ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 Österreich, Europa und die Welt 56 AkademikerInnen sind 87 Frauen (61 Prozent). Seit der Gründung der Sammlung im Jahr 1750 durch Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen, den Gemahl Maria Theresias, die quasi als Schutzherrin über die beiden ehemals kaiserlichen Sammlungen zwischen den großen Museen wacht, haben Forscherinnen, die oftmals in Vergessenheit geraten sind bzw. deren Tätigkeit gar nicht entsprechend gewürdigt wurde, die Geschichte des Hauses maßgeblich geprägt. An der österreichischen Brasilien-Expedition von 1817 nahm die Frau des Expeditionsleiters Johann Christian Mikan, Johanna Maria, teil. Mikan hatte sie erst drei Tage vor der Abfahrt geheiratet. Johanna Maria Mikan präparierte Tiere, vor allem Vögel, sie kümmerte sich um die lebenden Tiere und kochte für die Expeditionsteilnehmer während der Reisen in den Urwald. Die unter „Mikan“ laufenden Vögel im NHM Wien wurden von ihr präpariert. Als erste Frau, die sich 1842 auf eine Forschungsreise begab, ging Ida Pfeifer (1797- 1858) in die Sammlungsgeschichte des NHM Wien ein. Sie begann erst im Alter von 45 Jah ren zu reisen, nachdem ihre Söhne er - wachsen waren, und war bis zu ihrem Tod fast ständig unterwegs. Sie gilt als eine Frau, die sich ihre Fahrten und ihren Lebensunterhalt durch Publikationen ihrer Reiseerlebnisse und den Verkauf ihrer – während der Reisen angelegten – zoologischen, botanischen und ethnographischen Sammlung fi - nanzierte. Weder Überfälle noch Krankheiten hinderten sie, insgesamt 240.000 km zur See und rund 32.000 km zu Land zurückzulegen. Sie war auch in Gebieten unterwegs, die vor ihr kein Europäer gesehen hatte. Zahlreiche von ihr angelegte Kollektionen von Tieren, Pflanzen und Mineralien wurden von den Vereinigten k.k. Naturalien-Cabineten angekauft und befinden sich heute im NHM Wien. Josefine Kablik (1787-1863), eine böhmische, k. k. österreichische Botanikerin und Paläontologin, war bereits zu Lebzeiten als Botanikerin angesehen. Sie beteiligte sich an der 1825 gegründeten Opizschen Pflanzentauschbörse und knüpfte Kontakte zu Mu - seen. Sie sammelte vor allem im Riesengebirge. Im NHM Wien werden Herbarbelege von ihr aufbewahrt. Einen ehemaligen Custos am Botanischen Hofcabinet verärgerte, daß sein Nachfolger Eduard Fenzl 1840 „sich das dicke Fräulein Reichenbach als Gehülfin angeworben hat, daß diese Fräulein mitten unter den jungen Foto: PaN / H. Kroiher Foto: PaN / H. Kroiher v.l.: PaN-Präsident Hermann Mückler, Univ.-Prof. Maria Teschler-Nicola, VAE-PaN-Ehrenpräsident Walter Hildebrand und PAN-Generalsekretär Walter J. Gerbautz Herrn auf dem Museum sitzt, und damit be - schäftigt ist, die Dubia (also die unbestimmten Objekte, Anm.) zu bestimmen“. Hermine Reichenbach (1819-1902) beschäftigte sich mit Pflanzenanatomie und veröffentlichte ihre Forschungsergebnisse anonym. Zu jenen frühen Wissenschafterinnen, deren Arbeit und Karrieren eng mit der Ge - schichte des NHM Wien verknüpft sind, zählt Univ.-Prof. Maria Teschler-Nicola bei der Führung durch die Anthropologische Abteilung des NHM PaN – Partner aller Nationen – http://www.dachverband-pan.org/ auch Martha Cornelius-Furlani (1886-1974), die 1910 als erste Frau an der Universität Wien in Geologie promovierte und nach Be - endigung des 2. Weltkrieges 1945 als Stipendiatin im NHM Wien tätig wurde. Als eine der wenigen frühen Geologinnen blieb sie während ihres gesamten Berufslebens wissenschaftlich tätig und verfaßte gemeinsam mit ihrem Ehemann regelmäßig wissenschaftliche Publikationen. Bis kurz vor ihrem Tod arbeitete sie in der in der Geologisch- Paläontologischen Abteilung des NHM Wien. Heute kann das NHM Wien nicht auf seine starken Frauen verzichten: Nicht nur Mi neraloginnen, Geologinnen, Paläontologinnen, Prähistorikerinnen, Anthropologinnen, Zoologinnen, Botanikerinnen, sondern auch Wissenschaftshistorikerinnen, Provenienzforscherinnen, Präparatorinnen, Mu - seumspädagoginnen, Ökologinnen, Bibliothekarinnen, Eventmanagerinnen, Touristikerinnen, Digitalisierungsexpertinnen, Fotografinnen, PR-Frauen und andere Professionistinnen tragen zum Erfolg des NHM Wien als Museum und als Wissenschaftsinstitution bei. Als erster Schritt einer neuen Social Me - dia-Reihe wurden zum Internationalen Frauentag am 8. März 2020 acht Wissenschafterinnen in von Kommunikationsfachfrauen gestalteten Kurzvideos auf Social Media Platt formen vor die Kamera geholt, um da - mit auch die weltweite Awareness-Kampagne #WomenInScience zu unterstützen. n https://www.nhm-wien.ac.at/
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 Österreich, Europa und die Welt Wiener Architekt sorgt in Moskau für Furore 57 Johannes Baar-Baarenfels wurde unter 40 renommierten internationalen Architekten als einziger Österreicher eingeladen, sein Projekt »Sofia Serdika« im Staatlichen Architekturmuseum Schusev in Moskau auszustellen. Von 31. Jänner bis 10. Mai 2020 findet die Ausstellung „Öffentliche Architektur – Zukunft für Europa“ im Schusev- Architekturmuseum in Moskau statt, diesmal mit dabei ist der renommierte Wiener Ar chitekt Johannes Baar-Baarenfels. Er liefert laut Marianna Giusti, Redakteurin der Financial Times, auch gleich „einen der Hö - hepunkte der Ausstellung“: Die drei filigranen Glasgitterschalen, die auf dem Nezavisimost-Platz im historischen Zentrum der bulgarischen Hauptstadt Sofia zur Überdachung einer 2500 Jahre alten Ausgrabungsstätte ge - plant und umgesetzt wurden. „Es ist eine be - sondere Ehre für mich und mein Team, mit diesem Projekt Österreich in Moskau zu vertreten“, sagt Johannes Baar-Baarenfels. Er setzt, zusammen mit dem lokalen Ar - chitekten Hristo Guentchev, ein Zeichen des Aufbruchs, transformierte das ehemals einschüchternde, stalinistische Ensemble zu ei - nem Ort der Geschichte und schafft damit ein neues Bewußtsein. Die drei Glaskuppeln bieten einen Blick auf die thrakisch-römisch antike Ausgrabungsstätte bei gleichzeitiger Spiegelung der Stalinistischen Platzarchitektur. Das Projekt Während der Bauarbeiten der U-Bahn wur de eine Ausgrabungsstätte, welche auf die antike thrakisch-römische Stadt Serdica zurückgeht, freigelegt. Das österreichische Ar chitekturbüro Baar-Baarenfels verankerte die Ruinen in drei parametrisch gestalteten Glaskuppeln, die Wassertropfen ähneln, die die Vergangenheit der Stadt in starkem Kon - trast zu ihrer Umgebung aus dem 20. Jahrhundert enthüllen. Die Kuppeln werden von zwei Brücken getrennt und erlauben ein Um - schreiten der Ausgrabungsstätte und geben Einblick auf die darunterliegenden archäologischen Schätze. Die drei flachen Schalentragwerke fügen sich einerseits in ihre Umgebung ein, andererseits transformieren sie diese und stellen einen Gegenpol zur monumentalen, sowjetischen Platzarchitektur dar. „Die Relevanz Foto: Baar-Baarenfels / Guentchev Die drei filigranen Glasgitterschalen wurden auf dem Nezavisimost-Platz im historischen Zentrum der bulgarischen Hauptstadt Sofia zur Überdachung einer 2500 Jahre alten Ausgrabungsstätte vom Wiener Architekten Johannes Baar-Baarenfels gemeinsam mit dem lokalen Architekten Hristo Guentchev geplant und umgesetzt. des neuerrichteten Werks geht über die bloße architektonische Bedeutung hinaus“, sagt Baar-Baarenfels: „Es liegt direkt vor dem bul - garischen Parlament, dem Ministerrat und der Präsidentschaftskanzlei und kann ein Zeichen des Aufbruchs für die Stadt sein, da die bis dato verborgene Geschichte, welche in die Antike reicht, durch eine in die Zukunft weisende Architektur vergegenwärtigt wird.“ Neuinterpretation der Kuppel Die drei Gitterschalen, filigrane Membranstrukturen aus Stahl und Glas, deren spannungsgeladene Form mittels ein- und zweifach gebogener Glaspanelen realisiert wurde, überspannen eine Fläche von rund 16 mal 16 Meter. Die bewußt niedrig gehaltene Stichhöhe von 2,10 Metern, um den Platz nicht in zwei Straßenräume zu zergliedern, war eine statische Herausforderung. Das Projekt des österreichischen Architekten wurde von lokalen Unternehmen um - »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at gesetzt – und zwar höchst effizient. Planung, Baugenehmigung und Bau dauerten rund zwölf Monate. Durch die avantgardistische Ar chitektur mitten im Zentrum von Sofia schafft Baar-Baarenfels, ein „neues Bewußtsein für den öffentlichen Raum und das kulturelle Erbe“. Johannes Baar-Baarenfels Johannes Baar-Baarenfels arbeitet als Ar - chitekt in Wien. Er wurde 2013 beim World Architecture Festival in Singapur mit dem Palais Rasumofsky in der Kategorie „Neu und Alt“ ausgezeichnet. Bereits 2010 war Baar-Baarenfels bei dem World Architecture Festival in Barcelona nominiert: Damals für den Sportalm-Flagship-Store in der Wiener Brandstätte und in der Kategorie „Shopping“. Er unterrichtete an Universitäten in Österreich und Indien und hielt in einigen Ländern Europas und Asien Vorträge. n http://www.baar-baarenfels.com/
Ausg. Nr. 191 • 11. März 2020 Da
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Foto: Andreas Marent / www.marent.i
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