ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 KünstlerInnen immer wieder infrage. Sie sehen darin den Versuch, von unangenehmen Wahrheiten abzulenken und Probleme schönzureden. Die Karikatur eignet sich hervorragend dazu, politische Zu sammenhänge sichtbar zu machen und komplizierte Vorgänge auf den Punkt zu bringen. Die Ausstellung bezieht sich auf diesen Spruch. In Tu felix Austria … zeichne! setzen sich KarikaturistInnen mit der Wahrheit lieber auseinander, als glücklich getäuscht mit einer Lüge zu leben. Die „zeichnenden JournalistInnen“ benutzen ihre künstlerischen Waffen, um Mißstände anzuprangern und zum Nachdenken aufzufordern. Sie zeigen auf, wie wichtig es ist, unangenehme Ereignisse aus der Geschichte nicht zu verdrängen, sondern zu verarbeiten. Sie führen den dramatischen Kontrast zwischen Ideal und Wirklichkeit vor Augen und gehen den Problemen auf den Grund. So sind Karikaturen unverzichtbar für den öffentlichen Diskurs, weil sie meinungs- und bewußtseinsbildend wirken, politische Ansichten beeinflussen und zum Denken anregen. Für die Ausstellung wurden zum Thema 25 Jahre Österreich in der EU Werke von 38 KarikaturistInnen versammelt, die die damit verbundenen Äng - ste und Erwartungen, Skandale und Hoffnungen, Wünsche und Herausforderungen gekonnt in politische Kommentare verpakken. 25 Jahre Österreich in der EU – und in Europa nichts Neues? KarikaturistInnen sind in vielerlei Hinsicht TräumerInnen. Sie träumen von einer gerechteren Welt, von einer Gesellschaft, die Menschlichkeit vor Egoismus und grenzenlosen Konsum stellt, oder von PolitikerInnen, die sich ausschließlich der Wahrheit verpflich - tet fühlen. Sie träumen von einem Europa, das verbindet, das seine gemeinsamen Werte pflegt und sich solidarisch zeigt – in guten und in schlechten Zeiten. Nicht immer sehen sie ihre Träume Wirklichkeit werden. Darum setzen sie sich an ihren Arbeitstisch und zeichnen gegen Populismus und Hetze an, für ein Europa, das so viel mehr ist als ein Friedensprojekt. Die Mitgliedsländer der EU sind etwa der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet und be - kennen sich zu einer gemeinsamen Klimapolitik. Gut also, daß wir dank der hier versammelten österreichischen KarikaturistInnen über das, was wir seit nunmehr 70 Jahren ge - meinsam auf dem europäischen Kontinent machen, lachen können. Denn selten wird so Landessammlungen NÖ © Erich Sokol Privatstiftung Kultur Erich Sokol, Mannekin Piss,1989 deutlich, wie sehr wir uns mit dem europäischen Einigungsprojekt im Kreise drehen: nationale Interessen „unter einen Hut bekommen“? Schon früh zeichnete Rudolf Angerer den großen europäischen Hut, den sich die damaligen Staats- und Regierungschefs, ähnlich wie ihre heutigen KollegInnen, nur widerstrebend aufsetzten. Und schließlich „Das Boot ist voll“, eine Zeichnung von Luis Murschetz von 1989, die den Umgang mit der damals sogenannten „Asylantenflut“ aufs Korn nahm, ziemlich genau vor 30 Jahren. Wie oft haben wir das in den letzten Jahren und Monaten wieder gehört: „Das Boot ist voll“, während Boote voller erschöpfter Geflüchteter auf dem Mittelmeer um Anlandung in einem europäischen Hafen betteln mußten, oft tagelang, als hätten sie, so Carola Rackete bei ihrer Anhörung im Europäischen Parlament im 134 Herbst 2019, „die Pest an Bord und nicht verletzliche Menschen“. Bilder, die sich so gar nicht mit den europäischen Werten des Humanismus und des Universalismus in Ein - klang bringen lassen. Doch auch die Festung Europa, wie eine Zeichnung Gerhard Haderers von 1995 heißt, gab es schon vor 25 Jahren. Europäische Mythen Europa als Gestalt der griechischen My - thologie ist in der Kunst und Karikatur ein immer wiederkehrendes Motiv. Sie ist die Tochter des phönizischen Königs Agenor und seiner Gattin Telephassa. Der Göttervater Zeus verliebt sich in die schöne Europa, für - chtet jedoch den Zorn seiner Ehefrau Hera und ersinnt deshalb eine List: Sein Bote Hermes soll die Königstochter zu einer Kuhherde führen, unter die sich der Donnergott »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 191 / 11. 03. 2020 Kultur 135 selbst in Gestalt eines prächtigen Stieres ge - mischt hat. Europa ist so beeindruckt von dem Tier, daß sie sich von ihm entführen und auf seinem Rücken nach Kreta bringen läßt. Dort angelangt, verwandelt Zeus sich zurück und zeugt mit Europa drei Kinder, darunter Minos, der künftige König der Insel. Seine Mutter wiederum wird dem gesamten Erdteil seinen Namen geben. Das Motiv von Europa mit dem Stier wurde in vielen Karikaturen der letzten Jahrzehnte für unterschiedlichste Aussagen benutzt, meist um auf Schwächen und Probleme der Europa-Idee hinzuweisen. Vor dem EU-Beitritt: Ängste und Hoffnungen Österreichs Weg in die EU ist lang und oft mühsam. Einerseits stehen viele ÖsterreicherInnen einem Beitritt sehr skeptisch ge - genüber, andererseits ist auch das Ausland von Österreichs Einbindung nicht nur be - geistert. 1989 fordert der Nationalrat die Re - gierung dazu auf, eine Mitgliedschaft „unter Wahrung der immerwährenden Neutralität“ zu beantragen. Außenminister Alois Mock, der Vater des österreichischen EU-Beitritts, überbringt noch im gleichen Jahr den „Brief nach Brüssel“. Gemeinsam mit Brigitte Ederer, die als Staatssekretärin Bundeskanzler Franz Vranitzky vertritt, schließt er am 1. März 1994 in Brüssel die Beitrittsverhandlungen ab. In den tagelangen Sitzungen am Ende geht es vor allem um das umstrittene Thema des Transitverkehrs und die Vorbehalte der österreichischen Landwirtschaft. Nur wenige Monate zuvor, Anfang November 1993, ist der Vertrag von Maastricht in Kraft getreten, mit dem – vorerst als übergeordnete Struktur der Europäischen Gemein- schaften – die Europäische Union (EU) ge schaffen wird. © Privat An die Grenze, 2016 In Vielfalt geeint „In Vielfalt geeint“, so lautet das Motto der Europäischen Union seit der Jahrtausendwende. Denn die EU ist nicht nur ein Wirtschaftsraum, sondern auch ein vielfältiger und friedvoller Lebens- und Kulturraum. Politische Strategien und Gesetze werden von vielen Ländern gemeinsam beschlossen. Mit dem Vertrag von Lissabon, der 2007 von den 27 Ländern der EU unterzeichnet wird, sollen die Rechte der EU-BürgerInnen weiter gestärkt und die länderübergreifende Zu - sammenarbeit ausgedehnt werden. Und die EU wächst danach weiter: Am 1. Juli 2013 tritt Kroatien bei, und mit mehreren Nachbarländern werden Beitrittsverhandlungen ge führt. Die Idee einer friedlichen Gemeinschaft aller europäischen Länder besteht also fort. Wenn ein Land Mitglied der EU werden will, läuft ein komplexes Verfahren an, das Zeit in Anspruch nimmt. Nach der Erfüllung der Grundvoraussetzungen für die Mitgliedschaft muß ein Bewerberland die Vor- schriften und Regelungen der EU in allen Bereichen umsetzen. Die Voraussetzungen sind un ter dem Namen „Kopenhagener Kriterien“ bekannt und umfassen eine freie Marktwirtschaft, eine stabile Demokratie und eine rechtsstaatliche Ordnung. Außerdem müssen alle EU- Rechtsvorschriften sowie der Euro akzeptiert werden. Die derzeitigen Kandidatenländer Albanien, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und die Türkei befinden sich in einem langjährigen Prozeß der Um setzung der EU-Rechtsvorschriften in nationales Recht. n https://www.karikaturmuseum.at/ https://de.wikipedia.org/wiki/Karikaturmuseum_Krems © Privat Heinz Ortner, Wir ziehen alle an einem Strang, 2003 »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
Ausg. Nr. 191 • 11. März 2020 Da
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