bujar Osmani, zu einem Arbeitstreffen in Wien. Die beiden Außenminister tauschten sich über den EU- Erweiterungsprozeß, die Rolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angesichts des russischen An griffskrieges gegen die Ukraine sowie Migrationsthemen aus. Foto: BMEIA / Gruber Außenminister Schallenberg mi seinem nordmazedonischen Amtskollegen Bujar Osmani Eingangs versicherte Schallenberg seinem Amtskollegen, daß Österreich in be - währter Weise Nordmazedonien tatkräftig auf seinem Weg zur EU-Vollmitgliedschaft un - terstützen werde. Ein wichtiger Schritt in dieser Hinsicht war die Billigung des Beitritts - verhandlungsrahmens für Albanien und Nordmazedonien durch den Rat der Europäischen Union im Juli 2022. In diesem Zu - sammenhang sprach sich Schallenberg für einen graduellen EU-Beitrittsprozeß aus, der in einer Vollmitgliedschaft der Beitrittskandidatenländer münden würde. „Ein stufenweises EU-Beitrittsmodell würde es erlauben, die EU-Beitrittskandidaten am Westbalkan informell wie Vollmitglieder zu behandeln. Dies wäre ein wichtiges Signal, das viel bewirken könnte, und ein notwendiger Schritt, den EU-Beitrittsprozeß mit neuem Leben zu erfüllen“, betonte Schallenberg die Vorzüge des österreichischen Vorschlags. Neben Diskussionen über den Stand der EU-Erweiterung tauschte sich der Außenminister mit seinem Amtskollegen auch über die Rolle der OSZE angesichts des russischen Angriffskrieg aus. Das jüngste Treffen des OSZE-Ministerrates in der polnischen Stadt Łódź habe große Einigkeit einer Mehrheit der teilnehmenden Staaten hinsichtlich der Unterstützung der Ukraine verdeutlicht. Die Wiederaufnahme der Aktivitäten der Organisation im Land werde positive Auswirkungen, etwa im Bereich der Entminung und Umweltsanierung, mit sich bringen. Gleichzeitig seien die zahlreichen Herausforderungen, die die russische Aggression für die zukünftige Funktionsweise der OSZE bedeute, sichtbar geworden. »Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at Mit Hinblick auf die derzeit wieder an - steigenden Migrationsströme nach Europa betonte Schallenberg Österreichs enge Ko - operation mit Nordmazedonien im Bereich des Migrationsmanagements. Eine effizienter Schutz der EU-Außengrenzen setze voraus, daß die Staaten des Westbalkans ihre Visapolitik an jene der EU-Mitgliedsstaaten an - gleichen. n Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis zu Gast in Wien Außenminister Alexander Schallenberg begrüßte am 9. Dezember seinen Amtskollegen aus Litauen, Gabrielius Landsbergis, zu einem Arbeitstreffen in Wien. Im Mittelpunkt des Austausches stand der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, insbesondere die europäischen Unterstützungsleistungen vor dem Hintergrund des herannahenden Win - ters sowie die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen. Zudem sprachen die beiden Außenminister über aktuelle Entwicklungen im Iran und steigenden Migrationsdruck. Eingangs unterstrich Außenminister Alexander Schallenberg die exzellenten Beziehungen zwischen Österreich und Litauen und bekräftigte seinen Wunsch, diese durch ei - nen Ausbau der Handelsbeziehungen und ge - genseitige Besuche weiter zu intensivieren. Litauen habe sich zu einem wichtigen Akteur in der europäischen Sicherheitsdebatte entwickelt. Dies sei angesichts seiner Geschichte und der geografischen Nähe mit Rußland auch mit Hinblick auf die russische Aggression gegen die Ukraine der Fall. In diesem Zusammenhang verurteilten die beiden Außenminister einheitlich, daß die ukrainische Zivilbevölkerung mittler-
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