ÖSTERREICH JOURNAL NR. 202 / 21. 03. 2022 Chronik 108 „städtebaulicher Kristallisationspunkt von vielfältiger Allgemeinbedeutung“ sein. Der seither mehrfach erweiterte Gebäudekomplex ist bis heute das größte Veranstaltungszentrum Österreichs. Vom Stern zum Ei: Praterstern, 1957 Der ab 1780 angelegte Sternplatz mit sieben einmündenden Straßen wurde in der Nachkriegszeit zu klein und zu kompliziert. Das „Problem Praterstern“ war vor allem eines des modernen Massenverkehrs und der Automobilisierung – insbesondere bei Messebetrieb, Fußballspielen im Stadion oder Badewetter an der Alten Donau. Gelöst wurde es durch eine radikale und zugleich kostengünstige Neuorganisation mit einem eiförmigen „Verteilerkreis“ von etwa 300 Metern im Durchmesser. Die Einmündung der Heinestraße wurde dabei gekappt, der neue Schnellbahnhof sowie ein Busbahnhof ka men in die Mitte. FußgängerInnen mußten die Betonfahrbahnen in sechs Tunnels unterqueren. Mit dem Nordbahnviadukt verschwanden auch die alte Eingangssituation in den Wurstelprater und die Stadtbahnstation. Wäh - rend die präzise Raumfigur des alten Pratersterns durch den Umbau unkenntlich wurde, entstand in Wien einer der größten Kreisverkehre der Welt. Dreieck, Knoten, Schleife, Reindl: Schottentor, 1960 Der dreieckige Platz um die Votivkirche und der anschließende Knick der Ringstraße sind neuralgische Orte im Wiener Verkehrsgeschehen. 1959 bis 1961 wurden sie Schauplatz einer komplexen Großbaustelle: Die gründerzeitliche, symmetrische Platz- und Parkgestaltung wich einem multifunktionalen Großprojekt im Dienst des modernen Stadtverkehrs. Die Schottenkreuzung wurde dabei nach Plänen von Kurt Schlauss zu einem Knotenpunkt mit zweigeschossiger Straßenbahnschleife umgebaut. Die Schottenpassage sollte, ähnlich der Opernpassage, oberirdische Querungen des Rings reduzieren und Umsteigewege verkürzen. Benannt nach dem amtierenden Bürgermeister und hinsichtlich der eigenwilligen Form erhielt das Verkehrsbauwerk bald den Spitznamen „Jonasreindl“. Mit direktem Anschluß an die Passage und unter dem heutigen Sigmund-Freud-Park entstand zugleich die erste öffentliche Tiefgarage Wiens. Sie sollte die Autos von der Innenstadt fernhalten und diese damit entlasten. Foto: Stadt Wien Foto: Stadt Wien Foto: Stadt Wien Praterstern, Schrägluftaufnahme, 1968 Schottentor, Schrägluftaufnahme, 1960 Mülldeponie: Bruckhaufen & Bretteldorf, 1961 »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 202 / 21. 03. 2022 Chronik 109 Schicht auf Schicht: Mülldeponie Bruckhaufen & Bretteldorf, 1961 Langsam, aber stetig, begrub die städtische Mülldeponie Bruckhaufen ab den 1920er-Jahren das sogenannte Bretteldorf, Wiens bekannteste Elendssiedlung, unter sich. Jedes Jahr schob sich die meterhohe Wand aus Müll und Schutt etwas weiter nach Süden, die BewohnerInnen wurden schrittweise zur Absiedelung gezwungen. Im Zuge der Wiener Internationalen Gartenschau 1964 (WIG 64) wurde bald darauf eine weitere Schicht über dieses vertikale Ensemble aus alter Aulandschaft, Siedlungsresten und Abfall gelegt. Der Bau des Donauparks samt Donauturm sollte Erneuerung und Aufbruch signalisieren und zur städtebaulichen Aufwertung der Gebiete jenseits der Donau beitragen. Das erleichterte die Verdrängung dieses lange mit Armut und Schmutz assoziierten Ortes aus dem kollektiven Gedächtnis. An der Stel - le des Bretteldorfs befinden sich heute die UNO-City und der Donaupark. Zeile um Zeile: Wohnhausanlage Altmannsdorfer Straße, 1967 Einheitlichkeit, Auflockerung und funktionale Entmischung, Gesetzmäßigkeit in Hö - he und Orientierung – das waren städtebauliche Leitbilder von modernen Stadterweiterungsprojekten der 1960er-Jahre. Sie standen im Kontrast zur dichten und ge mischten alten Stadt. Dabei bildete die „Zeile“ oft den städtebaulichen Grundtypus. Die Wohnhausanlage an der Altmannsdorfer Straße 164– 182 (etwa 1.500 Wohnungen) wirkt wie ein Musterbuch dieser Vorstellungen. Zeilenbauten unterschiedlicher Höhen und Typen, Ladenzeile, Park- und Kinderspielplätze, Schule, Kindergarten und Atriumhäuser: Hier entstand 1961 bis 1965 eine funktionalistische „Tochterstadt“ am südli chen Stadtrand. Erstmals in Wien wurden kommunaler und genossenschaftlicher sozialer Wohnbau gemeinsam in einem Projekt realisiert. Die Anbindung an ein leistungsfähiges öffentliches Verkehrsmittel erfolgte allerdings erst 1995 mit der Verlängerung der U6. Weiterbauen an der „Gegend“: Karlsplatz, 1971 Im Zuge des U-Bahn-Baus ab 1969 klaffte am Karlsplatz einige Jahre die größte Baugrube Europas. Nach Jahrzehnten unrealisierter Entwürfe und Provisorien bot sich damit auch eine Chance, die Verkehrsströme an der Oberfläche neu zu ordnen. Dem er - sten – von manchen despektierlich „Gegend“ Foto: Stadt Wien Foto: Stadt Wien Foto: Stadt Wien Wohnhausanlage Altmannsdorfer Straße, 1967 Karlsplatz, Schrägluftaufnahme, 1956 Autobahnknoten Prater, 1972 »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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