ÖSTERREICH JOURNAL NR. 184 / 06. 05. 2019 Kultur 112 haupt erst nach 1683 dorthin gelangt sein, denn in diesem Jahr waren Kloster und Kirche in Folge eines Überfalls der Osmanen vollständig niedergebrannt. Wegen der be - sonderen Betonung der hll. Dorothea und Katharina könnte das Werk für die Wiener Kapelle St. Dorothea und Katharina geschaffen worden sein, an der 1414 unter Herzog Albrecht V. ein Augustinerchorherrenstift ge - gründet wurde. Der höfisch-preziöse Stil des Malers lässt annehmen, daß dieser nur für höchste Auftraggeber gearbeitet habe, was er klären würde, daß er so gut wie keinen Nachhall in der österreichischen Kunst seiner Zeit gefunden hat. Auf eine Tätigkeit für den Wiener Hof deutet auch das heute verlorene Bildnis der Beatrix von Zollern hin, der Gemahlin Herzog Albrechts III., die 1414 verstorben war. Eine hier ausgestellte Kopie des 16. Jahrhunderts scheint das Original, das zu den frühesten österreichischen Bildnissen überhaupt zählte, so getreu zu überliefern, daß sich dessen Zuschreibung an den Meister von Heiligenkreuz rechtfertigen läßt. © Basel, Kunstmuseum »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Bild links: Verkündigung an Maria, Malerei und Polimentvergoldung auf Eichenholz, 71,8 × 43,8 cm, Meister von Heiligenkreuz Wien, Kunsthistorisches Museum Bild oben: Detail aus der Verkündigung an Maria, Meister von Heiligenkreuz, Provenienz: Stift Heiligenkreuz, Niederösterreich, 1926 von dort erworben Christus als Schmerzensmann und Maria mit dem Kind, Meister von Heiligenkreuz oder Werkstatt, Diptychon im originalen Rahmen mit Reliquienfächern, um 1415/20, Malerei und Polimentvergoldung auf Holz, je 30,2 × 19,2 cm, mit Rahmen 40,7 × 29,6 cm Basel, Kunstmuseum
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 184 / 06. 05. 2019 Kultur 113 Die Leihgaben in der Ausstellung kommen u. a. aus dem Cleveland Museum of Art, der National Gallery of Art in Washington, dem Kunstmuseum Basel und der Österreichischen Galerie Belvedere. Die beiden aus den USA stammenden Tafeln, welche ur - sprünglich Teil ein und desselben Altarwerks waren, sind erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder zusammen zu sehen. Die Ausstellung wurde von Guido Messling, Kurator für Deutsche Malerei an der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Mu - seums, kuratiert. Wiens erste Moderne In Kooperation mit dem Belvedere und dem Kunsthistorischen Museum veranstaltete das Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien eine internationale Tagung zum Wiener Bild des 15. Jahrhunderts. Die Ta - gung „Wiens erste Moderne “ fand vom 11. bis 14. April 2019 parallel zur Ausstellung des KHM zum „Meister von Heiligenkreuz“ statt. Begleitend zu den Referaten am Institut für Kunstgeschichte standen neben einem Festvortrag im KHM Diskussionen vor Originalen im KHM, Belvedere, Schottenstift und Dominikanerkonvent auf dem Programm. Der Fokus richtete sich konkret auf die Stadt Wien im 15. Jahrhundert und auf die Me dien ihrer Bildproduktion: im öffentli - chen, privaten und sakralen Raum, auf der Wand, Tafel oder in Glas, Büchern, Zeichnungen, Drucken oder Skulpturen. Keywords: Migration von Künstlern und Auftraggebern, Import/Export, Ideentransfer, Medialität, Funktion, soziale Aspekte, Wien als Drehscheibe in der Mitte Europas: zwischen Italien, Frankreich, Niederlande, Oberrhein, Böhmen, Süddeutschland, Un - garn, Siebenbürgen etc. Trotz wechselnder Machtverhältnisse baute Wien im 15. Jahrhundert seine Position als geistiges, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Habsburgerreiches aus. Als Kultur- und Innovationsträger wirkten dabei vielfach weniger die Landesherren als vielmehr wohlhabende Wiener Bürger und Gelehrte, die sich beispielsweise über kostbar ausgemalte Buchgeschenke dem Langzeitkaiser Friedrich III., seiner Gemahlin Eleonore von Portugal und dem Thronfolger Maximilian empfahlen (Stephan Heuner, Johannes Hinderbach). Zugleich entwickelte sich Wien zum Anziehungspunkt für Diplomaten, Intellektuelle, Künstler und Handwerker aus unterschiedlichen Regionen Europas. © Washington, National Gallery of Art, Samuel H. Kress Collection Tod der Maria, Meister von Heiligenkreuz, um 1420/30, Malerei und Polimentvergoldung auf Tannenholz, 67,5 × 55,3 cm, bemalte Fläche 66,3 × 54 cm, Washington, National Gallery of Art, Samuel H. Kress Collection Die geographische Lage an der Donau und am Kreuzungspunkt wichtiger Handelswege sowie die Sonderrolle als Universitätsort begünstigen die dynamischen Entwick - lungen eines Soziallebens, welches das Pro - fil einer kulturell heterogenen Stadtidentität präsentiert; eine Stadtidentität, die ihrerseits überregional ausstrahlt. Mit der im Wiener Exil lebenden Veroneser Familie della Scala, dem Universitätsgelehrten Galeazzo di Santa Sofia oder dem Sekretär des Fürstbischofs von Freising Nikodemus della Scala und späteren kaiserlichen Sekretär Enea Silvio Piccolomini (Papst Pius II.) ist beispielweise eine Community von Italienern in einflussreichen Positionen belegt. Dieses Netzwerk zeichnete einerseits für den Zuzug oberitalienischer Maler nach Wien (Fresko vom Singertor des Stephansdoms) verantwortlich, andererseits für die Beauftragung von »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Werken für auswärtige Bestimmungsorte bei Künstlern, die in Wien tätig waren, wie z. B. Jakob Kaschauer für den Hochaltar des Freisinger Doms. Politische Unruhen und Kriege (z. B. gegen die Hussiten in Böhmen) führten zu Migrations- und Abwanderungswellen, die Künstler auch nach Wien führten. So sind die böhmischen Buchmaler Nikolaus, Mi - chael und Veit in der ersten Jahrhunderthälfte hier fassbar. Martinus opifex sowie der anonyme Meister des Schottenaltars und Lu - cas Cranach bezeugen wiederum eine kontinuierliche Verbindung zwischen Bayern bzw. Franken und Wien. Aus Frankreich und über den Oberrhein aus den Niederlanden vollzog sich der Transfer westeuropäischer Ästhetik. Der Meister von Heiligenkreuz und Niclas Gerhaert van Leyden fungierten als die prominentesten Direktvermittler; weitere
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