ÖSTERREICH JOURNAL NR. 184 / 06. 05. 2019 Österreich, Europa und die Welt 6 Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Rund 50 AmtskollegInnen aus 37 europäischen Ländern sind der Einladung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Ingo Appé zur diesjährigen Konferenz der EU-ParlamentspräsidentInnen in das Wiener Konzerthaus ge folgt. Nun sei es an der EU, Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien zu führen. Die EU müsse zeigen, daß die Anstrengungen des Landes nicht umsonst waren und daß demokratiepolitische und rechtsstaatliche Reform - schritte auch entsprechende Anerkennung finden. Sobotka begrüßte auch die Reformmaßnahmen in Albanien als „beispiellos“ und meinte, die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen sei nur ein Schritt auf dem langen Weg zu einer Mitgliedschaft. Einen Beitritt zum Nulltarif könne es freilich nicht ge - ben, stellte Sobotka klar. Sowohl Khadija Arib als auch Wolfgang Sobotka unterstrichen die engen parlamentarischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Man habe zu vielen Themen sehr ähnliche Ansichten, Österreich und die Niederlande stünden für eine moderne, zukunftsfähige Europäische Union, die bereit sei, sich kommenden Herausforderungen zu stellen. Thema der Unterredung war zudem die aktuelle Situation rund um den Brexit. Khadija Arib interessierte sich außerdem für die Sanierung des österreichischen Parlaments, da auch dem niederländischen Parlament eine große Renovierung bevorsteht. Konferenz der ParlamentspräsidentInnen im Konzerthaus Rund 50 AmtskollegInnen aus 37 europäischen Ländern sind der Einladung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Ingo Appé zur diesjährigen Konferenz der EU-ParlamentspräsidentInnen in das Wiener Konzerthaus ge - folgt, um am 8. und 9. April gemeinsam über die EU-Nachbarschaftspolitik und die Herausforderungen im Lichte der bevorstehenden Europawahlen zu beraten. Darunter be - fanden sich auch VertreterInnen aus Island, Norwegen und der Schweiz. „Es ist wichtig, die Sichtweisen und verschiedenen Perspektiven aller EU-Partner zu hören und gemeinsame Ideen für den Weg nach vorne zu dis - kutieren“, so Sobotka im Vorfeld der Konferenz. Erstmals wurden auch alle Länder des Westbalkans eingeladen. „Damit wollen wir ein deutliches Signal nicht nur für die ge - samte Region, sondern auch gegenüber allen EU-Mitgliedsländern setzen: Die Zukunft Süd osteuropas liegt in der Europäischen Union“, betonte Sobotka. Der erste Konferenztag stand im Zeichen der Nachbarschaftspolitik, wobei ein breiter Bogen von der südlichen Nachbarschaft über die Türkei, der östlichen Partnerschaft und Rußland bis hin zur EU-Donauraumstrategie und dem Westbalkan gespannt wurde. Besonders hob der Nationalratspräsident die Bedeutung der Integration der Länder des Westbalkans nicht nur für die Stabilität Europas, sondern auch im Hinblick auf De - mokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Ländern selbst hervor. „Für die notwendigen Reformen gibt es keinen stärkeren Anreiz als die Beitrittsperspektive“, sagte Sobotka. „Nur ein starkes Engagement der EU am Westbalkan verhindert, daß ein Vakuum von anderen Akteuren genutzt wird“, warnte er. Gleichzeitig stellte der Nationalratspräsident klar, daß Europa nicht nur ein Versprechen, sondern eine wechselseitige Verpflichtung sei. Für die Kandidatenländer heiße das, daß sie durch Reformen Beitrittsreife erlangen müssen, denn ein „Beitritt light“ sei kei - ne Option. Die EU wiederum müsse im Ge - genzug glaubwürdig zur Beitrittsperspektive stehen und Fortschritte honorieren. Weil Fragen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte zu den we - sentlichen Punkten im Rahmen des Integra- »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 184 / 06. 05. 2019 Österreich, Europa und die Welt 7 Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bei der Begrüßung der TeilnehmerInnen in Wien Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner tionsprozesses führen, sieht Sobotka den An - näherungsprozeß auch als eine Aufgabe der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten. In diesem Zusammenhang stellte er das Stipendienprogramm des österreichischen Parlaments für MitarbeiterInnen der Parlamentsverwaltungen der Westbalkanstaaten vor und wies darauf hin, daß auch Initiativen zur Demokratie-Vermittlung un - terstützt werden. Der Nationalratspräsident ging darüber hinaus auch auf die weiteren Herausforderungen der Nachbarschaftspolitik ein. Ohne die russische Föderation könne es keinen dauerhaften Frieden in Europa geben, stellte Sobotka fest, ließ aber auch keinen Zweifel daran, daß Lockerungen der EU-Sanktionen nur dann möglich seien, wenn es sichtbare Fortschritte im Minsker Prozeß gibt. Im Kon - flikt mit der Ukraine sei die EU als Vermittler gefordert. Sobotka wies zudem auf die verschiedensten Spionage- und Cyber-Vorfälle hin, die das Verhältnis zu Russland belasten. „Rußland ist ein wichtiger Nachbar, mit dem wir sowohl auf offizieller als auch auf Ebene der Zivilgesellschaft in einem offenen Dialog bleiben müssen“, sagte So - botka. Kritisch und mit Sorge blickte er auf die rechtsstaatliche Entwicklung in der Türkei, die er als einen wichtigen strategischen Partner der EU vor allem im Hinblick auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Energiesicherheit und die Sicherheitspolitik, insbesondere bei der Bekämpfung des Terrorismus, bezeichnete. Der Nationalratspräsident unterstrich aber auch die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Ländern des Mittelmeerraums und erinnerte an die Impulse, die vom EU- Afrika-Forum im vergangenen Dezember in Wien gekommen sind, das von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft initiiert worden war. Es gehe um eine Partnerschaft mit Afrika, die wirtschaftliche Entwicklung, Bildung und Innovation in den Vordergrund rückt. „Nur wenn es uns gelingt, den Menschen in Afrika Perspektiven auf gleicher Augenhöhe zu eröffnen, werden wir den Mi - grationsdruck langfristig dämpfen können.“ Bundesratspräsident Ingo Appé bei seiner Begrüßung »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Appé: Europa muß handlungsfähig, krisenfest transparent und bürgernah sein Bundesratspräsident Ingo Appé sprach in seiner Begrüßung mit Sorge den Vertrauensverlust in das Projekt Europa an. Wenn man dieses Vertrauen wieder zurückgewinnen wolle, dann müsse sich die EU handlungsfähig und krisenfest zeigen, ohne auf das Wohl ihrer BürgerInnen zu vergessen. Dies vor al - lem auch im Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen, zumal sich die EU gerade in turbulenten Zeiten befinde – denke man beispielsweise an den Brexit, an den Klimawandel, an die Frage der Migration, an Konflikte in der Nachbarschaft, aber auch an die Herausforderungen durch technologische Neuerungen. Gleichzeitig sei es notwendig, die EU durch mehr Transparenz wieder den Menschen näher zu bringen. Appé mißt dabei der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und den EU-Institutionen aber auch einer effizienteren und aktiveren Subsidiaritätspolitik besondere Bedeutung bei. In diesem Zusammenhang forderte er eine stärkere Einbindung der Regionalparlamente in die europäische Gesetzgebung. „Ein permanenter formeller und informeller Dialog zwischen den Regionen einerseits und der Europäischen Union andererseits ist unabdingbar. Subsidiarität und die damit verbundene Mitbestimmung bei europäischen Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozessen stellt für lokale und regionale Gebietskörperschaften ein elementares Prinzip für ein zukunftsfähiges Europa dar“, sagte Appé. Er sieht die Bedeutung der Länder und Regionen vor allem auch mit Blick auf die kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament: „Denn sie sind es, die den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten sind und da - mit einen unverzichtbaren Beitrag zu deren Information leisten.“
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Foto: BKA / Andy Wenzel ÖSTERREICH
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