ÖSTERREICH JOURNAL NR. 195 / 29. 10. 2020 Kultur 138 Cottagegasse 37 Jahrzehnte lang bewohnten Hauses auf Felix Salten. Die Bezeichnung „Bambi“ für ein junges Reh, die auf Felix Salten zurückgeht, ist längst sprachliches Allgemeingut geworden. Sie findet sich auch im Zusammenhang mit Keksen oder dem renommierten Medienund Fernsehpreis wieder. Der namensgebende Schriftsteller ist nach wie vor vergleichsweise Wenigen bekannt. Felix Saltens Kulturnetzwerk Seine breitgefächerte journalistische Tätigkeit als Kritiker und Rezensent für literarische Neuerscheinungen, Theaterpremieren, Kunstausstellungen und Filme, als Feuilletonist und engagierter Kommentator kulturpolitischer Themen, war zweifellos die Grundlage für Felix Saltens weitreichende Vernetzung im Wiener Kulturbetrieb nach 1900. Aber auch als Schriftsteller, Librettist sowie als Theater- und Drehbuchautor pflegte er Kontakte zu allen wesentlichen Protagonisten dieser Kunstsparten seiner Zeit. Darüber hinaus agierte er zeitweise in den Rollen des Literaturfunktionärs (Präsident des österreichischen P.E.N. Clubs) und Kulturmanagers (Intendant des „Jung-Wiener Theaters Zum lieben Augustin“). Die Vielzahl an persönlichen Kontakten, die sich für Felix Salten im Zuge seiner diversen Tätigkeiten ergaben, läßt sich anhand der erhalten gebliebenen Korrespondenzstücke und persönlichen Widmungen bestens dokumentieren. Sie belegen, daß Salten wesentlichen Ein fluß auf das Kulturleben der Wiener Mo - derne ausübte. Literatur Schon als Redakteur bei der Allgemeinen Kunst-Chronik sowie auch später bei der „Neuen Freien Presse“ gehörten Rezensionen und Literaturkritiken zu Felix Saltens vorrangigem Aufgabenbereich. Dadurch er - gaben sich für ihn zahllose Kontakte zu Schriftstellern, die er im Lauf der Zeit zu einem dichten literarischen Netzwerk ausbaute. Seine eigene literarische Arbeit wurde bald der Schriftstellergruppe Jung-Wien zu - gerechnet, deren bekannteste Protagonisten Arthur Schnitzler, Hermann Bahr und Hugo von Hofmannsthal waren. Auch Karl Kraus lernte Salten in diesem Umfeld kennen. Man traf sich in den Wiener Innenstadtcafés, um einander neue Texte zu zeigen, aber auch den aktuellen Klatsch zu bereden. Freundschaften wurden mitunter zu Feindschaften, vor - dergründiges Lob verwandelte sich oft hin - © Wien Museum Felix Salten: Gustav Klimt. Gelegentliche Anmerkungen, Buchschmuck von Berthold Löffler, Wien Verlag, Wien/Leipzig 1903 terrücks in harsche Kritik, und Mißverständnisse waren an der Tagesordnung. Gegenseitige Widmungen der neuesten literarischen Arbeiten und rege Korrespondenztätigkeit dokumentieren dieses Netzwerk. P.E.N. Club 1921 wurde der Internationale P.E.N. Club in London gegründet. Bereits zwei Jah - re später existierte eine eigene österreichische Sektion, in der Felix Salten 1927 für sechs Jahre die Funktion des Präsidenten übernahm. Das wohl wichtigste Projekt seiner Amtsperiode war der internationale P.E.N. Club-Kongreß in Wien 1929, bei dessen Eröffnungsrede Salten die völkerverbindende Funktion der Vereinigung hervorhob. Beim internationalen Treffen in Ragusa 1933 protestierten die Vertreter der USA, Belgiens und Frankreichs gegen die Bücherverbrennungen im nationalsozialistischen Deutschland. Felix Salten schloß sich diesem Protest nicht explizit an, da er dem Gründungsprinzip des P.E.N. Clubs anhing, sich nicht in politische Belange einzumischen. Diese Haltung trug ihm Kritik von verschiedenen Seiten ein. In der Folge stellte er sein Amt zur Verfügung und schlug auch eine weitere Funktion als Ehrenpräsident aus. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Seine eigenen Werke fanden sich ab 1935 auf der Liste verbotener Bücher. Theater Zum Theater unterhielt Felix Salten ebenfalls mehrfache Beziehungen: Über Jahrzehnte hinweg war er als einflußreicher Theaterkritiker tätig, er übersetzte fremdsprachige Stücke und verfaßte auch selbst mehrere Bühnenwerke. Im Fall der drei Einakter „Kinder der Freude“ (1917) zeichnete er bei der Wiener Uraufführung auch für die Regie verantwortlich. Bereits 1902 brachte Max Reinhardts „Kleines Theater“ in Berlin Saltens Schöne Seelen heraus. In der Folge kreuzten sich die Wege der beiden Männer wiederholt, etwa im Zusammenhang mit mög lichen Intendantenposten für Reinhardt an Wiener Theatern oder im Rahmen der Salzburger Festspiele. 1901 unternahm Felix Salten den Versuch, mit dem „Jung-Wiener Theater Zum lieben Augustin“ das erste literarische Kabarett in Wien zu etablieren. Die avantgardistische gra fische Gestaltung und das Bühnenbild stammten von Koloman Moser. Infolge harscher Pressekritik und schlechter Auslastung mußte Salten das Projekt bereits nach wenigen Vorstellungen als gescheitert erklären.
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 195 / 29. 10. 2020 Kultur 139 Musiktheater Daß der Kulturnetzwerker Felix Salten auch in die Wiener Musik- bzw. Musiktheaterszene zu Beginn des 20. Jahrhunderts in - volviert war, überrascht kaum. Abgesehen von persönlichen Kontakten zu Komponisten wie Franz Lehár oder Richard Strauss versuchte er sich auch selbst mehrfach als Librettist, dies allerdings unter dem Pseudonym Ferdinand Stollberg. Im Auftrag von Johann Strauss‘ Witwe Adele verfaßte er um 1910 für zwei bis dahin recht erfolglose Strauss-Operetten neue Texte, wobei „Reiche Mädchen“ mit dem Publikumsliebling Alexander Girardi in der Hauptrolle über zwei Jahre hinweg in Wien aufgeführt wur - de. Im Fall der Operette „Mein junger Herr“ von Oscar Straus stammte nicht nur das Libretto, sondern auch die Inszenierung der Erstaufführung von Salten/Stollberg. Die Pan tomime „Das lockende Licht“ war ein Ge - meinschaftsprojekt von Ottilies Neffen Wladimir Metzl, einem jungen, in Rußland aufgewachsenen Komponisten, und Felix Salten. Bildende Kunst Seit der Mitte der 1890er-Jahre schrieb Felix Salten auch regelmäßig über bildende Kunst. So verfaßte er beispielsweise Besprechungen von Ausstellungen, die im Künstler - haus, in der neu gegründeten Secession oder in der Ausstellungshalle des Hagenbunds stattfanden, und mischte so als Meinungsmacher in der boomenden Wiener Kunstszene um 1900 maßgeblich mit. Die hier ausgestellten Kunstwerke, die sich heute alle in der Sammlung des Wien Museums befinden, wurden von ihm beschrieben und kommentiert. Außerdem veröffentlichte Salten Künst - lerporträts und Nachrufe, und auch bei Denk - malenthüllungen und museumspolitischen Fragen meldete er sich regelmäßig zu Wort. Im berühmten Streit um die sogenannten Fakultätsbilder, die Gustav Klimt für die Decke des Festsaals im neuen Universitätsgebäude malte, bezog er in einer eigenen Pu - blikation eindeutig Stellung für den Künstler. Eine Folge seines dichten Künstlernetzwerks war auch, daß etliche von Saltens Büchern von namhaften KünstlerInnen seiner Zeit illustriert wurden. Film Nach der Beschäftigung mit der Operette versuchte sich Felix Salten an einer weiteren populären Kunstform, dem Film. Modernen Techniken gegenüber insgesamt sehr aufgeschlossen, verfaßte er 1913 unter dem Titel „Der Shylock von Krakau“ erstmals ein Filmdrehbuch. 1916 folgten „Der Glücksschneider“ und „Der Narr des Schicksals“, bei dem er auch Regie führte. Weitere Drehbücher folgten. An der Verfilmung von Arthur Schnitzlers „Liebelei“ durch Max Ophüls arbeiteten sowohl Felix Salten als auch sein Sohn Paul mit. Darüber hinaus gab Salten eigene Romane und Theaterstücke zur Verfilmung frei, etwa „Die kleine Veronika“ (1930) oder „Vorstadtvarieté“ (nach „Der Ge - meine“, 1935). Walt Disneys Welterfolg mit dem Zeichentrickfilm „Bambi“ (1942) bedeutete für Salten zwar größere Bekanntheit, finanziell profitierte er davon aber nicht, da er die Film - rechte bereits in den 1930er-Jahren an einen Dritten verkauft und die mögliche Vermarktung der Bambi-Figur am Spielwarensektor damals nicht in Erwägung gezogen hatte. Felix Saltens literarisches Werk Journalismus Erste Erfahrungen als Journalist sammelte Felix Salten bei kleinen Periodika, bevor er 1894 in der Wiener Allgemeinen Zeitung das Theaterreferat übernahm. 1902 ging Salten zur Zeit. Dort machte er unter den Pseu- Foto: Foto: Klaus Pichler Im Schatten von Bambi. Felix Salten entdeckt die Wiener Moderne, Ausstellungsansicht, Wien Museum MUSA »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 195 • 29. Oktober 2020
Foto: © The Schwarzenegger Climate
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Foto: HBF / Peter Lechner ÖSTERREI
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