ÖSTERREICH JOURNAL NR. 184 / 06. 05. 2019 Österreich, Europa und die Welt Ein Karfreitag in Aparecida Ein Bericht über die österliche Prozession und das Nationale Heiligtum in Brasiliens Bundesstaat São Paulo. 58 Von Gerhard Held *) Foto: Gerhard Held Das mehr als beeindruckende nationale Heiligtum „Santuário de Nossa Senhora Aparecida“ im morgendlichen Nebel Aparecida ist eine kleine Stadt mit ca. 36.000 Einwohnern, eingebettet im Tal des Flusses Paraíba zwischen der Mantiqueira-Bergkette im Norden und der Serra do Mar, 180 km nordöstlich der Hauptstadt São Paulo. Ihr Ursprung geht auf den Fund einer kleinen Marienstatue im Fluß durch drei Fischer im Jahr 1717 zurück. Im Laufe der mehr als 300 Jahre entwickelte sich Aparecida in eine der wichtigsten Wahlfahrtsstätten Lateinamerikas und wird nun jährlich von mehr als 12 Millionen PilgerInnen besucht. Aber bevor ich den historischen Hintergrund erläutere, beginne ich lieber mit einem aktuellen Ereignis zur Osterzeit, nämlich *) Gerhard Held lebte 30 Jahre in Südafrika, seit 2000 lebt er in Brasilien (seine Frau ist Brasilianerin). Seit 2014 sind beide in Pension, aber weiterhin wissenschaftlich aktiv (Radar Meteorologie, Gewitter - forschung, Tornados, etc). Foto: Gerhard Held Kreuzwegstation III im ersten Tageslicht (im Hintergrund sieht man die Mantiqueira-Bergkette) »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 184 / 06. 05. 2019 Österreich, Europa und die Welt 59 dem Kreuzweg, der auf den Morro do Cruceiro (Hügel des Kreuzes) führt, welcher mit etwas über 100 m die Stadt weithin sichtbar überragt. Am Karfreitag (19. April) begann sich die Prozession um 5 Uhr früh Lokalzeit in der Dunkelheit, aber bei klarem Himmel und Vollmond, vom Stadtzentrum in Aparecida Richtung Via Sacra in Bewegung zu set - zen. Laut Nationalen TV-Nachrichten globonews nahmen mehr als 5.000 Gläubige daran teil. Ein Großteil davon waren WallfahrerInnen, die hauptsächlich in großen Gruppen mit gecharterten Autobussen aus allen Staaten Brasiliens anreisten. Die Stimmung war einmalig, irgendwie unheimlich im Mondlicht mit der nächtlichen Stille – nur vom Ge - sang und den Gebeten bei jeder der 14 Stationen unterbrochen und über eine hervorragende Lautsprecheranlage, für alle Gläubige gut hörbar, übertragen. Nach etwa einer Stun - de wich die Dunkelheit dem Morgengrauen, während sich die Prozession langsam den Berg hinaufwälzte. Der ursprüngliche einfache Kreuzweg mit hölzernen Bildstöcken aus dem Jahre 1925 wurde im April 2000 durch die modernen 14 Stationen vom aus Metropolitan São Paulo stammenden Bildhauer Adélio Sarro Sobrinho ersetzt. Die Stationen sind aus Beton ge - fertigt, aber mit einer speziellen Beschichtung versehen, um Kupferplatten zu imitieren, und sehr effektiv in die Seite des dicht bewachsenen Hügels gesetzt. Als wir dann bei der VII Station angekommen waren, kam die Sonne langsam hinter dem Hügel hoch, während sich das unter uns liegende Paraíba Tal mit durchsichtigen Nebelschwaden füllte. Nach etwa 2 ½ Stunden kamen wir dann bei der letzten Station auf 685 m Seehöhe an. Die Temperatur war inzwischen von 16° C auf 25° C angestiegen. Das 23 m hohe Kreuz aus Stahl wurde vom Bildhauer Cláudio Pastro zur feierlichen Erinnerung an 500 Jahre Evangelisierung Brasiliens geschaffen und steht vor der XIV Station, die die Grabstätte von Jesus symbolisiert. Vom Morro do Cruzeiro hat man einen wunderbaren Blick auf Aparecida und vor allem auf die „Neue Basilika“. Seit Juni 2014 gibt es auch eine Seilbahn, mit der man von der „Neuen Basilika“ über das Stadzentrum bis auf den Morro do Cruzeiro schwebt (ca. 1,2 km lang und 115 m Höhenunterschied). Santuário de Nossa Senhora Aparecida Das Portugisiesche Wort „aparecida“ be - deutet „erschienen“, was sich auf den Fund der kleinen, in zwei Teile zerbrochenen, Ma - rienstatue im Paraíba-Fluß bezieht. Foto: Gerhard Held Foto: Gerhard Held Via Sacra, VII Station – Jesus fällt zum zweiten Mal Via Sacra, XI Station – Jesus wird ans Kreuz genagelt Also nun zurück ins Jahr 1717, als für den Gouverneur von São Paulo, Dom Pedro de Almeida e Portugal, Graf von Assumar, während einer Besichtigungsreise in der Re - gion vom 17. bis 30. Oktober 1717 ein Bankett zubereitet wurde. Drei lokale Fischer wurden beauftragt, dafür frische Fische im Paraíba-Fluß zu fangen – aber trotz mehrerer Versuche blieben ihre Netze leer. In ihrer Verzweiflung, den hohen Auftrag erfüllen zu müssen, begannen sie zu beten und plötzlich fand sich in einem ihrer Netze der Körper einer Statue, und etwas später, flußabwärts, der dazugehörige Kopf Marias. Die aus Ton gefertigte Statue (um 1600) wird einem Au - gustiner Mönch zugeschrieben. Nachdem die »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Fischer beiden Teile im Boot bargen, begannen sich ihre Netze zu überfüllen – dies wird später als erstes Wunder registriert. Danach stellten sie die zusammengefügte Statue auf einen kleinen Familienaltar in ihrem Haus in Porto Itaguaçu auf, nahe der Fundstelle, um Maria für das „Wunder der Fische“ zu danken. Daraus entwickelte sich rasch ein Verehrungskult der lokalen Einwohner, und 1740 wurde dann eine kleine Kapelle gebaut. Den Bitten der Lokalbevölkerung folgend und ba sierend auf den Berichten diverser Wunder, autorisierte der damalige Bischof von Rio de Janeiro 1743 den ersten Bau einer kleinen Kirche auf einem nahen Hügel im heutigen
Ausg. Nr. 184 • 6. Mai 2019 Das u
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