ÖSTERREICH JOURNAL NR. 202 / 21. 03. 2022 Chronik 110 genannten – Karlsplatz um 1900 folgte nun ein zweiter, gestaltet nach den Prinzipien der entflochtenen und beschleunigten Stadt der Nachkriegsmoderne. Man teilte den Platz in zwei strikt getrennte Bereiche: Verkehrszone und Grünraum, „Stadtautobahn“ und „Stadtparadies“ bestehen hier seitdem nebeneinander. Mit dem neu gestalteten Resselpark wurde bis 1978 eine fünf Hektar große Fußgängerzone geschaffen, einige Fahrbahnen wurden be - seitigt. Am architektonisch und städtebaulich unvollendeten Charakter des Platzes änderte all das freilich wenig. Kleeblattblüte: Autobahnknoten Prater, 1972 Aus der Luft wirken die gigantischen Ver - kehrsbauwerke der Automobilisierung bisweilen wie in die Landschaft gepinselt. Mit ihrer eigenwillig scheinenden Geometrie überspannen sie Verkehrs- und Versorgungslinien, überlagern oder zerschneiden oft Stadtstrukturen und prägen ihnen die räumliche Logik des beschleunigten, kreuzungsfreien Individualverkehrs ein. Der Autobahnbau in und um Wien ist ein Langzeitprojekt, das von seinen Anfängen im Nationalsozialismus bis in die Gegenwart reicht. Nach fast zehnjähriger Bauzeit wurden 1970 die ersten innerstädtischen Abschnitte der Südosttangente zwischen Inzersdorf und Favoriten sowie zwischen dem Prater und Kaisermühlen dem Verkehr übergeben. Das „Kleeblatt“ des Knotens Prater blieb einige Jahre lang unvollendet, die weiterführende Hochstraße St. Marx sollte erst 1977 realisiert werden. Die A23 ist heute eine der meistbefahrenen Straßen Europas. Der Donauzwilling in der Sandkiste: Entlastungsgerinne, 1973 Die Verbesserung des Hochwasserschutzes an der Donau bedingte eine der längsten Baustellen in der Geschichte Wiens – so - wohl hinsichtlich der Bauzeit (1972–1988) als auch der Ausdehnung (21 Kilometer Län - ge). Parallel zum Hauptstrom wurde im Überschwemmungsgebiet ein 200 Meter breites „Entlastungsgerinne“ angelegt, der Aushub wurde gleich daneben als Donauinsel angeschüttet. Das geschah zunächst in getrennten Abschnitten. Man arbeitete sich von den beiden Enden aus vor, erst in den 1980er Jahren erreichte das neue Gewässer die zentraleren Stadtgebiete. Anfänglich als „Donauzwilling im Doppelbett“ oder „zweite Donau“ beworben, hieß es ab 1984 offiziell „Neue Donau“. Foto: Stadt Wien Foto: Stadt Wien Einlaufbauwerk Neue Donau, Schrägluftaufnahme, 1974 Was als Wasserschutzbau begonnen hatte und teilweise hätte verbaut werden sollen, wurde zu einem beliebten Erholungs- und Freizeitareal. Es ist heute aus der Topografie Wiens nicht mehr wegzudenken und trägt wesentlich zur Lebensqualität in der Stadt bei. Neue Muster? Zweite Wiener Internationale Gartenschau, 1974 Für die Wiener Internationale Gartenschau 1974 (WIG 74) wurde am Südhang des Laaer Berges nach einem Konzept von Landschaftsarchitekt Erich Hanke eine weitläufige, vom Lehmabbau geformte Brachfläche umgestaltet. Über die vielgestaltige Topografie wurde ein Netz aus geschwungenen We - gen gelegt, Themengärten und Gewässer soll - ten BesucherInnen anlocken. An futuristischen Formen, Mustern und Attraktionen hat Zweite Wiener Internationale Gartenschau, 1974 »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at man nicht gespart. So gab es etwa einen „Utopischen Garten“ und die Themenspielplätze „Universum“, „Mond“ und „Erde“. Eine Einschienenbahn in Hochlage zog ihre Kreise. Trotz ihrer betonten Neuheit war die - se formale Rhetorik bald überholt. In der Landschaftsgestaltung ging man zu naturnäheren Konzepten über, wie sie zum Beispiel am Wienerberg umgesetzt wurden. Nach der sechsmonatigen Schau wurde das WIG-Gelände zum öffentlichen „Kurpark Oberlaa“. Er ist bis heute ein wichtiges Naherholungsgebiet. Die ungeplante Großbaustelle: Reichsbrücke und UNO-City, 1976 Am 1. August 1976 stürzte in den frühen Morgenstunden die Reichsbrücke ein. Aufgrund von Materialermüdung hatte ein Auflager nachgegeben. Es folgte eine rasch im -
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 202 / 21. 03. 2022 Chronik 111 provisierte Großbaustelle: Brückentrümmer mußten geborgen und eine Rinne für die Schifffahrt freigemacht werden, Behelfsbrücken wurden errichtet. Das alles geschah vor dem Hintergrund der Baustelle der UNO-City. Das Prestigeprojekt war auch ein Symbol für den städtebaulichen Sprung über die Donau und die Internationalisierung Wiens. Bei der Wiederherstellung der Strom - querung war daher Eile geboten: Bereits Ende 1980 wurde die neue Reichsbrücke dem Verkehr übergeben. Das Unglück erweist sich retrospektiv auch als „Glücksfall“: Die neue, leistungsfähige Doppelstockbrücke machte den für die U1 vorgesehenen Brükkenneubau überflüssig. Auch auf die im Bau befindliche Donauinsel konnte durch die Neu planungen präzise reagiert werden. Foto: Stadt Wien Das Wien Museum am Karlsplatz Das Wien Museum bewahrt über eine Million Objekte und erforscht die Sammlung der Stadt Wien und zeigt deren Geschichte, aufgeladen mit Kunst, Mode, Fotos, Architektur, Musik, Zeitgeschichte, Populärkultur, Archäologie und Alltagskultur. 20 Standorte in ganz Wien Das Wien Museum verfügt über 20 Stand - orte: MUSA, Startgalerie, Artothek, Hermesvilla, Römermuseum, Pratermuseum, Uhren - museum, Virgilkapelle, Neidhart Festsaal, Haydnhaus, Johann Strauss Wohnung, Beethoven Museum, Pasqualatihaus, Schubert Ge - Reichsbrücke und UNO-City, Schrägluftaufnahme, 1976 burtshaus, Schubert Sterbewohnung, Mozart - wohnung, Otto Wagner Pavillon, Otto Wagner Hofpavillon Hietzing, Ausgrabungen am Michaelerplatz. 533.000 BesucherInnen konnten 2018 ge - zählt werden, wobei 75 Prozent aus Österreich kamen und 25 Prpozent aus dem Ausland angereist waren. Im Februar 2019 wurde das Wien Mu - seum am Karlsplatz für eine umfassende Sa - nierung und Er wei terung geschlossen. Das 1959 eröffnete, von Oswald Haerdtl geplante Gebäude wird zu einem zukunftsweisenden Stadtmuseum ausgebaut, mit mehr Platz für Ausstellungen, adäquate Flächen für Vermittlung und Schulklassen, funktionale Räumen für Veranstaltungen und ansprechende Kulinarik geschaffen wird. In einem Beschlß des Wiener Gemeinderats vom April 12016 stehen 108 Mio. Euro aus dem Budgetmitteln der Stadt Wien für die Arbeiten bereit. Die Wiedereröffnung nach dem Umbau ist für Ende 2023 vorgesehen. Sonderausstellungen finden während der Bauphase im Wien Museum MUSA (Felderstraße 6-8, 1010 Wien), gleich neben dem Rathaus statt. n https://www.wienmuseum.at/ © Certov, Winkler + Ruck Architekten Dieses Rendering von Certov, Winkler + Ruck Architekten zeigt die geplante Außenansicht des „Wien Museum Neu“ am Karlsplatz »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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