ÖSTERREICH JOURNAL NR. 187 / 07. 08. 2019 Innenpolitik 50 einem Zeitabschnitt, „in dem bundespolitisch einiges aus der Spur ist“, sei es umso wichtiger, daß die „Länder Kurs halten“. Die Länder seien mehr denn je „als Ort der Stabilität, als Garant der Sicherheit und als Motor der Weiterentwicklung“ gefordert. Das Motto des niederösterreichischen Vorsitzes lautet „Nahe an den Menschen. Bereit für die Zukunft“. In die Zeit des niederösterreichischen Vorsitzes falle auch der 29. September, der Tag der Nationalratswahl. Mikl-Leitner: „Ich hoffe, daß wir so rasch wie möglich von einer Übergangs-Regierung ohne Mehrheit zu einer Zukunfts-Regierung mit einer stabilen Mehrheit kommen.“ Die von ihrem Vorgänger in der Vorsitzführung begonnenen und begleiteten Themenfelder Kompetenzbereinigung und Digitalisierung müssten „nahtlos fortgesetzt werden“, so die Landeshauptfrau. Ein moderner Bundesstaat brauche eine klare Zuordnung von Aufgaben und Kompetenzen. Das mache den Staat schlanker, transparenter und effizienter. „Dranbleiben“ müsse man auch bei der Digitalisierung. „Gerade wir Länder wissen, wie wichtig der Breitbandausbau für die ländlichen Regionen ist“, betonte Mikl-Leitner. Neue Akzente müsse man auch im Be - reich Gesundheit und Soziales setzen, so Mikl-Leitner weiter. Die größten Herausforderungen lägen hier in finanzieller und organisatorischer Hinsicht. Niederösterreich neh - me die Herausforderungen an und werde Gesundheit und Pflege zukünftig unter dem Dach der neuen niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur „gemeinsam denken, planen und steuern“. Die neue Landesgesund - heitsagentur vereine alle 27 Klinikstandorte Niederösterreich, alle 48 Pflege- und Betreuungszentren und zwei Pflege- und Förderzentren mit insgesamt 26.850 MitarbeiterInnen. Ein besonderes Problemfeld sei auch der Ärztemangel. In Österreich würden Jahr für Jahr „weniger Mediziner ausgebildet als benötigt werden“, sagte Mikl-Leitner. Handlungsbedarf bestehe hier auch deshalb, weil in den nächsten zehn Jahren jeder zweite nie - dergelassene Arzt in Pension gehen werde. Damit der ländliche Raum und das Leben am Land attraktiv bleibe, brauchte es die ärztliche Versorgung im stationären und im niedergelassen Bereich sowie eine Dezentralisierungs-Offensive. Niederösterreich gehe bei der Dezentralisierung mit gutem Beispiel voran, unterstrich Mikl-Leit ner. „In den kommenden Jahren verlagern wir insgesamt 500 Arbeitsplätze aus dem NÖ Landesdienst Foto: NLK / Reinberger Landeshauptmann Peter Kaiser übergab – neben dem LH-Vorsitz – Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner auch einen Geschenkkorb, gefüllt mit Kärntner Spezialitäten von St. Pölten in die Regionen Niederösterreichs hinaus.“ Dadurch profitierten die Regionen mit Arbeitsplätzen vor Ort, die BürgerInnen, die sich Zeit und Fahrtkosten sparten und auch die MitarbeiterInnen im Landesdienst, die einen wohnortnahen Ar - beitsplatz erhalten würden. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Bundesratspräsident a.D. Ingo Appé Der ehemalige Bundesratspräsident Ingo Appé bezeichnete es als große Ehre, daß er diese Funktion sechs Monate lang ausüben durfte. Zum einen habe diese Funktion Belastungen mit sich gebracht, zum anderen habe er aber auch Eindrücke erlebt, „die man nie vergißt“. Er widmete seine Amtszeit dem Schutz und der Sicherung des Trinkwassers. Österreich sei noch in der glücklichen Lage, über genügend Wasserressourcen zu verfügen, der Klimawandel werde das Land aber in Zukunft vor neue Herausforderungen stellen, gab der Kärntner Bundesrat zu bedenken. Oberstes Anliegen sei es ihm bei seinem Schwerpunktthema deshalb gewesen, dem Grundrecht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser zum Durchbruch zu verhelfen und das heimische Wasser vor jeglichen Privatisierungstendenzen zu schützen. Auch in den zahlreichen Gesprächen mit nationalen und internationalen ExpertInnen, die Appé im Rahmen seiner Präsidentschaft führte, sowie bei den Auslandsbesuchen – etwa in Brüssel, Würzburg, Paris, in Kasachstan, Kirgistan und China – waren Trinkwasserschutz, Wasserversorgung und Wasseraufbereitung zentrale Aspekte. Große Be - deutung mißt Appé in diesem Zusammenhang seinem Besuch in Slowenien bei, wo die Trinkwasserversorgung bereits in den Ver fassungsrang erhoben wurde. Als einen der Höhepunkte seiner Präsidentschaft sieht Appé zudem die parlamentarische Enquete zum Thema „Trinkwasserversorgung“ vor dem Hintergrund des Klimawandels, die zur Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs zum Schutz des österreichischen Trinkwassers geführt hat. Dem Kampf gegen das Vergessen war der diesjährige Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus am 3. Mai 2019 gewidmet, bei dem Appé in seiner Begrüßungsansprache da - zu aufrief, die Demokratie gegen Populis - mus und den Mißbrauch von Worten zu verteidigen. „Am Anfang stand das Wort – zu - erst am Papier, dann in Reden und danach wurden Worte zu Taten. Es sind vor allem Worte, die die Wegbegleiter zu schlechten Taten sind“, lautete die mahnende Botschaft Appés. Eine Lanze für das Zweikammersystem als Trumpfkarte für Bürgernähe, Kontrolle und Ausgleich brach Appé in seiner Rede bei der 20. Konferenz der Vereinigung der Senate Europas am 14. Juni 2019 in Paris. Der Bundesratspräsident hob dabei die Rolle des österreichischen Bundesrats als Schnittstelle zwischen der Europäischen Union und den BürgerInnen hervor und unterstrich dabei das hohe Maß an Mitbestimmung im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle. Als Garant dieser besonderen Bürgernähe sei der Bundesrat nicht nur Europakammer, sondern auch Zukunftskammer, betonte Appé vor seinen eu ropäischen AmtskollegInnen.
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 187 / 07. 08. 2019 51 Bundesratspräsident Karl Bader Mit dem Generalthema „Masterplan ländlicher Raum“ will der neue Bundesratspräsident Karl Bader der Länderkammer ein kontinuierliches Profil geben, wie er am 11. Juli in seiner Antrittsrede im Bundesrat betonte. Jedes Bundesland soll daraus während der Zeit seines Vorsitzes ein Spezialthema wählen. Für die niederösterreichische Präsidentschaft hat Bader vor, sich insbesondere dem Thema „Dezentralisierung“ zu widmen, und schlägt vor, Bundeseinrichtungen in den Re - gionen anzusiedeln. Die Idee eines Leitmotivs für die Schwerpunktsetzung über den halbjährlichen Wechsel an der Spitze des Bunderats hinaus soll nicht nur die Kontinuität im Staat durch die zweite Kammer des österreichischen Parlaments unterstreichen, sondern auch deren Wiedererkennbarkeit stärken. Den Bundesrat selbst sieht Bader – insbesondere auch in der gegenwärtigen bewegten politischen Phase und in einer „kaum zu überbietenden Dynamik in der Gesetzgebung“ – als einen „stabilen Faktor der Republik“. Eine Bundes - verfassung ohne Länderkammer ist für ihn nicht denkbar. Als langjähriger Vertreter des ländlichen Raums – Bader ist schon lange Bürgermeister von Rohrbach an der Gölsen – wisse er, mit welchen Herausforderungen dieser zu kämpfen habe. Obwohl zwei Drittel der ös - terreichischen Bevölkerung im ländlichen Raum leben und dessen Fläche 90 Prozent des Staatsgebiets umfaßt, seien die Entwick - lungschancen zwischen Stadt und Land sehr unterschiedlich. Die Abwanderung, insbesondere von jungen Frauen, wirke sich auf das gesamte Sozial- und Wirtschaftsgefüge negativ aus. Deshalb sehe er es als eine der zentralen Aufgaben, durch Dezentralisierung und Digitalisierung mehr Fairness für den ländlichen Raum zu schaffen. Bader bekräftigte dabei, daß es um ein Miteinander und keineswegs um ein Gegeneinander zwischen Stadt und Land gehe. „Die Dezentralisierung ist ein größerer Initiator für den sozialen Wandel, als man es sich auf den ersten Blick träumen läßt“, zitierte der Bundesratspräsident den amerikanischen Prognostiker John Naisbitt. Um dem Rechnung zu tragen, habe Niederösterreich die Präsidentschaft im Bundesrat und den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz unter das gemeinsame Motto „Nah an den Menschen. Bereit für die Zukunft“ ge - stellt und ziele damit auf den Ausbau und die Vertiefung des Subsidiaritätsprinzips. Denn „wir haben längst festgestellt, daß eine Men - Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner 896. Sitzung des Bundesrates: Antrittsrede von Bundesratspräsident Karl Bader ge an Agenden, die heute in der EU oder in der Bundeshauptstadt wahrgenommen werden, in den Regionen besser aufgehoben wä - ren“, so Bader. Vorort wisse man am besten, was gut für die BürgerInnen ist. Deshalb müs - se man mit Verwaltungsdezentralisierung und Digitalisierung dem ländlichen Raum noch mehr Chancen zur Entwicklung einräumen. In diesem Zusammenhang forderte Bader die Ansiedlung von Bundeseinrichtungen in den Regionen als wirksames Instrument der Strukturpolitik. Die regionale Innovationsfähigkeit würde dadurch gestärkt, die wirtschaftliche Entwicklung positiv beeinflußt und Kompetenzen sowie qualifizierte Ar - beitsplätze würden in die Bundesländer zu - rückgebracht, zeigte er sich überzeugt. Einen entscheidenden Standortfaktor stelle dabei die Digitalisierung und der Ausbau von E- Government dar. Vor diesem Hintergrund kündigte Bader für den Herbst unter anderem eine Enquete zum Thema „Nah bei den Menschen. Bereit für die Zukunft – Chancen der Dezentralisierung“ an. Er will auch eine Gesetzesinitiative starten, daß zumindest bei der Einrichtung neuer Bundesdienststellen eine ausgewogene Verteilung der Standorte auf das ge - samte Bundesgebiet sichergestellt wird. Nach dem Motto „Bundesrat im Bundesland“ wird der Bundesrat auch in die Länder hinausgehen. So werde man sich am 16. September in Stift Göttweig und Krems besonders mit dem Thema „Wissenschaft und Forschung im ländlichen Raum“ beschäftigen, informierte Bader über einige seiner geplanten Initiativen. »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Der Festveranstaltung im Palais Niederösterreich wohnten unter anderem zahlreiche Vertreter der gesetzgebenden Körperschaften und des diplomatischen Corps bei. Der Bundesrat Im Gegensatz zum Nationalrat wird der Bundesrat nicht direkt gewählt. Seine Mitglieder werden von den Landtagen entsandt, und zwar nach dem Stärkeverhältnis der Parteien im jeweiligen Landtag. Wie viele MandatarInnen ein Bundesland entsendet, hängt von der Zahl seiner BürgerInnen ab. Das größte Land stellt zwölf, das kleinste wenigstens drei VertreterInnen. Wenn sich die Relation der Bürgerzahlen der Länder untereinander verändert, dann än dert sich auch die Zahl der Mandate im Bundesrat. Eine neue Berechnung der Mandate erfolgt also alle zehn Jahre auf Grund des Ergebnisses der Volkszählung. Danach setzt der/die BundespräsidentIn in einer Entschließung fest, wie viele VertreterInnen je - des Land in den Bundesrat entsenden kann. Somit gibt es keine fix vorgeschriebene Gesamtzahl der Mitglieder des Bundesrates. Derzeit hat der Bundesrat 61 Mitglieder. Sie werden von den Landtagen für die Dauer der jeweiligen Landtagsgesetzgebungsperiode gewählt. Änderungen in der Zusammensetzung des Bundesrates sind daher nach jeder Landtagswahl möglich. n https://www.bundeskanzleramt.gv.at/ https://www.ktn.gv.at/ http://www.noel.gv.at/ https://www.parlament.gv.at/ Quellen: Bundeskanzleramt, Land Kärnten, Land Niederösterreich, Parlamentskorrekspondenz
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